Heute begrüßen wir mal wieder Gäste im Residenz-Blog – hocharistokratisch und vornehm bleibt es aber selbstredend! Besuch bei uns machen nämlich die Zollern aus der fränkischen Cadolzburg bei Nürnberg, einer der mächtigsten Burganlagen Bayerns. Dort wartet die Schlösserverwaltung ab 23. Juni 2017 mit der neuen Dauerausstellung »HerrschaftsZeiten! Erlebnis Cadolzburg“ auf und lädt auf rund 1500 m² Ausstellungsfläche zur Zeitreise ins Mittelalter ein. Auf vier Etagen des Alten Schlosses und in der gesamten Kernburg werden die Besucher dann anhand von originalen Objekten, aufwändigen Reproduktionen, Inszenierungen und Medienstationen verschiedene Facetten des Lebens auf einer Herrschaftsburg kennenlernen können.
Einen kurzen Einblick gibt heute schon unsere Kollegin Angelika Merk, die an der derzeit auf Hochtouren laufenden Einrichtung des neuen Museums mitarbeitet. Die Cadolzburg wird also eine echte Museumsperle, die wir auch der aktuellen Blogparade #perlenfischen, die der Infopoint Museen & Schlösser in Bayern derzeit veranstaltet, nicht vorenthalten wollen!
Ein Museum ohne Gästebuch? Heutzutage fast undenkbar. Zumal es nahezu allen Besuchern Freude macht, die Einträge ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger durchzublättern. Deswegen soll natürlich auch die Cadolzburg ein Gästebuch bekommen. Natürlich nicht irgendein Gästebuch! Sondern eines, das auch zur Ausstellung passt, die an vielen Stellen – nicht nur medial – neue Wege beschreitet.
Schon in den ersten Zeiten der Cadolzburg als landesherrliche Residenz der Zollern in Franken beehrte so mancher hochstehende Gast die Burg vor den Mauern Nürnbergs. Angesehene Persönlichkeiten, Könige und Kaiser kamen bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hierher. Unter Friedrich I. (†1440) und Albrecht Achilles (†1486) – den beiden Hauptprotagonisten der Ausstellung – war es da natürlich nicht anders.
In historischen Quellen findet man so manche berühmte Persönlichkeit des ausgehenden Mittelalters zu Gast auf der Cadolzburg – quasi so etwas wie die „high society“ ihrer Zeit. So besuchte etwa der spätere Kaiser Sigismund, der durch seine Rolle im Konstanzer Konzils zweifelhafte Berühmtheit erlangen sollte gleich zweimal die Cadolzburg (1414 und 1430). Auch Kaiser Friedrich III. schien es bei seinem ersten Aufenthalt gut gefallen zu haben, weshalb er einige Jahre später (1489) nochmal vorbeikam, der „kurtzweyl“ wegen. An Freizeitangeboten für die hohen Gäste hat es hier wohl nicht gemangelt. Besonders die Jagd war ein beliebtes Hobby des Adels, wofür die reichen Wildbestände in den „ewigen“ Jagdgründen rund um Cadolzburg reichlich Gelegenheit boten. Gleich mehrere Male war deshalb Graf Ulrich von Württemberg zu Gast. Graf Ulrich und Albrecht Achilles waren Verbündete in mehreren kriegerischen Konflikten und verstanden sich auch auf privater Ebene prächtig, wie die überlieferte Korrespondenz belegt, in denen sich beide intensiv über ihre Jagdleidenschaft austauschten. Noch im 16. Jahrhundert ist Kaiser Karl V. aus dem Haus Habsburg als Besucher belegt, obwohl zu jener Zeit bereits Ansbach die Cadolzburg als Herrschaftssitz der Markgrafen ersetzt hatte.
Kaiser Sigismund und die Jagd nach einem Autogramm
Wie die modernen Museumsbesucher sollten auch die historischen Besucher mit ihrem Konterfei und einem persönlichen Vermerk ― ihrem Autogramm ― im digitalen Gästebuch erscheinen. Doch das gestaltete sich gar nicht mal so leicht! Um die Unterschriften zu finden waren zum Teil recht aufwendige Recherchen nötig: angefangen von online einsehbaren Objektdatenbanken von Museen und speziellen Plattformen für Urkundenbestände aus diversen Archiven (das war der einfache Teil), bis hin zur Recherche von Originalen in den Archiven selbst (hier sind schon fortgeschrittene Recherchekompetenzen notwendig).
Dabei kristallisierte sich ein Problemfall heraus: Kaiser Sigismund, von dem kein Autogramm gefunden werden konnte. Wie sich zeigte war selbst ausgewiesenen Sigismund-Spezialisten die eigenhändige Unterschrift des Herrschers unbekannt.
Im Unterschied zu seinem Vater Kaiser Karl IV. hat Sigismund die Urkunden quasi nie persönlich unterzeichnet, sondern dies seinen Kanzleimitarbeitern überlassen. Siegel und Unterschrift gehören zwar zu den üblichen Beglaubigungsmitteln einer mittelalterlichen Urkunde, die Unterschrift musste jedoch nicht zwingend eigenhändig ausgeführt werden. Bekanntes Beispiel ist etwa der sogenannte Vollziehungsstrich von Karl dem Großen in seinem Herrschermonogramm mit dem Karl – der selbst nicht schreiben konnte ― die Rechtsgültigkeit bekräftigte. Eine andere Variante ist das sogenannte Rekognitionszeichen eines Kanzleimitarbeiters, eine Art stellvertretende Beglaubigung der kaiserlichen Kanzlei.
Über verschlungene Wege kam der Kontakt zum britischen Historiker Duncan Hardy zustande der auf diesem Gebiet forscht. Wie sich herausstellte, hat Herr Hardy im Jahr 2015 in einem französischen Archiv eine einmalige Entdeckung gemacht: eine bis dato unberücksichtigte Urkunde, die die eigenhändige Signatur des Kaisers trägt.
Ein wenig ungelenk ist das Wort „sigismundus“ am Ende des Urkundentextes zu lesen.
Nur sehr wenige Menschen haben dieses Autogramm bisher gesehen – ein echtes Schmankerl der Geschichte, das bald von vielen Besuchern der Cadolzburg entdeckt werden kann. Die Besucher werden sich dann – sozusagen ganz demokratisch – in eine Reihe mit der „high society“ von einst eintragen können.
Dieser Beitrag wurde verfasst von:
Angelika Merk, wissenschaftliche Volontärin