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Burgenbilder − Domenico Quaglio und die Wiederentdeckung der bayerischen Burgenlandschaft

Burgenbilder − Domenico Quaglio und die Wiederentdeckung der bayerischen Burgenlandschaft

Der Schlosshof der Burg zu Burghausen, ein Mann bläst in ein Jagdhorn, ein Hund läuft quer über den Platz. Die von Domenico Quaglio in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert geschaffene Szene ist fiktiv. Zu Quaglios Zeit wurde die Burg zu Burghausen als Garnison genutzt. Der Künstler schafft mit Hilfe der Figuren den Eindruck einer längst vergangenen Zeit. Die Architektur der Burg wird in der Form des 19. Jahrhunderts, wie Quaglio sie vor Augen hatte, dargestellt. So werden in dieser Lithographie quasi zwei Zeithorizonte gleichzeitig gezeigt. Wie kommt es zu solchen Darstellungen dieses Künstlers in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert?

Dieser Frage spürt die Sonderausstellung im Burgmuseum der Burg zu Burghausen nach, die dem Künstler Domenico Quaglio und seinen Burgendarstellungen im 19. Jahrhundert gewidmet ist.

In diesem Blogbeitrag könnt ihr euch an Hand der Biographie des Künstlers mit ausgewählten Werken aus der Ausstellung einen kleinen Einblick verschaffen.

Familienstammbaum mit den Künstlern der Familie Quaglio

Der 1787 in eine Münchner Hofkünstlerfamilie geborene Domenico Quaglio lernte zunächst bei seinem Vater Theatermalerei. Gleichzeitig machte er sich aber auch bei anderen Lehrern mit dem Kupferstich, der Radierung und der Lithographie vertraut. Bei der Lithographie gehörte er zu den ersten Anwendern dieser Technik nach der Erfindung durch Alois Senefelder.

Er wurde nach seiner Lehrzeit zunächst Dekorationsmaler und war anschließend ab 1808 Hoftheatermaler. Er wurde damals schon für seine Architekturdarstellungen in den Szenerien der Bühnenbilder sehr geschätzt. Quaglio besuchte in dieser Zeit die Königliche Akademie der Bildenden Künste in München und unternahm mit anderen Künstler der Akademie auch Wander- und Zeichenfahrten .

Auch erste Veröffentlichungen von Radierungen gibt es von diesen Fahrten, daneben viele Ansichten von München. Beispielsweise diese Ansicht der Münchner Residenz ist in dieser Zeit entstanden.

Domenico Quaglio, Königliche Residenz in München erbaut 1606, Radierung, 1811

Domenico Quaglio, Königliche Residenz in München erbaut 1606, Radierung, 1811

In dieser Radierung könnt ihr die Westfassade der Münchner Residenz im Jahr 1811 sehen. Im Hintergrund lässt sich sogar noch das alte Stadttor aus der ersten Stadtmauer Münchens erkennen. Das vordere Schwabinger Tor -oder auch Polizeiturm im 19. Jahrhundert genannt- war im 13. Jahrhundert eines der beiden nördlichen Münchner Stadttore. Es wurde 1842 abgerissen. Es gab im ersten Mauerring noch ein hinteres Schwabinger Tor ungefähr an die Kreuzung der Wein- und Schäfflerstraße.

In den Ansichten Domenico Quaglios vom Beginn des 19. Jahrhunderts finden sich noch viele Münchner Bauten, die heute nicht mehr zu sehen sind.

Ab 1814 unternimmt Domenico Quaglio Reisen zunächst durch Italien, Österreich und Bayern. Dabei entstehen viele Skizzen von unterschiedlichen Gebäuden. Ansichten von Burgen kommen häufig vor.

Unter anderem, die hier gezeigte Lithographie der Burg Prunn im Altmühltal, ist auf seinen Reisen entstanden. Das Altmühltal, das Quaglio 1815 zum ersten Mal besuchte, hatte es ihm besonders angetan.

Domenico Quaglio, Schloss Prunn im Altmühlthale, Lithographie, um 1818

Domenico Quaglio, Schloss Prunn im Altmühlthale, Lithographie, um 1818

Domenico Quaglio zeigt die Burg Prunn hoch aufragend auf einem Felsen in einer romantischen Darstellung bei Mondschein. Die Künstler der Romantik, zu denen Domenico Quaglio zu rechnen ist, stellten oft die Landschaften oder Architekturen in einem idealisierten Zustand dar. Die mittelalterliche Burg Prunn bildete für Quaglio eine gute Vorlage seiner Sehnsucht nach dem Mittelalter bildlich nachzukommen. Er setzt auch zwei Reiter in den Vordergrund der Darstellung. Die Burg Prunn war zu der Zeit, als sie von Quaglio skizziert wurde, in einem schlechten baulichen Zustand. Erst als die Burg 1822 wieder in den Besitz des Staates ging, wurden Sanierungsmaßnahmen ergriffen.

