Ein Gastbeitrag von Benedikt Weigand
Forschungsstelle Deutscher Orden //
2025 jährt sich der Bauernkrieg zum 500. Mal. In Vorbereitung auf dieses Gedenkjahr veranstaltete die Forschungsstelle Deutscher Orden an der Universität Würzburg bereits im vergangenen Juli eine Tagung, die sich der Untersuchung der Auswirkungen des Bauernkrieges auf den Deutschen Orden widmete. Thematisch passend wurde eine Ausstellung gezeigt, die nun als Wanderausstellung das Bauernkriegsjahr begleiten wird. Die Ausstellung kann nun von 1. Oktober bis 17. November 2024 in der Residenz Ellingen besichtigt werden. Warum zeigen wir die Ausstellung genau dort? Ellingen gehörte seit 1216 dem Deutschen Orden und war später Residenz des Landkomturs der Ballei Franken. Sie war die mächtigste Ballei im Deutschen Orden und stellte deshalb ehemals das Zentrum einer weitgespannten Territorial- und Wirtschaftsmacht dar.
Der Bauernkrieg
Der Frühsommer des Jahres 1525, im Süden und Südwesten des Heiligen Römischen Reiches. In einem Sturm entlädt sich die Wut der uffrurigen Baurn. Bunt zusammengewürfelte Heere aus Bauern, Tagelöhnern und Bürgern, häufig geführt durch den gebeutelten Niederadel, plündern und brandschatzen Schlösser und Klöster der weltlichen und geistlichen Fürsten. Auch die Niederlassungen des Deutschen Ordens in den Städten und auf dem Land bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Doch zunächst alles auf Anfang. Was waren die Ursachen dieses Aufruhres? Was war der „Deutsche Orden“? Und inwiefern war er davon betroffen?
Die Ursachen des Bauernkrieges
Nicht erst seit Luthers 95 Thesen wurden Forderungen nach religiösen Reformen laut. Die reformatorischen Ideen finden sich auch zum Teil in den „Artikeln“ der Bauern wieder, die sich als „christliche Gemeinschaft“ verstanden.
Der Buchdruck beschleunigte die Verbreitung der Ideen. Die Prediger der Reformation blieben aber hinsichtlich des Aufstandes geteilter Meinung: Während Luther sich zunehmend von den Bauern distanzierte und den Obrigkeiten die Pflicht nahelegte, gegen die Aufstände vorzugehen, wurde der Mühlhäuser Thomas Müntzer aufgrund seiner Teilnahme an der Schlacht bei Frankenhausen in der Folge öffentlich enthauptet.
Zu den religiösen Forderungen gesellten sich selbstredend auch wirtschaftliche. Die sich verdichtende Verwaltung der entstehenden Territorialstaaten verlangte von den Bauern immer höhere und ausdifferenziertere Abgaben. Es ist kein Zufall, dass sich in den umherziehenden „Haufen“ zahlreiche Tagelöhner und Häcker fanden, die über keinen Besitz verfügten und daher von Missernten besonders betroffen waren. So gab es insgesamt eine Vielzahl an Gründen, weshalb sich Menschen dem Bauernkrieg anschlossen.
Der Deutsche Orden
Doch was hat es mit dem Deutschen Orden auf sich, den die Wut der Bauern 1525 als einen von vielen Grundherren im Süden des Reiches traf? Dieser geistliche Ritterorden geht zurück auf die Zeit der Kreuzzüge. Während des Dritten Kreuzzuges wurde 1190 vor Akkon eine Spitalgemeinschaft zur Versorgung der Kranken gegründet, welches sich bald mit Unterstützung von Kaiser und Papst zu einem Ritterorden entwickelte. Nach Templern und Johannitern entstand so ein dritter großer Kreuzritterorden.
