Anfang Oktober zogen sie los: Die Teilnehmer am Tweetwalk im Schloss Schleißheim. Zeit für einen Rückblick auf eine spannende Tour, die selbst auf die Dächer und in die Kellergewölbe des gewaltigen Barockschlosses führte und im Park nicht nur herrschaftliche Alleen, sondern auch die verborgenen Obstgärten auskundschaftete: Tanja Praske berichtet in ihrem Gastbeitrag:
Lustwandeln in den bayerischen Garten- und Schlossanlagen verführt zu jeder Jahreszeit. Der Tweetwalk #Lustwandeln in Schleißheim am 8. Oktober 2016 faszinierte mit geheimen und spektakulären Aussichten. Was ist ein Tweetwalk? Warum wandelten wir an einem grauen Herbsttag auf den Spuren des „Blauen Kurfürsten“? Magisch zogen uns die Barockkunst in Schloss und Park sowie der historische Obstgarten mit seinen Erzeugnissen an. Was sahen, erlebten und schmeckten wir dort? Unser Nachbericht vom Lustwandeln – ein Fest der Sinne – verrät es Ihnen.
Tweetwalk #Lustwandeln – was ist das?
Wir berichteten schon einmal von einem Tweetwalk #Lustwandeln. Nur fand dieser in Nymphenburg im April 2015 statt. Dort führten wir eine Gruppe netz- und kulturbegeisteter Menschen durch den Nymphenburger Schlosspark. Die Teilnehmer übertrugen wort- und bildreich sowie in Echtzeit ihre Eindrücke unter dem Hashtag #Lustwandeln ins Social Web (Facebook, Twitter, Instagram). Ein Hashtag ist ein mit einer Raute gekennzeichnetes Stichwort. Unter diesem kann jeder im Netz mitlesen und mitmachen. Mit der Aktion #Lustwandeln wollten wir unsere App „Schlosspark Nymphenburg. Lustwandeln im Garten“ im Web bekanntmachen.
Die Resonanz auf das Lustwandeln war enorm: Viele Unbeteiligte mischten spontan bundes-, europa- und sogar weltweit auf Twitter mit. Die Nachberichte in den Blogs der Teilnehmer vor Ort waren wunderbar. Sie sind in „Blick hinter die Kulissen. Bonusmaterial“ zum Nachlesen aufgeführt. Am Ende erhielt die Bayerische Schlösserverwaltung 2015 für die Aktion den Virenschleuderpreis auf der Frankfurter Buchmesse. Der Nymphenburger Tweetwalk war unser erstes Lustwandeln und der Ruf nach einer Wiederauflage kam umgehend auf.
Lustwandeln auf den Spuren des „Blauen Kurfürsten“ in Schleißheim
Am 8. Oktober 2016 war es dann so weit: Das Lustwandeln ging in die zweite Runde – ähnlich und doch ganz anders lief es ab. 22 Teilnehmer wandelten mit uns auf den Spuren Max Emanuels in Schleißheim. Auch dieses Mal erreichten uns Tweets bundes- und europaweit. Die Blogposts dazu sind grandios. Sämtliche Berichte finden Sie in der Nachlese auf der Website zur Schlossanlage Schleißheim sowie weiter unten.
Ein Fest der Sinne
Seit dem Lustwandeln in Nymphenburg entwickelte sich der Begriff im Netz zum geflügelten Wort. Er bezeichnet das genießerische Flanieren in schöner Umgebung, zumeist in Garten- und Parkanlagen. In Schleißheim erweiterten wir den Tweetwalk um ein Lustwandeln der Sinne: hören, sehen, fühlen, riechen und schmecken – gesund und hochprozentig ging es her. Was an dem Tag passierte, können Sie nachlesen in: „Tweetwalk #Lustwandeln – zu Gast beim „Blauen Kurfürsten“ in Schleißheim – Barockkunst“.
