Von Franziska Vogel, Praktikantin in der Öffentlichkeitsarbeit
Abblätternde, schmutzige Lackschichten und Vergoldungen wieder auf Vordermann bringen, zerschlissene Stoffe flicken oder ganze Schnitzereien ersetzen: Im Restaurierungszentrum der Schlösserverwaltung gibt es immer genug zu tun. Gemeinsam mit den Volontärinnen der Öffentlichkeitsarbeit durfte ich den Restauratoren bei einem Rundgang über die Schulter blicken.
Los geht’s!
An der Türe empfängt uns Herr Dr. Heinrich Piening, er ist der stellvertretende Leiter des Restaurierungszentrums der Bayerischen Schlösserverwaltung. Rund 50 Fachkräfte arbeiten dort. Vorbei an einer kleinen Pausenecke, die wie ein Wohnzimmer gemütlich eingerichtet ist, geht es hinein in die Werkstatt der Möbelrestauratoren. Unter weißen Tüchern verborgen reihen sich die restaurierungsbedürftigen Möbel. Am Beispiel einer vergoldeten Kommode, die ganz schön abgegriffen aussieht, erklärt uns eine der Restauratorinnen, wie sie vorgehen: „Wir versuchen den Schmutz so gut es geht zu entfernen, ohne die Vergoldung abzutragen. Anschließend wird die Vergoldung aufgefrischt.“ Von der Kommode gibt es noch eine zweite, diese wird in einem Privatbetrieb restauriert. „Viele von unseren Stücken bearbeiten wir nicht selbst, sondern erstellen nur die Konzepte und vergeben die Aufträge dann“, erklärt Piening. Allein schon aus personellen Gründen wäre die große Stückzahl nicht zu bewältigen. Hinzu kommen Verwaltungsaufgaben. „Aber die schwierigeren oder besonders spannenden Möbel machen wir selbst“, grinst Piening.
Manchmal tauchen auch unerwartete Funde auf. Auf einer der Werkbänke liegt ein Wirrwarr von Schubladen neben einem Korpus. Bei dem Möbel handelt es sich um einen kleinen Sekretär, der hinter einer nachträglich eingezogenen Wand gefunden wurde. Früher war das laut Piening gar keine Seltenheit. Man hat einfach die Wand eingezogen und alles dahinter geriet in Vergessenheit. Aber auch prominente Möbel brauchen ab und zu ein Update. Unter einer weißen Hülle versteckt sich am Ende der Werkstatt ein leuchtend blauer, mit Stickereien verzierter Hocker aus Schloss Neuschwanstein. Hier haben neugierige Hände und falsche Reinigung ihre Spuren hinterlassen: das Holz ist dunkel verfärbt, der Textilbezug löst sich auf. „Früher hat man die Möbel mit einer Mischung aus Leinöl und Essig gereinigt. Das nimmt zwar den groben Schmutz ab, aber die feinen Partikel werden eingeschlossen und lagern sich ab“, so Piening. Schmutz ist für ihn eine interessante Sache. An den Ablagerungen lassen sich Hinweise auf den Kies vor dem Schloss, die Teppiche, über die die Besucher im Inneren laufen und vieles mehr ablesen. „Wir können eine Staubwolke auf ihrem Weg durch das ganze Schloss nachvollziehen.“ Finden sich viele Ablagerungen an einem Möbelstück, nimmt man beim nächsten Mal einen anderen Teppich, um die Besuchsräume auszulegen.
Einen Blick ins CSI NY!
Zu den Textilkolleginnen soll es als nächstes gehen, aber vorher dürfen wir noch einen Blick ins Labor werfen. Das „CSI NY“ – der Name des Labors steht in diesem Fall nicht für die Crime Scene Investigation New York, sondern für Conservation Science Investigation Nymphenburg – nutzen alle Mitarbeiter des Restaurierungszentrums für Untersuchungen an ihren Objekten. Neben allerhand Gerätschaften, stehen hier auch Chemikalien und Pulver in den Schränken, die zur Analyse benötigt werden. Aus einem der Schränke holt Piening nun einen Ordner, in dem bunte Stoffstücke aufbewahrt werden. „Die haben Praktikanten gefertigt“, erklärt er. „Sie dürfen ausprobieren welches Färbemittel auf welchem Stoff welche Farbe ergibt.“ Da werde dann gekocht und gebrodelt, das Labor verwandele sich zum Spaß aller Beteiligten für ein paar Stunden in eine kleine Hexenküche.