Domenico Quaglio arbeitet ab 1818 nicht mehr als Hoftheatermaler und widmet sich ab 1819 nur noch der Architektur- und Vedutenmalerei. Veduten sind Darstellungen von Landschaften und Städten. In den 1820er Jahren unternimmt er weitere Reisen durch ganz Mitteleuropa. 1823 ist er an der Gründung des Münchner Kunstvereins beteiligt und 1829 wird er von einem britischen Politiker beauftragt, in Italien, v.a. in Florenz und Rom, Zeichnungen diverser Gebäude anzufertigen.

Dieser Auftrag sollte nicht der letzte große Auftrag bleiben. 1831 beauftragt ihn Kronprinz Maximilian, eine „Sammlung malerischer Burgen“ anzufertigen. Quaglio war auch bereits für den Zeichenunterricht des Kronprinzen verantwortlich. Für das Druckwerk, das erst nach Quaglios Tod erschienen ist, wurden Zeichnungen von den Reisen des Künstlers verwendet.

Eine Darstellung der Landshuter Burg Trausnitz findet sich in der „Sammlung der malerischen Burgen“.

Domenico Quaglio, Die Trausnitz zu Landshut, Lithographie, gedruckt 1844-46, Lithograph: Karl August Lebschée

Domenico Quaglio, Die Trausnitz zu Landshut, Lithographie, gedruckt 1844-46, Lithograph: Karl August Lebschée

Auf einem Hügel umgeben von Bering und Stadtmauer ist die Burg Trausnitz in dieser Lithographie zu sehen. Die Tatsache, dass es eine Stadt in der Nähe gibt, lässt sich vielleicht links im Hintergrund erahnen. Ein Reiter mit zwei Hunden ist in der hügeligen Landschaft mit Bäumen unterwegs. Der Baumbewuchs setzt sich auf dem Hügel nach oben fort und scheint auch in den Höfen der Burg weiterzugehen. Die Burg Trausnitz wird auf romantische Weise in Szene gesetzt. Ähnlich sind alle gezeigten Architekturen in dieser Sammlung gezeigt.

Ein weiterer Großauftrag von Kronprinz Maximilian stellt Quaglio vor eine Herausforderung. Er soll für den Kronprinzen die Burg Hohenschwangau erwerben, da dieser dort ein Umbau plant. Der Kauf von Hohenschwangau gestaltet sich allerdings als nicht gerade einfach, da der Besitzer, der weiß, wen Quaglio vertritt, eine hohe Summe vom Kronprinzen verlangt. Die Verhandlungen ziehen sich über zwei Jahre hin, wie Briefe im Geheimen Hausarchiv belegen. Quaglio schlägt Maximilian sogar mehrfach vor, lieber eine andere Burg, beispielsweise im Altmühltal zu erwerben. Aber der Kronprinzen bleibt auf Hohenschwangau festgelegt. 1833 gelingt schließlich der Kauf und Quaglio wird als Architekt mit dem Umbau und Wiederaufbau der Burg beauftragt. Die Arbeiten werden sofort aufgenommen, allerdings stirbt Domenico Quaglio vor der Vollendung der Burg 1837 in Hohenschwangau. In seiner letzten Lebensphase sind viele Ansichten von Hohenschwangau und den Burgen und Ruinen in der direkten Umgebung entstanden. So auch diese Ansicht von Hohenschwangau.

Domenico Quaglio, Schloss Hohenschwangau, Lithographie, 1836, Lithograph: Karl August Lebschée

Domenico Quaglio, Schloss Hohenschwangau, Lithographie, 1836, Lithograph: Karl August Lebschée

Auf dieser Lithographie ragt die Burg Hohenschwangau in einen wolkenverhangenen Himmel. Im Vordergrund kann man viele Holzbretter und teilweise noch unbearbeitetes Holz erkennen. Ein Mann lädt gerade ein Stück Holz aus einem Boot. Eine Frau schiebt einen Karren, begleitet von einem Mädchen. Ob diese Szene eine Anspielung auf die Umbauarbeiten auf der Burg Hohenschwangau sein soll, mit der Quaglio beauftragt war, bleibt ungewiss.
Für Domenico Quaglio zieht sich die Darstellung von Architektur, vor allem vergangener Zeiten, durch sein ganzes künstlerisches Schaffen. Die Faszination, die für ihn von mittelalterlichen Burgen ausgeht, teilt er mit dem Kronprinz Maximilian. Dadurch entstand am Ende seines Schaffens schließlich auch eine reale Architektur in Form des wiederhergestellten und umgebauten Schlosses Hohenschwangau.

Wenn euch dieser kleine Einblick zu den Burgendarstellungen von Domenico Quaglio gefallen hat, solltet ihr euch die Sonderausstellung auf der Burg Burghausen nicht entgehen lassen! Ihr erfahrt hier auch etwas über die verschiedenen Drucktechniken im 19. Jahrhundert und unsere jungen Gäste können mit einem spannenden Fragebogen durch die Ausstellung gehen.

Blick in die Sonderausstellung im Burgmuseum auf der Burg zu Burghausen

Blick in die Sonderausstellung im Burgmuseum auf der Burg zu Burghausen


Die Sonderausstellung „Burgenbilder − Domenico Quaglio und die Wiederentdeckung der bayerischen Burgenlandschaft“ ist noch bis 9. November während der Öffnungszeiten in der Burg zu Burghausen zu besichtigen. Die Ausstellung ist im Eintrittspreis enthalten.