Zwischen Herrschaftsanspruch und Wirklichkeit
Unsere Pressesprecherin, Dr. Cordula Mauß, stellte uns vor dem Alten Schloss die Schlossanlage Schleißheim bestehend aus Altem und Neuem Schloss sowie Schloss Lustheim kurz vor. Danach führte sie uns wortgewandt ins Neue Schloss. Das imposante Vestibül, der prächtige Treppenaufgang, der Große Saal, der Viktoriensaal sowie die Große Galerie beeindruckten die Teilnehmer sehr. Smartphones und Kameras liefen heiß. Sie sorgten für herrliche Bilder und begeisterte Ausrufe der Netzgemeinde. Wie ergeht es Ihnen, wenn Sie sich beispielsweise das Fotoalbum von Pia Kleine Wieskamp zum Tweetwalk in Schleißheim anschauen?
Kurfürst Max Emanuel ließ das Neue Schloss erbauen. Tatsächlich plante er, die Schlossanlage Schleißheim zu einem neuen Versailles umzugestalten. Daraus wurde aufgrund des Spanischen Erbfolgekriegs nichts. Der Kurfürst musste für mehrere Jahre ins französische Exil fliehen. In dieser Zeit ruhten die Bautätigkeiten in Schleißheim. Nach seiner Rückkehr kam es dann nur zu einer reduzierten Ausführung des ursprünglichen Vorhabens.
Die barocke Innenraumausstattung fasziniert noch heute und zeigt, wie der Kurfürst gesehen werden wollte. Zur Entstehungsgeschichte der Schlossanlage berichteten wir bereits in: „Gastbeitrag: Rundum-Sorglos-Paket – „Kurfürst Max Emanuel in Schleißheim“ – Vision und Wirklichkeit“.
Max Emanuel – Kriegsheld und Türkenbezwinger
Im Vestibül und beim Betreten des Treppenaufgangs ließen wir Barockmusik erklingen. Wir wollten verdeutlichten, was im höfischen Zeremoniell hier passierte, um den Kurfürsten zu verherrlichen. Schritt die höfische Gesellschaft bei festlichen Anlässen den Treppenaufgang empor, so erscholl Musik mit beeindruckendem Klang. Der Kurfürst begegnet den Betrachter als Aeneas in der Freskenmalerei der Kuppel. In der Innenraumausstattung lässt sich Max Emanuel als erfolgreicher Kriegsherr gegen die Türken feiern. Diese Emblematik ist im Neuen Schloss allgegenwärtig, in den Stuckkaturen des Treppenaufgangs und den Historiengemälden im Großen Saal sowie im Viktoriensaal.
Max Emanuel – Kunstmäzen und „Friedensbringer“
Die Große Galerie zeigt eine andere Seite des Kurfürsten: seinen Kunstsinn und sein Selbstbild als Friedensbringer, der Bayern zur Blüte führt. Die Große Galerie ist die Wiege der Pinakotheken. Bedeutende Werke erfreuten die höfische Gesellschaft zunächst hier, bevor sie unter König Ludwig I. in die Alte Pinakothek überführt wurden. Max Emanuel wertschätzte seine Sammlung sehr. Er ließ wie Kurfürst Maximilian I. auch Miniaturbilder seiner bedeutendsten Bilder anfertigen. Diese nahm er mit ins Exil. Das Miniaturenkabinett in der Residenz München kündet von diesem Vorgehen à la „mein Haus, mein Auto, meine Yacht“. Dazu mehr in: „Lustwandeln auf gemalten Pfaden – auf Entdeckungsreise im Miniaturenkabinett…“. Noch heute befinden sich Werke bedeutender Barockkünstler in den Räumen des Neuen Schlosses. Sie gehören zu den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.
Geheimwege und grandiose Ausblicke
Der Tweetwalk gewährte den Teilnehmern Zugänge zu Bereichen, die normalerweise für die Öffentlichkeit verschlossenen sind. In ihren Blogposts können Sie diesen wort- und bildreich nachspüren. Tatsächlich wandelten wir auf den Spuren der Dienstboten, öffneten verborgene Tapetentüren, erklommen die Stiegen der Untergebenen hinauf zum Welldach des Neuen Schlosses. Die grandiose Sicht auf das wiederhergestellte Barockparterre mit Blick auf Schloss Lustheim überwältigte alle.
