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„Leben mit den Unsterblichen“: Das Sanktuarium Maximilians II. – ein neuer Themenraum im Münchner Residenzmuseum

„GERECHT UND BEHARRLICH“ dröhnt es in stuckierten Großbuchstaben hoch über den Stufen der prächtigen Gelben Treppe am Portal, das Unerschrockene in die einstigen Wohngemächer König Ludwigs I. (reg. 1825-1848) führt. Als Türwächter gewähren die im Jahr 2020 aufwendig rekonstruierten Plastiken eben jener personifizierten Herrschertugenden Einlass, nämlich die baumlangen Damen „Justitia“ und „Perseverantia“. Doch jenseits der so pompös in Architektur übertragenen Regierungsmaxime des gleichermaßen schwerhörigen wie autoritären Bayernherrschers geht es in diesen Tagen deutlich stiller und zurückgenommener zu: In dämmrigem Zwielicht erscheinen kleinformatige Gemälde und Graphiken, eine Art Hausaltar und eine Versammlung bronzener Büsten, die mit metallischem Blick den Eintretenden fixieren. Darüber schwebt an der Wand eine weitere, aber ganz anderslautende Devise: „Erkenne Dich selbst!“

Ein histori(sti)scher Rechtsfall: Das restaurierte „Urteil Salomos“ aus dem Residenzappartement König Ludwigs II.

Rasch zu urteilen fällt uns oft leicht – zunehmend im gegenwärtigen Zeitalter schnell aufkochender medialer Empörung. Dabei ist ein gerechtes, zumindest abgewogenes Urteil zu treffen bekanntermaßen schwer, nicht zuletzt im Kultursektor! So wurde zum Beispiel die künstlerische Produktion, die Bayerns allseits geschätzter „Märchenkönig“ Ludwig II. (reg. 1864-1886) begeistert initiierte, abgesehen von seiner Wagner-Förderung lange Zeit als „monumentaler Kitsch“ kritisiert. Erst seit wenigen Jahrzehnten erfahren seine legendären Schlösser samt Ausstattung ihre ästhetische Rehabilitierung und werden heute als weltkulturerbeverdächtige Exzellenzbeispiele des internationalen Historismus gefeiert. Mit einem charakteristischen Erzeugnis dieser Kunst wollen wir uns in diesem Beitrag beschäftigen.