„Abends 5 ½“ datiert König Ludwig I. seine Abdankungsurkunde. Bis zuletzt von ungebrochenem Selbstbewusstsein erfüllt, schreibt der begeisterte Großbauherr und Kunstsammler darin: „… als wenn ich eines Freistaats Beamter gewesen, so gewissenhaft ging ich mit dem Staatsgute, mit den Staatsgeldern um“. Hierüber mögen die Zeitgenossen geteilter Meinung gewesen sein, auch wenn tatsächlich viele der kostspieligen Projekte aus der königlichen Privatschatulle finanziert wurden – aus heutiger Sicht scheinen die Summen für den Bau der Pinakotheken, der Glyptothek, den Ausbau der Residenz usw. allemal gut investiert. Ludwig stürzt auch nicht über einen klammen Staatshaushalt – es ist eine Vielzahl von Einzeleinflüssen die zu dem (letztlich vielleicht sogar übereilten) Schritt der Abdankung führen. Das Jahr 1848 steht im Zeichen der Revolution: In Frankreich stürzt der „Bürgerkönig“ Louis Philippe, die Welle erfasst die deutschen Staaten.
In München ist die Stimmung bereits seit Monaten aufgeheizt: Durch seine Liebesaffäre mit Lola Montez, einer schönen, speziell von den biederen Münchnern aber als überaus dubios empfundenen Tänzerin mit prickelndem Vorleben und ungewisser Herkunft, hat der König bereits für schlechte Stimmung gesorgt, die schrittweise zu einer Verhärtung und Machtprobe zwischen dem autokratisch auftretenden Herrscher und großen Teilen seiner Untertanen führt. Nach der Entlassung von widerspenstigen Ministern, öffentlichen Tumulten und zeitweiliger Schließung der rebellischen Universität müssen Lola und der König nachgeben, die Tänzerin im Februar 1848 heimlich fliehen. Die Demütigungen, so empfindet es der alternde Monarch wohl, erreichen aber noch einen weiteren Höhepunkt, als im März, angefacht vom Vorbild des revolutionären Frankreichs, liberale Verfassungsänderungen von ihm verlangt werden. Am 19.3. verkündet Ludwig seiner engsten Umgebung den gefassten Entschluss, nicht als „Unterschreiber“ auf dem Thron zu verharren, am Folgetag erfolgt die Abdankung.
Im Rückblick macht Ludwig – ewiger Romantiker – natürlich nicht seine Unbeweglichkeit, sondern „das Weib“ und seine Verführungskräfte für sein politisches Ende verantwortlich – Sein Gedicht „An L.“ von 1849 beginnt pathetisch: „Hätt‘ ich doch nie und nimmer Dich gesehen!/ Für die gegeben ich mein letztes Blut…“ und endet ziemlich griesgrämig: „Vorüber ist, was ich gefühlt, empfunden/ Doch um die Krone bleibe ich gebracht“.
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