Barock- und historischer Obstgarten
Barockparterre – kriminologische Wiederherstellung
Unsere Gartenfachleute, Michael Degle und Gabriele Ehberger, klärten uns über die bewegte Geschichte des Barockparks von Schleißheim auf. Kriminologisch verlief die jüngste Wiederherstellung des Barockparterres in dem Zustand des 19. Jahrhunderts. Das ist kein Widerspruch in sich. Tatsächlich geriet die Schloss- und Gartenanlage von Schleißheim nach dem Tod von Max Emanuel in Vergessenheit. Der Hofgarten verwahrloste. Erst König Ludwig I. ließ ihn durch Carl Effner von 1865 bis 1868 nach barocken Gestaltungsprinzipien wiederinstandsetzen.
Das Gartenparterre litt erneut unter den Folgen des zweiten Weltkrieges. In der Nachkriegszeit ersetzten Rasenflächen die Bosquette. Der Hofgarten von Schleißheim zählt zu den ganz wenigen Barockgärten, die in ihrer ursprünglichen Aufteilung erhalten geblieben sind. Er wurde landschaftlich nicht überformt.
Was hat es wohl mit der Zahl sieben in der Gartenanlage und der Struktur der Architektur des Neuen Schlosses auf sich? Warum ist die Maßeinheit Fuß nicht gleich Fuß? Weshalb war die Klärung wichtig und wie half der Zufall dabei weiter? Das verriet uns Herr Degle. Die Teilnehmer des Tweetwalks griffen dieses Insiderwissen in ihren wunderbaren Artikeln auf.
Historischer Obstgarten mit Schnapsbrennerei
Nach zwei Stunden Lustwandeln ging es in den historischen Obstgarten. Wussten Sie, dass die Schnapsbrennerei in Schleißheim zu den ältesten in Bayern zählt? Über die abwechslungsreiche Geschichte klärte uns Alexander Bauer auf. Warum sind wohl alte Obstsorten für die Qualität des hochprozentigen Stoffes wichtig? Dazu schrieb Dr. Peter in: „Frisches Obst: ALTE SORTEN – EDLE SORTEN | #Lustwandeln“.
Die Bayerische Schlösserverwaltung züchtet schon seit ein paar Jahren alte Obstsorten zurück. Diese können alljährlich im Herbst im Obstverkauf der Schlossgärtnerei erworben werden. Absolut unansehliche Äpfel, lederartig oder mit Flecken und Macken versehen. Ihr Geschmack ist dafür absolut grandios – kein Vergleich zu den hübschen, aber fad schmeckenden Supermarktäpfeln. Probieren Sie unsere Äpfel. Es lohnt sich definitiv, versprochen!
22 Lustwandler – ihre Sicht auf Schleißheim
Nach drei Stunden Flanieren durch Schloss und Park, kehrten wir durchgefroren in den Schnapskeller des Neuen Schlosses ein. Herr Bauer schritt zum wärmenden Part über: eine Schnapsprobe unter kundiger Führung stand an und damit ein herrlicher Abschluss unseres Tweetwalks.
Euphorisiert „wankten“ wir zufrieden nach Hause. Was dann in den Blogs der Teilnehmer passierte, begeisterte uns restlos. Kein Blogpost gleicht dem anderen. Die Blogger setzten ganz verschiedene Akzente und recherchierten einiges nach. Wir empfehlen Ihnen die Artikel zu lesen. Sie erleben die Schlossanlage Schleißheim aus vielfältiger Perspektive.
Berichte zum Lustwandeln in Schleißheim:
- Ein wunderbarer Audio-Bericht vom Tweetwalk mit O-Tönen auf „Heinrich graut’s“: „#Lustwandeln in Schleißheim – Der Barock rockt“.
- Kritisch und begeistert berichtet Maren vom Lustwandeln auf ihrem sehr lesenswerten Blog „Marenshus“: „Tweetwalk #Lustwandeln in Schleißheim“.
- Die Reisebloggerin Alexandra schildert sehr lebendig ihre Eindrücke auf: Traveling the World, „Tweetwalk: #Lustwandeln in Schloss Schleißheim“.
- Markus ruft nach einer Wiederauflage unseres Lustwandelns mit tollen Bildern und kenntnisreicher Schilderung: Pflugblatt* (beta): „Ein Samstag mit dem blauen Kurfürsten – Lustwandeln“.
