Geheimnisse

Friederike Caroline – Plädoyer für ein Mauerblümchen

Friederike Caroline von Ansbach

// Von Alexander Just und Birgit Klopfer //

Schillernd, geistreich, extravagant. Auf eine Persönlichkeit der Ansbacher Markgrafenzeit trifft all das allem Anschein nach überhaupt nicht zu: die letzte Markgräfin Friederike Caroline. Und doch ist auch sie es wert, mit einem eigenen Blogbeitrag gewürdigt zu werden, zumal von ihren letzten Lebenswochen ein interessantes, aber höchst trauriges Originaldokument vorliegt.

Auch Friederike Caroline, die auf allen Porträts eher reiz- und alterslos dem Betrachter entgegenblickt, muss ja eine Kindheit und Jugend gehabt haben. Immerhin scheinen es damals ein paar glückliche Jahre mit ihren Eltern und ihren fünf Geschwistern gewesen zu sein, was sich daraus erkennen lässt, dass sie auch später immer wieder ins heimatliche Coburg gereist ist und ihre Geschwister bis zuletzt eine große Rolle für sie gespielt haben.

Die politischen Schachzüge, die zur Heirat mit dem Ansbacher Erbprinzen Christian Friedrich Carl Alexander geführt haben, wird sie möglicherweise selbst nicht recht durchschaut haben. Die Ansbacher Politik war damals sehr von Geldnot und Opportunismus geprägt. Allgemein gilt die arrangierte Ehe als Loyalitätsbeweis in Richtung Kaiserhaus und somit auch als eine Abkehr von der eigenen preußischen Verwandtschaft. Kaiserin Maria Theresia hatte als unumkehrbaren Beweis für die kaisertreue Gesinnung des Ansbacher Markgrafen angedeutet, sie würde den Erbprinzen gern „vermählet“ sehen, „aber ja mit was guthes.“ Die zukünftige Ehefrau hatte also aus einem kaisertreuen Haus zu stammen, musste nach Möglichkeit protestantisch und am besten zwischen 15 und 22 Jahre alt sein. Allzu viele potenzielle Kandidatinnen blieben bei diesen Ausschlusskriterien nicht übrig und auf den Willen der Beteiligten wurde traditionell wenig Wert gelegt. Ein Emanzipationsversuch des 18-jährigen Erbprinzen, der diese wenig attraktive junge Frau, die noch nicht einmal ordentlich französisch sprechen konnte, partout nicht haben wollte, wurde vom herrischen und jähzornigen Vater abgeschmettert.

Der Ansbacher Erbprinz wurde damals tatsächlich als der „schönste Prinz Deutschlands“ bezeichnet. (Ein Zitat, das bei Schlossführungen regelmäßig ein entsetzt geflüstertes „…und wie sahen dann erst die anderen aus…?“ hervorruft.) Insofern hatte er sich wohl auch durchaus Hoffnung auf eine ansehnlichere Braut aus königlichem Hause gemacht.

Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth

Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth, gemalt von Georg Anton Abraham Urlaub, 1772, Residenz Ansbach, Dauerleihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen © BSV.

All das war für die Zeit des 18. Jahrhunderts absolut typisch. Gute Voraussetzungen für eine glückliche Ehe sehen aber anders aus.

Ein Jahr nach der Hochzeit in Coburg gab es trotz alldem ein bisschen Hoffnung, dass sich alles noch zum Guten wenden könnte. Friederike Caroline war schwanger! Diese Meldung verbreitete man stolz und um den Jahreswechsel wurde die Niederkunft erwartet. Dummerweise war sie im Februar immer noch schwanger. Und auch im März. Und im April. Was heute ein interessanter Fall für Mediziner und Psychologen wäre, war damals für das Ansbacher Markgrafenhaus vor allem eines: äußerst peinlich. Das Thema Schwangerschaft wurde dann wohl totgeschwiegen; die Ehe blieb kinderlos. Viel später bei der Obduktion stellte es sich heraus, dass Friederike Caroline ohnehin gebärunfähig war und somit ganz gut zu ihrem Gemahl gepasst hat, der wahrscheinlich wegen einer frühen Syphilis-Erkrankung zeugungsunfähig war.

Man arrangierte sich. Friederike Caroline – seit dem Tod ihres Schwiegervaters 1757 nun auch Markgräfin und sozusagen First Lady – wird als „still, häuslich und sanft“ beschrieben. Ihre Zeit verbrachte sie mit Handarbeiten („Filetstickerei“) und der Lektüre frommer Bücher, deren Titel bei uns heute ein leises Gähnen auslösen. (Brockes Irdisches Vergnügen in Gott, Creutzbergs Gottseelige Betrachtungen).

filetstickerei skd beispiel

Beispiel für eine Filetstickerei, Europa, 2. Hälfte 17. Jh., Kunstgewerbemuseum, SKD. Inventarnr. 136.

