Hinter den Kulissen

Das Fotoarchiv als Speicher unseres kulturellen Gedächtnisses

Impressionen aus dem Fotoarchiv

Wenn ich erzähle, dass ich in einem Fotoarchiv arbeite, dann ist die Reaktion meines Gegenübers meist etwas verhalten – „ah, ja … das ist bestimmt interessant.“ Wer an ein Archiv denkt, sieht vermutlich vor seinem inneren Auge einen dunklen Raum, drehbare Regale, Schubladen mit Kartons und Kuverts und Menschen mit weißen Handschuhen, die vorsichtig in irgendetwas blättern.

Aber was verbirgt sich dahinter? Was ist der Schatz, der hier verwahrt wird und wie gestaltet sich die Arbeit, die dahinter steckt?

Zunächst einmal konkret zu unserem Fotoarchiv:
Seine Entstehung ist eng verwoben mit der Geschichte der Schlösserverwaltung. Bereits unter Graf Montgelas wurden die Schlösser und Residenzen in der Konstitution von 1808 zum unveräußerlichen Staatsgut erklärt und in die sogenannte „Zivilliste“ aufgenommen. Nach dem Ende der Monarchie in Bayern am 8. November 1918 wurde die ehemalige Zivilliste in Staatseigentum überführt und einer eigenen Fachverwaltung anvertraut. Aus der damaligen „Verwaltung des ehemaligen Kronguts“ ist unsere heutige Schlösserverwaltung hervorgegangen. Diese wurde in verschiedene Fachbereiche gegliedert, darunter auch die Bereiche Bau- und Museumswesen. In diese Zeit fiel auch die Geburtsstunde unseres Archivs. Damals angefertigte fotografische Aufnahmen können als Dokumentation der Objekte und deren Zustände verstanden werden.

Die alte Silberkammer in der Residenz München mit dem Tegelgeschirr, Zustand 1926

Den Grundstock unseres heutigen Archivs bilden folglich Arbeitsfotos der einzelnen Abteilungen, wie der Museums- oder Bauabteilung und Fotos, die für Publikationen genutzt wurden. Der Wert dieser Aufnahmen ist nicht zu unterschätzen. Sie geben teilweise nicht mehr existierende Zustände wieder und sind deshalb von großer historischer Bedeutung.

Das Charlottenzimmer im Vorkriegszustand und heute

Die Aufnahmen dienen als Arbeitsgrundlage für wissenschaftliche Forschungen und sind eine wichtige Quelle für Rekonstruktionen, beispielsweise in der Restaurierung. Dabei sind sie mehr als reine Arbeitsmaterialien. Sie sind als gefährdetes Kulturgut zu sehen, das es zu bewahren gilt.

Das Fotoarchiv in Zeiten digitaler Medien

Heutzutage haben wir die Möglichkeit, gefährdetes Material zu digitalisieren und somit zu sichern. So wurde zum Beispiel vor ein paar Jahren ein Konvolut von Nitrozellulose-Negativen von einer Spezialfirma gescannt, da das Risiko bestand, dass sich die Originale im Laufe der Zeit chemisch verändern und im schlimmsten Fall sogar entzünden.

Das Alte Schloss Schleißheim mit der zerstörten Ostfassade

Während unser früher Bestand hauptsächlich aus Glasplatten, Negativen und Schwarz-Weiß-Abzügen besteht, hielt in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts das farbige Großdiapositiva (Ektachrome) Einzug in unser Archiv. 1994 wurde das Fotoarchiv von der Museumsabteilung in die damals neu geschaffene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit verlagert. Letztendlich hat auch die digitale Revolution vor unserem Archiv nicht halt gemacht. Seit 2006 werden Neuaufnahmen digital angefertigt und auch der analoge Bestand wird im Zuge von Publikationen und Anfragen sukzessive digitalisiert.

Trotz des Hypes um die Macht der Bilder und die Flut an Bildern in den Neuen Medien darf man nicht vergessen, dass es auf historischer Ebene auch um deren Erhaltung und Bewahrung geht. Die Aufgabe eines Archivs ist es, den Überblick zu bewahren, den historischen Kontext zu erfassen und recherchierbar zu machen.

Fotos als Träger kulturellen Gedächtnisses

Wenn eine Kulturwissenschaftlerin wie Aleida Assmann von Fotos als „Träger kulturellen Gedächtnisses“ spricht, stellt sich die Frage, was das für unsere tägliche Arbeit bedeutet. Wir sorgen dafür, dass auf diese Fotos zurückgegriffen werden kann. Sie werden nicht einfach analog verstaut oder digital gespeichert, sondern in einer Datenbank erfasst. Informationen wie Objektbeschreibung, Inventarnummer, Aufnahmedatum und Copyright sind dadurch direkt abrufbar. Hierzu braucht es fachliche Kompetenz, Sachkenntnis im Umgang mit Verwahrungsmethoden und Flexibilität, was die Entwicklung neuer Methoden betrifft: So müssen wir uns beispielsweise der Frage der digitalen Langzeitarchivierung stellen und auch rechtliche Fragen rücken vermehrt in den Vordergrund.

Auch wenn es nicht so offensichtlich erscheint: Archivarbeit ist ein Bereich, der sich immer im Wandel befindet. Die Vergangenheit kann man nur bewahren, wenn man mit der Zeit geht.

 

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