Ein Treffen der besonderen Art fand am Freitag, den 21.10.11 im Residenzmuseum statt – das 4. Tweetup von „aufbruch.museen und web2.0“. Nach dem Deutschen Museum, dem Haus der Kunst und dem Stadtmuseum Penzberg waren also wir die Nächsten in der neuen, für Museen noch ungewöhnlichen Veranstaltungsreihe. Was ist aber eigentlich ein „Tweetup“?
Diese Frage stellt sich dem Nicht-Eingeweihten sofort. Sie hätte uns zu Anfang des Jahres auch noch ratlos gemacht. Der Duden hilft hier kaum weiter – lediglich der Begriff ‚Tweet’ wird definiert. Danach ist ein Tweet eine beim Twittern gesendete Nachricht. Prima – die Antwort macht nicht wirklich schlauer. Unter ‚Twitter’ erfährt man dann schon mehr: Denn Twitter leitet sich aus dem Englischen ab und bedeutet Gezwitscher oder Geschnatter. Gemeint ist damit ein SMS-ähnlicher Dienst im Internet, der es Freunden und Bekannten ermöglicht, sich Kurznachrichten von maximal 140 Zeichen zu zusenden, sogenannte ‚Tweets’. Nach Wikipedia ist Twitter eine digitale Anwendung zum Mikroblogging. Es wird auch als Kommunikationsplattform bzw. als soziales Netzwerk bezeichnet.
Jetzt wissen wir zwar mehr über Twitter und Tweets. Was ist nun aber ein ‚Tweetup’? Ganz einfach: Bei einem Tweetup treffen sich „zwitscherfreudige“ Personen mit ihren Smartphones an einem vorab vereinbarten Ort. Ziel ist es, hier über ein bestimmtes Thema gemeinsam zu „twittern“ und seine Freunde in der Ferne über die gewonnenen Erkenntnisse oder Gedanken durch Tweets über das Handy zu informieren. Wie funktioniert nun das Ganze in einem Museum – genauer im Residenzmuseum? Unsere Aufgabe bestand ausschließlich darin, die Twitterer eine Stunde lang durch das Antiquarium, die Sonderausstellung und durch die wiedereröffnete Grüne Galerie zu führen.
Das war schon ein ordentliches Pensum für die knapp bemessene Zeit. Zu Recht stellt sich umgehend die Frage: Wie soll das überhaupt gehen – sich Kunst anschauen, einer Führung lauschen, zeitgleich darüber twittern und zusätzlich noch Tweets zum Thema von Freunden aus der Ferne beantworten? Massives und hoch konzentriertes Multitasking ist hier gefragt. Bleibt da nicht das Kunstwerk auf der Strecke, weil der Twitterer mehr mit seinem Handy als mit den Originalen vor Ort beschäftigt ist? Diese Skepsis teilten wir anfangs auch. In der Tat war es zunächst gewöhnungsbedürftig über das Handy gebeugte Köpfe zu sehen, während wir Hintergründe zur Sonderausstellung oder zur Grünen Galerie vermittelten.
Aber das veränderte sich, denn die Köpfe waren nicht nur gebeugt. Tatsächlich stand uns eine sehr kunstinteressierte Gruppe gegenüber, die sich zusehend fasziniert auf das Raumkunstwerk der Grünen Galerie einließ. Wir gewannen den Eindruck, dass die Handys und abzufassenden Nachrichten phasenweise gänzlich vergessen wurden und sich die staunenden Blicke vollständig auf die Gemälde konzentrierten. Das täuschte wiederum auch: Die verschickten, humorvoll verfassten Beobachtungen der Twitterer waren doch erstaunlich präzise.
Manches beeindruckte sie sehr und wurde mehrfach gezwitschert. So zum Beispiel die Sammlungsstrategie Herzog Maximilians I. (reg. 1597-1651, ab 1623 Kurfürst). Denn Kunstwerke zu sammeln geschah zu seiner Zeit nicht allein der Kunst willen, sondern stellte vor allem eine Positionierung im Machtgefüge der Zeit dar und war strategisch gedacht. Die Herrscher konkurrierten um den Erwerb von Werken sehr begehrter Künstler. Gemälde von Peter Paul Rubens zu besitzen und sie einem ausgewählten, exklusiven Publikum zu zeigen, steigerte das Ansehen des Sammlers in der höfischen Gesellschaft und wurde gezielt inszeniert in der Art „Zeig du mir deinen Rubens, ich zeig dir meinen“.
Aber auch uns überraschten die Möglichkeiten der Technik. Die Verlesung von einem Zeitzeugen aus dem 18. Jahrhundert, der voller Begeisterung von der Grünen Galerie berichtet, fand einerseits eine positive Bewertung seitens der Twitterer, andererseits wurde es von uns unbemerkt als Hörprobe aufgenommen und weiter getweetet.
Insgesamt kamen zum Tweetup im Residenzmuseum 150 Nachrichten auf Twitter zusammen, die gebündelt unter dem mit einer Raute versehenen Hashtag (Stichwort) #mukomuc für kurze Zeit einsehbar waren. Sehr erfreulich ist für uns das Fazit von Dr. Christian Gries in seinem Blogbeitrag zum Tweetup bei uns:
„Im Rahmen der Führung war es wunderbar zu erleben, wie die via Facebook und Blog gelegte Spur zur Kunst, Geschichte und Menschen in der Residenz an den Originalschauplätzen, den Kunstwerken und nicht zuletzt der agierenden Personen verifiziert werden konnte.“
Auch von uns einen herzlichen Dank für den Blick hinter die Kulisse eines kunstinteressierten Twitterpublikums. So erfahren wir, wie unser Museum wahrgenommen wird und erhalten darüber wichtige Impulse für unsere Arbeit.
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