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Ein Appartement für den Fürstbischof

Residenz Bamberg Audienzzimmer (Foto FM)

Im Jahr 2012, also vor acht Jahren, begann die größte Instandsetzungsmaßnahme an der Neuen Residenz Bamberg seit den Zeiten des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn, die neben einer vollständigen Dach- und Fassadensanierung auch die grundlegende Restaurierung des größten Prunkappartements, des sog. Fürstbischöflichen Appartements, umfasste. Am 1. Oktober 2020, also gut acht Jahre später, wurde die sanierte Residenz der Öffentlichkeit präsentiert.

Dass sich das Fürstbischöfliche Appartement nun wieder so frisch zeigt, wie wohl seit Zeiten des Fürstbischofs und Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn (reg. 1693-1729) nicht mehr, mag eine Binsenweisheit sein – ganz aus der Luft gegriffen ist diese Behauptung jedoch nicht. Nachdem die Neue Residenz im Zweiten Weltkrieg unversehrt geblieben war, standen für die Bayerische Schlösserverwaltung mit ihren großen kriegszerstörten Residenzen in Aschaffenburg, München und Würzburg andere Arbeiten im Fokus als die Generalsanierung des Herrschaftskomplexes der Bamberger Fürstbischöfe.

Dies war für die Bamberger Residenz Wohl und Wehe zugleich: Wehe, weil mit der Zeit gravierende Schäden an Dächern und Fassaden sowie ein mehr oder weniger deutlich sichtbarer Restaurierungsstau in den Prunkräumen auftraten. Wohl, weil die punktuellen Ausbesserungsarbeiten der vorangegangenen Jahrhunderte wenig in die grundlegende Substanz der Residenz eingegriffen haben – und die heutige Maßnahme so an vielen Stellen mit den originalen Oberflächen des 18. und 19. Jahrhunderts arbeiten konnte, die anderenorts oftmals verloren gegangen sind.

Das Fürstbischöfliche Appartement historisch

Residenz Bamberg Weißer Saal

Der Weiße Saal.

Die Raumfolge im ersten Obergeschoss der Residenz wurde ab 1703 unmittelbar nach der Vollendung der beiden barocken Fassadentrakte als endgültige Wohnung des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn ausgestattet. Auch den späteren Bamberger Fürstbischöfen diente dieses Appartement bis zur Säkularisierung als Wohnung. Dies erklärt einige Veränderungen der ursprünglich spätbarocken Raumfolge unter Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn und vor allem unter Adam Friedrich von Seinsheim im Zeichen des frühen Klassizismus.

Nach der Säkularisierung nutzten die Wittelsbacher die Neue Residenz – so auch das Fürstbischöfliche Appartement, das unter anderem von Königin Amalie von Griechenland bewohnt wurde, die mit ihrem Gemahl König Otto nach der Flucht aus Griechenland die Neue Residenz als exilierten Königshof bezogen hatte.

Residenz Bamberg Ankleidezimmer Amalie

Ankleidezimmer von Königin Amalie.

Nicht zuletzt aufgrund der durchgehenden Wohnnutzung treten im Fürstbischöflichen Appartement heute Dekorationen verschiedener Stilstufen zu einem kontrastreichen Ensemble zusammen, das die ganze stilistische Spannweite des 18. und 19. Jahrhunderts durchmisst.

Die Grundlagen der Neumöblierung

Eingedenk des hervorragenden Bestands an originalem Mobiliar und Kunstgut stellte sich die Frage, in welchem Zustand sich das Appartement nach der Restaurierung zeigen sollte. Barock wie unter Lothar Franz von Schönborn? Mit einer klassizistischen Ausstattung wie es das Übergabeinventar an das bayerische Kurfürstentum 1802 dokumentiert?

Ehrlich gesagt, haben wir uns für „weder, noch“ bzw. sogar eher für „sowohl, als auch“ entschieden. Die Neumöblierung sollte nicht den Fehler machen, die Möblierung durch den damals zuständigen Museumsreferenten Heinrich Kreisel um 1930 zu wiederholen. Obwohl diese museale Erstausstattung der Prunkappartements ohne Zweifel ihre Verdienste hat, herrschen heute andere wissenschaftliche Standards für Neueinrichtungen. Kreisel, ein ausgewiesener Kenner des Bamberger Bestands, hatte für das – bis heute unrestaurierte – Kurfürstliche Appartement eine barocke, für das Kaiserappartement eine hochrangige, vor allem französisch geprägte Einrichtung und für das Fürstbischöfliche Appartement eine Mischpräsentation aus dem überkommenen Bestand vorgesehen. Ästhetisch ging dieses Konzept natürlich nicht zuletzt aufgrund der Kennerschaft des Kurators durchaus auf. Historisch überfrachtete er das Kurfürstliche Appartement im Spätrenaissancealtbau, das Lothar Franz nur bis zur Einrichtung des Fürstbischöflichen Appartements im Neubau benutzt hatte und das später als Gästewohnung diente, mit einer Bedeutung, die es so nie besessen haben dürfte.

Generell zeigen die erhaltenen Inventare für alle Prunkappartements ohnehin: Die Ausstattung änderte sich rasant je nach dem Geschmack der Bewohner. Dies macht die Festlegung auf einen idealen Zeitschnitt der Ausstattung nahezu unmöglich.

Als vor mehr als 10 Jahren das Kaiserappartement restauriert und neu eingerichtet wurde, machten die Kuratoren deswegen aus gutem Grund Fotografien der Zeit um 1900, die direkt nach der letzten Wohnnutzung der Residenz angefertigt worden waren, zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen.  Spätestens mit dieser Einrichtung wurde also auch der ästhetische Dreiklang Kreisels obsolet.

residenz bamberg Gelber Salon damals

Der Gelbe Salon damals.

residenz bamberg Gelber Salon heute

Der Gelbe Salon heute.

