Geheimnisse

Coburger Köstlichkeiten – Das Kochbuch eines Küchenmeisters

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Immer wenn die Weihnachtsfeiertage nahen, stehen uns allerlei köstliche Festessen bevor. In vielen Familien gibt es aus Tradition Jahr für Jahr dieselben liebgewonnenen Rezepte. Doch wie wäre es mal mit etwas Abwechslung, inspiriert durch den Küchenmeister des Coburger Herzogshofes?


 

Der Blick in den „Sachsen-Coburg-Saalfeldischen Staats-Calender“ für das Jahr 1819 offenbart uns eine ferne, vergangene Welt. Damals war Schloss Ehrenburg in Coburg noch Zentrum und Schauplatz einer herzoglichen Hofhaltung. Hier wurde gelebt, regiert und repräsentiert.

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Schloss Ehrenburg, Foto: Daniela Thamm

Auf dem Schlossareal muss es – nicht nur an Festtagen – emsig und betriebsam zugegangen sein wie in einem Bienenstock. Der Staatskalender hält uns die Vielfalt von Tätigkeiten bei Hofe vor Augen und wer die Menschen waren, die sie ausführten. Wir lesen zum Beispiel von dem Kammerlakai Johann Carl Wilhelm Scharlott, der zudem „Caffetier“ in der Kaffeeküche war, einem Hoflivreeschneider namens Heym, vom Hofchirurgus Berger, Hofschreiner Hübner, Hofjäger Kühn, Hofuhrmacher Weidmann, Hofschornsteinfeger Freund oder dem Hofbäcker Pfrenger und dem Hofmetzger Großmann.

Wir entdecken, dass einzelne Mitglieder der herzoglichen Familie ihren eigenen kleinen Hofstaat besaßen. Der „Hofstaat Ihro Herzoglichen Durchlaucht der verwitweten Herzogin umfasste 1819 beispielsweise rund 15 Personen. Einer von ihnen war der Koch Johann Tobias Christian Oehm. Ihn finden wir auch in den folgenden Jahrzehnten im Dienste des Coburger Hofes. Dann aber in der Küche des regierenden Herzogs. Oehm stieg am Coburger Hof zum „Mundkoch“ und schließlich „Küchenmeister“ auf. 1840 malte ihn der Dresdner Künstler Ernst Christian Weser in seiner Berufskleidung. Über den in Coburg aufgewachsenen Prinz Albert gelangte dieses nur wenige Zentimeter große Porträt nach England in die königlichen Sammlungen.

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Der Koch Johann Tobias Christian Oehm, Miniatur von Ernst Christian Weser, 1840, Royal Collection Trust / © His Majesty King Charles III 2023

Von Oehms kulinarischem Können profitierte Zeit seines Lebens nicht nur der Coburger Herzogshof. Oehm, der 1861 im 75. Lebensjahr verstarb, veröffentlichte 1854 ein Kochbuch für „bürgerliche Hausfrauen, Wirthschafterinnen, Köche und Köchinnen“ und steht damit, ähnlich seinem Nachfolger als Coburger Küchenmeister, Bernhard Joël, oder dem am bayerischen Königshof wirkenden Johann Rottenhöfer, für Köche der Hocharistokratie, die ihr Wissen und ihre Erfahrung verschriftlicht als Buch breiteren Bevölkerungskreisen zugänglich machten.

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Oehms „Praktisches Kochbuch“ von 1854 wollte laut Titelblatt Folgendes sein:

Ein gründliches Lehrbuch zur richtigen und geschmackvollen Zubereitung warmer und kalter Speisen und Getränke, Mehl-, Milch- und Eierspeisen, aller Arten Braten und anderer Fleischgerichte, mit verständlicher Belehrung zum Einmachen der Gemüse, Salate, Früchte u.s.w., nebst Anweisung: Gefrornes, Torten und andere Conditorbäckereien schnell und billig zu bereiten, dabei hauptsächlich die richtige Angabe des Maaßes und Gewichtes.

Letzterem widmen sich unsere Kochbücher von heute detaillierter. Manches Mal wünscht man sich exaktere Mengenangaben für die Ingredienzien oder genauere Zeiten, wie lange das Gericht zum Beispiel ruhen, backen oder garen muss, wie es in heutigen Rezepten üblich ist. Nichtsdestotrotz bietet Oehms Kochbuch aus dem Jahr 1854 uns eine Fundgrube antiquierter (kleine gebackene Aalraupen, eingemachte Froschkeulchen, gebackenes Kuheuter) sowie bis heute populärer Gerichte (Schweinebraten, Rouladen, Dampfnudeln u.v.m.).

Anregungen, selbst den Kochlöffel zu schwingen, enthält es jedenfalls genug. Wie wäre es an den nächsten Festtagen zum Beispiel mal mit einer Königinsuppe, Gans à la Oehm, Coburger Klößen und einem Punsch? Und als krönender Abschluss zum Nachtisch: selbstgemachten Lebkuchen! Guten Appetit.

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Weiße Lebkuchen

In Bereitschaft hält man alles was dazu nöthig ist, als: gestoßenen gesiebten Zucker, geschälte Mandeln, welche in Filets und einige halb von einander geschnitten sind, in kleine Würfel und einigen in Scheiben geschnittene Citronat, etwas fein gestoßenen Nelken, Cardamome und Zimmt. Die Oblaten werden nach der Größe geschnitten wie die Lebkuchen werden sollen. Feines Mehl wird durchgesiebt. Sechs ganze Eier werden mit einem halben Pfund Zucker zu Schaum gerührt, mischt dann das Gewürze, die Citronat die in Würfel geschnitten und die in Filets geschnittenen Mandeln und zuletzt ein halb Pfund Mehl dazu. Die Masse wird alsdann auf die Oblate gestrichen (ohngefähr kleinen Finger dick), belegt sie mit den halb geschnittenen Mandeln und mit den Citronat-Scheibchen, läßt sie, wenn sie auf das Blech gelegt worden sind, eine Zeit lang wie die Anisplätzchen abtrocknen, und bäckt sie in gelinder Hitze zu einer schönen Farbe.