Sinold von Schütz Philipp Balthasar Amadei Creutzbergs Gottseelige Betrachtungen

Sinold von Schütz, Philipp Balthasar: Amadei Creutzbergs Gottseelige Betrachtungen auf alle Tage des ganzen Jahres, worinnen sich eine glaubige und andächtige Seele über einen auserlesenen Spruch der heiligen Schrift, vermittelst einer deutlichen Erklärung, geistreichen Seufzers und innbrüstigen Reim-Gebetes, ermuntert, erbauet, erquicket und tröstet: Mit Kupfern gezieret und einem dreyfachen Register versehen. Nürnberg, 1755.

Von Emanzipation oder gar Auflehnung gegen dieses triste Leben keine Spur. Im Gegenteil soll sie laut ihrem Leibarzt bis zuletzt noch strengen Wert auf die höfische Etikette gelegt haben.

Die Beziehungen ihres Mannes mit faszinierenden Frauen aus Frankreich und England sollen hier nur am Rande erwähnt werden. Man braucht aber nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass auch diese Affären nicht unbedingt zu ihrem seelischen Wohlbefinden beigetragen haben werden.

So vergingen die Jahre. Der Zustand der ohnehin stets blassen, kränklichen Markgräfin wurde immer schlechter. Aus den letzten Monaten ihres Lebens besitzen wir den sachlichen, detaillierten Bericht des Leibarztes Johann David Schoepf, der sich in der letzten Phase ihres Lebens um sie kümmerte. Ganz im Gegensatz übrigens zu ihrem Mann Alexander, der es dann später noch nicht einmal für nötig erachtete, bei ihrem Begräbnis dabei zu sein….

Schoepf beginnt seinen Bericht am 30. Mai 1790, nachdem die Markgräfin schon seit einigen Wochen über „Unordnungen in ihrer Gesundheit“ klagt. Die letzten gut acht Monate ihres Lebens sind geprägt von Magenkrämpfen, später von geschwollenen Füßen, Geschwülsten und Atemnot. Von der Beschaffenheit ihrer „Entleerungen und Auswürfe“ soll hier nicht die Rede sein. Nicht minder interessant und mit gutem Gewissen zu veröffentlichen sind allerdings die Arzneien und Behandlungen, die Schoepf bis ins Detail beschreibt. „Ich gab vorläufig (…) Cremor Tartari mit Zucker und einigen Gran Zimmtpulver, Clysmata von Kamillen-Absud mit Seife…“. Die Behandlungen scheinen teils sehr kreativ, gegen Ende kommt auch ein Halsumschlag aus Sauerteig und Meerrettich zum Einsatz. Schoepf macht früh schon keinen Hehl daraus, dass er nicht viel Hoffnung auf Gesundung hat. Zur Verwendung kommen nicht nur milde Hausmittel. Immer wieder wird auch Opium verabreicht, das zumindest zeitweise die Schmerzen erträglicher macht. Zu allem Überfluss kommt auch noch ein bei den Coburgern verbreitetes „Familienerbstück“ dazu, nämlich der sogenannte Rotlauf (Wundrose). Eine kurzfristige Verbesserung ihrer Laune bringt die Hoffnung auf den Besuch ihres geliebten Bruders Prinz Friedrich von Coburg, der wohl schon zum Abschiedsbesuch anreist. „Seine Gegenwart schien der Markgräfin neue Kräfte zu geben“. Zwei Wochen später, am 18. Februar 1791 scheint sie sich „schnell und unwiderruflich der Auflösung zu nähern“. Nachmittags um Viertel nach vier „erfolgte der letzte Hauch“.

Ihr Mann hat wohl keine große Trauer über den Verlust seiner Ehefrau verspürt, zumal zeitgleich auch der Mann seiner Geliebten in England im Sterben lag…

Die Obduktion fand am 20. Februar statt. Es wäre wenig pietätvoll, die Details der Leichenöffnung für einen Beitrag zum Schlösserblog gleichsam „auszuschlachten“. Als Todesursache können wohl Darmblutungen angenommen werden, die immer wieder mit großen Schmerzen verbunden waren. Das oft wiederholte Bild der „kränklichen“ (d. h. hypochondrischen) Markgräfin muss wohl hinterfragt werden: Sie war nicht „kränklich“, sie war krank!

Friederike Caroline hat keine geistreichen Briefe und Memoiren verfasst.
Sie hat keine Sonaten und Bühnenstücke hinterlassen.
Von ihr stammen keine englischen, spanischen oder französischen Könige ab.

Wir stellen zum Schluss dieses Beitrags die Frage: Sind es nur die intelligenten, starken, schönen, politisch geschickten oder extravaganten Frauengestalten, die es wert sind, dass man sich an sie erinnert?

 


Wer Friederike Caroline näherkommen will, kann ihren Sarg in der Gruft unter der Gumbertuskirche in Ansbach besichtigen. Etwas weniger düster geht es in den Prunkräumen der Residenz zu. Die meisten der Räume sind seit ihrer Zeit kaum verändert worden und stehen hoffentlich ab Sommer 2021 wieder zur Besichtigung zur Verfügung.

 

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