Die Fotografien dokumentieren den Zustand nach dem Auszug des Erbprinzenpaars Rupprecht und Marie Gabriele im Jahr 1902. Für das Erbprinzenpaar wurden – unter weitgehender Verwendung des älteren Bamberger Bestands – zahlreiche Räume in einen gleichsam wohnlichen Zustand versetzt. Die Atmosphäre dieser Möblierung lässt sich heute im Kaiserappartement sozusagen im „Relive“ hervorragend erleben.

Umso mehr erschien es angebracht, dieses Konzept im wichtigsten der drei heute noch zu sehenden Prunkappartements – ein viertes dient der Staatsbibliothek seit ihrem Einzug in den 1960er Jahren als Sonderausstellungsfläche – leicht zu modifizieren, um hier nicht zuletzt auch mehrere, verschiedene historische Interpretationsansätze miteinander zu vereinen und gleichsam eine Alternative zum stringenten Konzept des Kaiserappartements anzubieten.

Die Bamberger Sammlung stand selbstverständlich als Objektgrundlage im Vordergrund aller Überlegungen. Die Besucherinnen und Besucher sollten möglichst viele originale Objekte in ihrem einstigen Funktionszusammenhang erleben können. Darüber hinaus dienten die Inventare und zeremoniellen Zusammenhänge, dort wo sie nach wie vor an der Raumaufteilung abzulesen sind, als Anhaltspunkte für die Möblierung. Auch die Fotografien um 1900 bilden weiterhin eine unverzichtbare Quelle für die Einrichtung – nur sind sie nun einer von mehreren Anhaltspunkten für das Konzept.

Neue und alte Highlights im Fürstbischöflichen Appartement

Zumindest kurz sollen an dieser Stelle einige ausgewählte Highlights aus der Einrichtung des Appartements erwähnt werden, auch wenn es bei dieser Fülle, die von den textilen Fensterdekorationen über französische Lüster des 18. Jahrhunderts bis hin zu klassizistischen Prunkuhren reicht, zugegebenermaßen schwerfällt, einzelne Objekte hervorzuheben.

residenz bamberg Intarsienfußboden (Foto FM)

Ein Highlight: Die kostbaren Intarsienböden. Foto: StMFH.

Eines der besonderen Highlights der Residenz sind ohne Zweifel die Fußböden. Nun sind auch im Fürstbischöflichen Appartement die kostbaren Intarsienfußböden aus der Erbauungszeit um 1700 nach der Restaurierung wieder neu und gereinigt erlebbar.

residenz bamberg Chinesisches Kabinett

Das Chinesische Kabinett.

Sie dürfen als einer der Höhepunkte des fränkischen Kunstschreinerhandwerks angesprochen werden und zieren unter dem auch das Chinesische Kabinett. Jenes Kabinett ist eines der besterhaltenen Raumkunstwerke des Spätbarock in Europa. Die Ausstattung mit einer fein gearbeiteten Holzvertäfelung, Lackmalereien und über 60 chinoisen Keramiken, vor allem Delfter Fayencen, gibt einen Eindruck von der barocken Fülle der Erbauungszeit der Residenz. Heute finden sich hier mit einem Armlehnsessel des Bamberger Hofschreiners Servatius Brickard und dem Schreibtisch des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim auch zwei herausragende Objekte aus der Bamberger Prunkmöbelsammlung.

residenz bamberg Vorzimmer

Das Vorzimmer des Audienzzimmers.

Im Vorzimmer des Audienzzimmers werden drei bedeutende Tapisserien gezeigt. Sie geben Motive aus der sog. Chinesenteppichfolge wider. Zwei der Tapisserien stammen aus der berühmten französischen Tapisseriemanufaktur Beauvais, eine weitere wurde für Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn nach dem Vorbild der Beauvaiser Tapisserien vom Würzburger Meister Andreas Pirot eigens für die Residenzen in Würzburg und Bamberg angefertigt.

Im Gelben Salon erstrahlt die kostbare Wandbespannung aus gelbem Seidendamast mit Adlermotiven, die aus dem Koblenzer Schloss nach Bamberg kam, in altem Glanz. Zusammen mit einer klassizistischen Sitzgarnitur im selben Bezug und der dazugehörigen Fensterdekoration ist der Gelbe Salon ein textiles Gesamtkunstwerk von Rang.

residenz bamberg Kommode

Eine aus Fundstücken rekonstruierte Kommode.

Zum Abschluss das vielleicht außergewöhnlichste Objekt der Ausstellung – eine aus Fundstücken rekonstruierte Kommode aus der Werkstatt des Schreiners des Prunkschreibtisches von Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal. Neu angefertigte Intarsien zeigen hier die einstmals intensive Farbigkeit der Möbelkunst des späten 18. Jahrhunderts auf. Die Marketerie wurde nach eingehender Farbanalyse nach historischen Farbrezepturen in der Restaurierungswerkstatt der Bayerischen Schlösserverwaltung rekonstruiert.

Natürlich laden noch weit mehr Objekte – insgesamt fast 400 – zum Entdecken und Staunen ein. Der Fürstbischof wartet zwar heute nicht mehr auf die Besucher seiner Residenz, sein Appartement und die GästeführerInnen der Residenz jedoch freuen sich nun umso mehr auf alle Interessierten.

 


Aktuelle Informationen zu den Öffnungszeiten findet ihr auf unserer Webseite.

Titelbild: Audienzzimmer, Foto: StMFH.

 

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