Vor 175 Jahren, am 14. Dezember 1849, wurde der Maler Heinrich Breling in Burgdorf östlich von Hannover geboren. Der heute kaum mehr bekannte Historienmaler war unter König Ludwig II. viel beschäftigt und fertigte faszinierende Ansichten vom Schlossareal Linderhof an. Nach dem Tod des Königs sank sein Künstlerstern in Bayern und er zog sich mit seiner Familie in die norddeutsche Heimat zurück. An seine Erfolge in der Münchner Zeit konnte er dort nicht mehr anschließen. Mit den Königsschlössern Ludwigs II. aber ist sein Werk bis heute untrennbar verbunden, woran dieses Kalenderblatt an seinem 175. Geburtstag erinnern soll.
Heinrich Breling wuchs in Fischerhude, dem Heimatort seines Vaters, östlich von Bremen auf. Schon früh erwachte in dem Jungen das Zeichentalent, das sogar in einer örtlichen Zeitung Aufsehen erregte: „Auch dürfte es nicht uninteressant sein, zu erfahren, dass sich hier in Fischerhude ein talentvoller Knabe befindet, welcher durch eine gute Schule gewiss zum großen Meister in der Malerkunst gemacht werden kann. Es ist dieser der 12-jährige Sohn des hiesigen Grenzaufsehers Breling. Derselbe zeichnet schon, ohne welche Anleitung gehabt zu haben, meisterhaft.“ (ca. 1861, Zeitung unbekannt) Auch die königliche Administration wurde auf die Begabung des Jungen aufmerksam und so bekam er als Vierzehnjähriger ein königliches Stipendium an der „Polytechnischen Hochschule“ in Hannover ab 1864. Aber schon nach zwei Jahren beendete der norddeutsche Krieg und die Besetzung durch Preußen seine Studien – und das Königreich Hannover gleich mit. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, trat er 1869 in die nun preußische Armee ein, was zur Folge hatte, dass Heinrich Breling kurz danach am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teilnahm und mehrere Schlachten miterlebte. Die dort in seinem Kriegstagebuch festgehaltenen Eindrücke und Zeichnungen sicherten ihm in späteren Jahren seinen Lebensunterhalt.
Nach Kriegsende schaffte es Heinrich Breling, sein noch nicht vollständig ausgeschöpftes Stipendium von Hannover nach München zu übertragen: am 1. November 1872 setzte er an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in der bayerischen Hauptstadt seine Ausbildung zum Maler fort. Unter der Anleitung des erst kurz zuvor berufenen Prof. Wilhelm von Diez (1839–1907), einem damals schon überregional erfolgreichen Historienmaler, entwickelte sich das Talent des jungen Künstlers schnell, sodass er schon bald öffentliche Erfolge bei Ausstellungen im Münchner Kunstverein verzeichnen konnte: „Durch eine ganz exquisite Delikatesse der Behandlung stößt ein kleines Gemälde von dem Diezschüler H. Breling auf, das einen von seinem Schimmel abgestiegenen Reiter im Verkehr mit der Wirthin einer Waldschenke darstellt. Das Bild erinnert in Composition, Stimmung und coloristischer Durchführung an die gelungensten Kabinetstücke des Meisters Diez selber.“ (Freier Landbote, 11.10.1873)
Nach seiner Heirat im Jahr 1875 musste Heinrich Breling für die junge und stetig wachsende Familie mit seiner Kunst, vor allem Genrebilder, den Lebensunterhalt bestreiten, was ihm durch Ausstellungen in München und Wien ganz gut gelang. Nur wenige Jahre später wurde ein königlicher Auftraggeber auf den Künstler aufmerksam und schon bald verbesserte sich die finanzielle Lage für die Familie Breling erheblich. Ab 1878 sind erste kleinere Aufträge für den bayerischen König Ludwig II. belegt, die der junge Künstler offenbar zur vollen Zufriedenheit erfüllen konnte. Von da an war Heinrich Breling bis zum Tod des Monarchen 1886 mit der Anfertigung von fotorealistischen Aquarellansichten von Schlössern und Interieurs des Königs im Dauereinsatz beschäftigt. Besonders im Schlossareal Linderhof arbeitete Breling monatelang und lebte deshalb oft auch mit seiner Familie vor Ort. König Ludwig wünschte sich nach der Fertigstellung