Die Kreuzzugsidee begeisterte Adelige in ganz Europa. Ihre Söhne und teilweise auch ihre Töchter traten in den Deutschen Orden ein und brachten Besitzungen, Herrschaftsrechte und Geld mit. In der Folge konnte der Orden vor allem in Süd- und Mitteleuropa immer öfter Besitz in sogenannten „Kommenden“ zusammenfassen, Niederlassungen in den Städten oder auf dem Land, in denen Ritter- und Priesterbrüder den Besitz verwalteten und den Nachschub ins „Heilige Land“ organisierten [Überblick in unserer hauseigenen Kommendendatenbank]. Ein Jahrhundert nach seiner Gründung wurde der Orden aus dem Nahen Osten vertrieben und konzentrierte sich fortan auf den Kampf gegen die „Heiden“ in Ostmitteleuropa und im Baltikum: In Preußen und Livland entstand ein in der mittelalterlichen Geschichte einzigartiges Herrschaftsgebiet, der sogenannte „Deutschordensstaat“.
Der Deutsche Orden im Bauernkrieg
Die Kommenden des Heiligen Römischen Reiches, meist Burgen, Höfe oder Pfarreien, waren 1525 zum Teil 300 Jahre alt. Die Ordensuntertanen hatten ähnliche Pflichten und Abgaben zu leisten, wie in anderen Herrschaften. Die Kommenden befanden sich oft in herrschaftlich zersplitterten Regionen, auf dem „Flickenteppich“ des Heiligen Römischen Reiches, wo sich der Bauernkrieg besonders entfalten konnte. Ob in Franken oder Thüringen, ob in Tirol oder im Elsass: Die Bauern lehnten sich gegen die Ordensherrschaft auf. Wie überall hatten es die Aufständischen dabei – neben dem Wein – auch auf die Archive abgesehen, denn hier lagerten die Urbare, die ihre Abgabepflichten schriftlich fixierten. Am Ende schlugen die Fürsten den Aufstand nieder, die Anführer wurden teilweise mit drakonischen Strafen belegt.
In der reich bebilderten Ausstellung wird anhand von zeitgenössischen Briefen, Dokumenten und Bildern sowie einer eigens erstellten Karte das Schicksal zahlreicher Kommenden in verschiedenen Regionen nachgezeichnet. Für den Orden war es ein doppeltes Schicksalsjahr: Während im Reich Kirchen und Burgen brannten, verließ der letzte preußische Hochmeister den Orden und verwandelte den Ordensstaat an der Ostsee in ein weltliches Herzogtum unter polnischer Lehenshoheit.
Folgen des Bauernkrieges
Der Orden musste sich nach 1525 immer wieder neu erfinden. Die Ordenszentrale wurde ins fränkische Mergentheim verlegt. Mit der Reformation entwickelte sich die Gemeinschaft zu einem trikonfessionellen Orden, in dem neben Katholiken auch Lutheraner und Calvinisten Aufnahme fanden. Die adelige Herkunft der Ritter wurde schon seit geraumer Zeit wichtiger, an der Spitze des Ordens standen immer häufiger die Habsburger. Der „Heidenkampf“ wurde noch für einige Zeit auf den Balkan im Ringen mit dem Osmanischen Reich ausgelebt. Seelsorge und Krankenpflege – der ursprüngliche Gründungsauftrag von 1190 – rückten wieder verstärkt in den Vordergrund.
Auch die Umwälzungen der napoleonischen Zeit und die Folgen der beiden Weltkriege hatten erhebliche Auswirkungen auf die Ordensgeschichte. Heute ist der Deutsche Orden ein rein geistlicher, katholischer Orden mit Sitz in Wien, der in drei Zweigen Priester, Schwestern und Familiaren unter einem Dach vereint. Daneben existiert in den Niederlanden noch die im 17. Jahrhundert abgespaltete Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht.
Die Wanderausstellung ist vom 1. Oktober bis zum 17. November 2024 in der Residenz Ellingen zu sehen. Danach wird sie im Museum Wolfram von Eschenbach gezeigt. Im April 2025 kann sie im Residenzschloss Mergentheim besichtigt werden.
Der Tagungsband, mit Beiträgen zur Geschichte des Deutschen Ordens im Bauernkrieg in Franken, Thüringen und Tirol sowie zu den Bauernaufständen in Preußen und Masowien und nicht zuletzt zu den Johannitern im Bauernkrieg, soll Ende 2025 erscheinen.