In Bayreuth entsteht derzeit ein neues Museum! Im Redoutenhaus des Markgräflichen Opernhauses Bayreuth könnt ihr im „Opernhausmuseum“ bald Wissenswertes über die Bayreuther Theatergeschichte sowie die Auftraggeberin und die Architekten des Bauwerks erfahren. Um eure Vorfreude auf das neue Museum zu wecken, erzählen wir euch in den kommenden Monaten zahlreiche spannende Hintergrundgeschichten rund um das Opernhaus sowie das benachbarte Redoutenhaus. Kommt gerne mit und begleitet uns auf dem Countdown zum neuen Museum.
Von Christa Röthle und Patrick Tetzlaff //
Seit 2018 entsteht im Redoutenhaus Bayreuth ein neues Museum zum UNESCO-Weltkulturerbe Markgräfliches Opernhaus. Der Museumseröffnung voraus geht eine umfassende Sanierung und Gebäudeertüchtigung. Das Redoutenhaus entstand als Vorgänger des Markgräflichen Opernhauses unter Markgraf Georg Wilhelm im Jahr 1714. Unter dem Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine wurde es ab 1740 grundlegend umgebaut und erhielt seine heutige äußere Gestalt (siehe Blogbeitrag zur Geschichte des Redoutenhauses). In der Folgezeit wurde das Gebäude mehrfach stark verändert, zuletzt in den 1960er-Jahren bis auf die Außenmauern entkernt, wobei sämtliche historische Innenräume verloren gingen.
Die Idee der jüngsten Baumaßnahme war, dem bereits stark überformten Gebäude einige Eigenschaften des barocken Opernhauses neu anzueignen und so dessen architektonisches Thema und die Zeit seines Entstehens in dem ihm gewidmeten Museum anklingen zu lassen. Dabei werden einige simple Prinzipien des barocken Opernhauses aufgegriffen, in der Struktur übernommen, in der Raumidee und im Aussehen aber zeitgenössisch interpretiert.
Dazu gehören:
- Proportion und Symmetrie im Sinne schöner Maßverhältnisse, wie zum Beispiel die bereits von Außen wahrnehmbare Mittelachse durch das Gebäude.
- Eine neu geschaffene, großformatige Öffnung zum Innenhof, welche die historische Wagendurchfahrt aufgreift und die rückseitige Fassade auf ihre ursprüngliche Proportion zurückführt. Mittels einer überdimensionalen, einteiligen Verglasung von 6,5 Metern Breite und 3,5 Metern Höhe wird so das Gebäudeensemble Redoutenhaus, Synagoge und Markgräfliches Opernhaus im Sinne historischer Bezüge neu kontextualisiert. Zentrales Bindeglied wird der neu gestaltete Innenhof.
- Im Gebäude selbstverständliche Orientierungsmöglichkeiten in der Horizontalen und Vertikalen mit Blickbeziehungen und großzügigen Raumzuschnitten.
- Hochwertige Materialien interpretieren die baulichen und inhaltlichen Zeugnisse beider Gebäude und lassen Innen- und Außenraum miteinander verschmelzen.
In direkter Nachbarschaft zum Markgräflichen Opernhaus gelegen, wurde die Fassade in ihrem überkommenden Erscheinungsbild erhalten, an notwenigen Stellen konstruktiv ertüchtigt und durch punktuelle Retusche auf ihre natürliche Farbgebung zurückgeführt. Gezielte moderne Setzungen in der Fassade – wie der aus massiven Messingtafeln gefertigte Windfang, eingeschoben in das historische Portal – folgen dem Grundsatz, originale Substanz maximal zu erhalten und Verlorenes zeitgemäß zu interpretieren. So spiegeln etwa die neuen Fensteranlagen aus Eichenholz die moderne Nutzung des Innenraums nach außen und lassen die Veränderungen an der baulichen Substanz auch stadträumlich erkennbar werden.
Die bereits in der Fassade vorgegebene Struktur wird im Innenraum neu geordnet und stellt, wie beim benachbarten Opernhaus Kongruenz zwischen Außen und Innen her. Außen Stein – innen Holz, diese Vorlage des Opernhauses übernimmt das Museumsgebäude ebenso wie den Mut zur Interpretation barocker Opulenz und Dekoration. Betritt man das Erdgeschoß über den barrierefreien Haupteingang von der Opernstraße, erwarten die Museumsgäste Motive barocker Bühnenvorhänge in den goldenen Wandbekleidungen. Etwa 200 Quadratmeter zweilagig verarbeitetes Messingstreckmetall greift Motive des 18. Jahrhunderts auf, transformiert diese ins Jetzt und bildet den Rahmen für einen Ort der Begegnung und der Wissensvermittlung.
Im Zentrum des Eingangsbereichs greift der ca. 5,5 mal 8 Meter messende und 7 Meter hohe zweigeschossige Luftraum die Proportionsverhältnisse des Zuschauerraums im Welterbe wieder auf. Bekleidet mit rund 1.0000 qm Furnier-Vertäfelungen aus dunkler Räuchereiche öffnet sich die Eingangshalle nach oben und gibt bereits hier durch zwei riesige Glasscheiben Blicke auf den Inhalt der Ausstellungsgeschoße frei. Die einteiligen, über zwei 7 mal 3,5 Meter messenden Scheiben schaffen so eine Verbindung zwischen den beiden Obergeschossen und dem Entrée. Rechts und links vom Luftraum befinden sich Museumsshop und Aufenthaltsbereiche, im Untergeschoss Garderoben und WC-Anlagen – selbsterklärende Funktionsverteilungen. Ein neu geschaffener Durchgang verbindet Markgräfliches Opernhaus und Museumsgebäude miteinander und ermöglicht den Gästen das Erleben beider Gebäude in einem einheitlichen Rundgang.
Die Raumschale der Obergeschosse verzichtet bewusst auf kleinteilige Strukturen und bietet so der eingestellten Museums-Innenarchitektur flexible Möglichkeiten. Als Black-Box konzipiert, wird die ursprüngliche Gliederung des barocken Gebäudes ins Jetzt transportiert, die stadträumliche Struktur bleibt innenräumlich erkennbar. Dabei spielt die sorgfältige handwerkliche Verarbeitung der Materialien eine zentrale Rolle. Perfekte Putzoberflächen, präzise Raumkanten, auf ein technisch notwendiges Minimum reduzierte Störungen der Raumschale lassen den Raum zum dienenden Element der Ausstellung werden, ohne sich durch Nachahmung in Konkurrenz zu begeben. Zeitgenössisch reduziert bildet er den Rahmen für die bestaunenswerten Zeugnisse zur Baugeschichte des Markgräflichen Opernhauses, der barocken Theaterwelt und ihrer Protagonisten.
Die größten Herausforderungen im Bau lagen in der konstruktiven Ertüchtigung der tragenden inneren Raumstruktur. Auflagen des baulichen Brandschutzes machten eine weitgehende Entkernung und damit eine Rückführung der in den 1960er Jahren hinzugefügten ahistorischen Einbauten notwendig. Insgesamt 21 Zwischenbauzustände unter Erhalt des Dachstuhls waren nötig, um das Gebäude nachhaltig einer musealen Nutzung zuzuführen.
Im Ergebnis entsteht eine architektonische Komposition, die sowohl bautechnisch als auch gestalterisch wie didaktisch den Habitus unserer Zeit spiegelt und der UNESCO-Welterbestätte einen würdigen Rahmen gibt.