seiner Schloss- und Gartenanlage Linderhof exakte Wiedergaben zur Sommer- und Winterzeit, die er überallhin mitnehmen wollte. Heinrich Breling war mit seiner äußerst realistischen Malweise für den König genau der richtige Künstler für diese Aufgabe. Mehrere Schlossansichten, Außen- und Innenzeichnungen des Marokkanischen Hauses, des Maurischen Kiosks, der Hundinghütte oder der Gurnemanzklause entstanden über die Jahre hinweg und brachten dem Künstler große Anerkennung bei Ludwig II. ein. Vor allem die Wiedergabe der Venusgrotte in den verschiedenen Farbbeleuchtungen war dem Bauherrn äußerst wichtig, was ein Brief seines Hofsekretärs an den Maler verdeutlicht: „Geehrter Herr Breling! Indem ich Sie ersuche das abgeänderte rothe Grottenbild mir schleunigst zu schicken und die Anfertigung des blauen möglichst zu beschleunigen bin ich mit den herzlichsten Grüßen an Sie […] Ihr ergebenster Bürkel. München, den 25. Februar 1880.“
Heinrich Breling 1881, Ansicht der Venusgrotte von Linderhof in blauer Beleuchtung als „Grotte von Capri“, Wittelsbacher Ausgleichsfonds München, Inv.-Nr. WAF B VIII 0018
Immer neue Aufträge bekam Heinrich Breling von König Ludwig II., so zum Beispiel auch die Anfertigung einer Innenraumansicht vom Türkischen Saal im Köngshaus auf dem Schachen. Der Monarch war so begeistert von den Bildern, dass Breling teilweise exakte Kopien seiner eigenen Werke machen musste, die Ludwig als Geschenk für besondere Personen wünschte. Zu den schönsten und einem der letzten für König Ludwig angefertigten Aquarellbildern gehört sicherlich „die Darstellung des Gala-Wagens vor dem k. Schloss in Linderhof in Aquarell“, wofür der Maler die hohe Summe von 2.000 Mark erhielt. Brelings Detailreichtum und Beobachtungsgabe faszinieren uns an diesen für den König gemalten Bildern bis heute. Besonders in der sehr kalten Winterzeit war dies für den Maler alles andere als einfach, weshalb ihm Ludwig extra ein „kleines Malhäuserl [mit] einen winzigen Ofen“ zur Verfügung stellte. Wie zufrieden König Ludwig mit seinem Maler Breling war zeigt auch, dass er ihn im Jahr 1883 zum königlichen Professor ernannt hat: „Se. Maj. der König haben […] Genremaler Heinrich Breling den Titel eines „königlichen Professors“ zu verleihen geruht.“ (Allgemeine Zeitung, 02.01.1883)
Mittlerweile hatten die königlichen Aufträge die Familie Breling von allen finanziellen Sorgen befreit. Aus den beengten Verhältnissen der Münchner Stadtwohnung in der Max-Joseph-Straße 4 konnte sie mit dem Kauf eines großen Grundstücks neben dem Neuen Schloss Schleißheim ab 1885 in ein eigenes, neu gebautes Haus einziehen. Aber das Glück währte nicht lange. Mit dem Tod Ludwigs II. im Juni 1886 endeten mit einem Tag auf den anderen alle Aufträge aus dem bayerischen Königshaus. Heinrich Breling war nun wieder auf den Verkauf seiner Genremalerei angewiesen, versuchte aber auch noch, mit den für König Ludwig II. gemalten Bildern in Ausstellungen Geld zu verdienen: „Im Oesterreichischen Kunstverein in Wien ist eine Ausstellung von Gemälden eröffnet, die sich sämmtlich auf König Ludwig II. von Bayern und dessen tragischen Tod beziehen. […] Ferner sind drei Bilder des Hofmalers des Königs, Breling, ausgestellt, welche eine Ausfahrt des Königs zur Winterzeit in seinem Prachtschlitten, das Innere der blauen Grotte im Linderhofe mit dem Könige auf seiner Gondel und endlich die „Hundinghütte“ im Parke des Linderhofes darstellen.“ (Neueste Nachrichten, 16.11.1886)
Werbung für den Kauf von Fotographien der Bilder Heinrich Brelings für König Ludwig II. Leipziger Börsenblatt, 04.09.1886
In Zeitungsannoncen warb Heinrich Breling für seine Bilder vom Schlosspark Linderhof. Auf einer kunstvoll arrangierten Zusammenstellung präsentierte der Künstler die verschiedenen für König Ludwig II. gemalten Ansichten von Linderhof und machte sie damit auch in der überregionalen Presse bekannt.