- Sandra von Tourismus Schleißheim e.V. schildert nicht nur ihre Erlebnisse, sondern beleuchtet auch die Vorteile dieser speziellen Führung: „Schleißheim 4.0 #Lustwandeln“.
- Die Foodbloggerin Nina geht ausführlicher auf den historischen Obstgarten ein: „Mein Geheimtipp für Münchner! #Lustwandeln im Schloss Schleißheim“.
- Nicole stellt in ihrem Strickblog die Mathematik in Schleißheim vor: „Lustwandeln im Schloss Schleißheim“
- Wellness und Lustwandeln passen wunderbar zusammen, so Katja vom „WellsparPortal“ in: „Lustwandeln im Wellnessmodus oder Barock rocks“.
- Die Reisebloggerin Ricarda macht nochmals deutlich, dass es spannende Orte in und um München gibt. So nah und doch so fern muss nicht sein: „Hidden Munich: Entdeckungen in Schleißheim“.
- Die Foodbloggerin Sylvia nimmt uns kenntnisreich auf ihr Lustwandeln mit. Naturgemäß verweilt sie länger bei den Äpfeln und dem Schnaps in Schleißheim auf „Brotwein“: „#Lustwandeln im Schloss Schleißheim – Äpfel und blauer Kurfürst“.
- Stefan ruft zu mehr analog-digitaler Geschichtsvermittlung auf: „Wieder virenschleuderpreisverdächtig – der Tweetwalk „#Lustwandeln auf den Spuren des ‚Blauen Kurfürsten‘ in Schleißheim“.
- Anja bloggt normalerweise nicht. Das Lustwandeln verführte sie dazu. Warum erfahren Sie auf „Ceci n’est pas un blog“: „Baroque Rocks“.
- Nicht nur wunderschöne Bilder vom Dachstuhl und dem Walk gibt es bei Peter auf „Stadtrandblog“: „Vom Kurfürstlichen Dach gebloggt“.
- Auch das Bayerische Nationalmuseum beteiligte sich am Lustwandeln. Frau Dr. Hantschmann stellt uns einen grandiosen Tafelaufsatz in Form eines barocken Lustgartens vor: „Nymphenburger Porzellan: ein Lustgarten en miniature | #Lustwandeln.
- Obwohl nicht vor Ort dabei, erwähnt Marlene Hoffmann unser Lustwandeln als innovatives analog-digitales Vermittlungsformat auf dem „Blog. Burg Posterstein“: „„Museum kommuniziert“ wie, wo und wohin? – Resümee einer Fachtagung“.
- Ein grandioses Zwiegespräch mit Max Emanuel führt Sylvia von „Jaellekatz“ in: „Zu Besuch bei Kurfürst Max Emanuel #Tweetwalk“.
- Abschließend unternimmt Monika vom „Isarblog“ eine Tour de Force durch Schleißheim mit herrlichen Fotos: „Auf den Spuren des Blauen Kurfürsten“.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Lustwandlern vor Ort und im Netz. Facettenreich habt Ihr gemeinsam das Lustwandeln durch die Barockkunst gestaltet – merci dafür!
Wir wünschen euch eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit!
Autorin: Dr. Tanja Praske von KULTUR – MUSEUM – TALK
Informationen zur Schlossanlage Schleißheim:
Schlossanlage Schleißheim
85764 Oberschleißheim
Website: www.schloesser-schleissheim.de
Infos zur Anfahrt
Öffnungszeiten
Altes und Neues Schloss Schleißheim, Schloss Lustheim
April-September: 9-18 Uhr
Oktober-März: 10-16 Uhr
Montag geschlossen
Schöner Stall und Renatuskapelle
(in den Pavillons bei Schloss Lustheim)
April-September: 9-18 Uhr
Montag geschlossen
Oktober bis März: geschlossen
Hofgarten
Januar, Februar, November, Dezember: 8-17 Uhr
März und Oktober: 8-18 Uhr
April und September: 8-19 Uhr
Mai bis August: 8-20 Uhr
Eintrittspreise 2016
Gesamtkarte
(Altes und Neues Schloss Schleißheim, Schloss Lustheim)
8,- Euro regulär / 6,- Euro ermäßigt