Ein Jahr nach dem Tod des Königs brachte Breling ein „König Ludwig-Album“ mit 12 seiner Bilder bei der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart heraus, das besonderes Aufsehen erregte: „Die Sammlung wird eine Zierde jedes Salons bilden und ist den vielen Verehrern König Ludwig II., des grossen Freundes R. Wagner’s, sehr zu empfehlen […].“ (Der Fortschritt, 12.07.1887)
Da ein finanzkräftiger königlicher Gönner nicht mehr in Sicht war, musste Breling sich um neue Einkommensquellen kümmern. Schon kurz vor dem Tod König Ludwigs II. hatte er sich neben dessen Aufträgen auch anderen zu dieser Zeit gefragten Themen gewidmet. 1891 präsentierte Breling sein erstes Schlachtengemälde in München, wofür er zuvor jahrelange Studien gemacht hatte. Auch das künstlerische Umfeld hatte sich in der bayerischen Hauptstadt gewandelt und neue Strömungen standen nun in der Käufergunst, sodass es sich für Heinrich Breling immer schwieriger gestaltete, von seiner Kunst zu leben. Er suchte deshalb einen Neuanfang in seiner Heimat im Norden: „In Hannover wird die Kunst einen bedeutenden Aufschwung nehmen, wenn zur Ausführung kommt, worauf der angesehene Maler Professor Heinrich Breling in Schleißheim bei München bei uns Hoffnung erweckt hat. Derselbe hat seine Absicht, sich nächstens dauernd in Hannover niederzulassen, mit dem Bemerken kund gegeben, es würden seinem Beispiele noch andere Meister der älteren Schule in München folgen, wenn er ein ihm zusagendes Heim hier finde. Als Veranlassung zu diesem Schritt ist der unerquickliche Streit zwischen den Vertretern der älteren und denjenigen der neueren Malerschule in München anzusehen.“ (Allgemeine Zeitung, 29.04.1892)
Sicherlich fiel es der Familie Breling nicht leicht, ihr erst vor wenigen Jahren bezogenes Haus in Schleißheim zu verlassen und im Frühjahr 1892 in den Norden, zuerst nach Hannover und schließlich nach Fischerhude, dem Kindheitsort von Heinrich Breling, zu ziehen. Die für einen dortigen Hauskauf neu aufgenommenen Schulden, die schlechtere Auftragslage und die Versorgung seiner mittlerweile großen Familie mit sechs Töchtern zehrten die finanziellen Mittel des Künstlers schnell auf. Auch war Brelings Kunst – vor allem Schlachtengemälde und Genrebilder – nun nicht mehr so gefragt, weshalb er mit seiner Familie in finanzielle Notlage geriet. Am 6. September 1914 verstarb der königliche Professor Heinrich Breling in Fischerhude, wo heute noch ein Kunstverein an ihn und andere dortige Künstler erinnert.
Heinrich Breling, Aquarellvorlage für das Bild „Schloss Herrenchiemsee Fortuna-Brunnen“ im König Ludwig-Album
Heinrich Brelings wunderbare Aquarelle der Königsschlösser Ludwigs II. haben sich bis heute erhalten und ermöglichen uns, einen faszinierenden Blick auf Ludwigs Schöpfungen, so wie der König sie sehen wollte. Diese Werke gehören mittlerweile selbst zur Kunst König Ludwigs II. und der Name Breling, obwohl heute etwas in Vergessenheit geraten, selbstverständlich zur Geschichte der bayerischen Königsschlösser.
Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Ihr Alexander Wiesneth
Titelbild: Heinrich Breling: Schloß Linderhof im Winter mit dem sechsspännigen Galaschlitten von König Ludwig II., Wittelsbacher Ausgleichsfonds München, Inv.-Nr. WAF B VIII 0012
Die nicht gekennzeichneten Zitate und das Bild “Ausfahrt König Ludwig II. im Winter“ sind aus dem sehr empfehlenswerten Buch von Barbara Delia Johnson, Heinrich Breling und seine Töchter, Fischerhude 2021, entnommen.