Spannendes in der Textilrestaurierung
Von der Hexenküche aus geht es zurück durch die Möbelwerkstatt und durch einige Gänge hindurch zu den Textilrestauratoren. Dort zeigt uns die Restauratorin einen alten Stoffbezug, von dem nicht mehr klar ist, was er einmal überspannte. In dem roten Stoff ist ein großer Riss zu sehen und unterschiedliche Farben. „Da wurde schon einmal ausgebessert, deshalb hat der Bezug verschiedene Farben.“ Heute werde der Bezug ebenfalls geflickt und gereinigt, aber der Originalzustand lässt sich nicht wieder herstellen. Die Textilrestauratoren vergeben auch viele der Stücke an Freiberufler. Dazu erstellen sie selbst ebenfalls erst wieder ein Konzept mit der Analyse der Wandbespannungen, Bezüge, Vorhänge oder Tischdecken. Bei den Sitzmöbeln arbeiten sie Hand in Hand mit den Möbelrestauratoren. Im hinteren Teil des Raums hängen mit weißem Papier umwickelte, längliche Stäbe. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir, dass es sich dabei um die Aufhängungen von Lüstern handelt. Diese fallen ebenfalls in den Bereich der Textilrestauratoren, denn sie sind mit Gewebe umwickelt. Dort wo die Knoten aufgegangen sind, muss im Notfall geklebt werden. „Dabei müssen wir sehr vorsichtig sein, damit wir nicht zu viel Klebstoff erwischen.“ Auch die Eisenstäbe selbst können im Lauf der Zeit gelitten haben, dann gibt es Rostflecken auf dem roten Stoff. „An die Stäbe komme ich aber gar nicht ran, der Stoff außen herum ist mit einer speziellen Technik gewickelt, die ich nicht abmachen kann ohne alles zu zerstören“, erklärt Frau Langhorst. Es können also nur die abstehenden Stoffreste wieder angeklebt werden.
Es duftet nach Holz – Zu Gast bei den Bildhauern
Nach der Textilrestauration führt uns Piening zu den Bildhauern. Als er die Werkstatttür öffnet schlägt uns der Geruch von Holz und Harz entgegen. Überall auf dem Boden, zu sorgfältigen Haufen zusammengekehrt, liegen Holzspäne. Die beiden Bildhauer zeigen uns eines der Objekte an denen sie gerade arbeiten. Ein prunkvoll geschnitzter Holzstuhl, der Ludwig II. gehört hat. Der Stuhl ist nie fertig gestellt worden und verfügt weder über ein Sitzpolster noch gibt es prunkvolle Vergoldungen. „Der Stuhl soll, sobald wir fertig sind, ausgestellt werden. Es ist schön zu sehen, wie die Handwerker damals gearbeitet haben und das kann man, gerade weil er nicht fertig ist, hier besonders gut.“ Die Bildhauer haben am Stuhl ausgebrochene Stücke ersetzt, deutlich hebt sich das neu eingesetzte, helle Holz vom dunklen ab. Außer dem Stuhl werkeln sie gerade an einem Ornament aus Schleißheim. Das beinahe drei Meter hohe Fresko aus Holz, das an einer Tür befestigt ist, hat sich stark verzogen, Wind und Wetter haben ihre Spuren hinterlassen. Die Figur in der Mitte braucht einige Ersatzteile. „Wenn sie wieder ganz ist, kommt erst einmal eine Abdeckung aus Holz darüber, damit sie den Winter unbeschadet übersteht“, erklärt Piening. Im Frühling wird sie dann wieder öffentlich zugänglich gemacht.
Die Papierrestaurierung
Mit diesen Eindrücken machen wir uns auf in den ersten Stock, in die Papierrestaurierung. Es ist die kleinste Werkstatt, die wir bis jetzt zu sehen bekommen. Frau Mayr ist alleine dort, normalerweise sind sie zu dritt bzw. zu viert. Auf einem Tisch liegen drei Varianten eines Gemäldes nebeneinander. „Das Original können wir leider nicht mehr ausstellen. Deshalb haben wir jetzt diese Replikationen anfertigen lassen, wir müssen nur noch eine passende Variante aussuchen“ erzählt Mayr. Für den Laien nur minimale Unterschiede im Farbton der Gemälde erkennen wir bei genauerem Hinsehen. In einer Glasvitrine steht eine besondere Kostbarkeit. Eine Miniatur des Schlafzimmers aus Herrenchiemsee. Ludwig II. ließ des Öfteren solche Miniaturen anfertigen um Wandfarben und Bezüge auszutesten. Einige Teile der Miniatur sind aus Holz gefertigt. „Da arbeiten wir mit den Kollegen aus der Möbelrestauration zusammen.“ Überhaupt herrscht im Restaurierungszentrum ein freundschaftlicher Umgang. Die Fachkräfte unterstützen einander und arbeiteten Hand in Hand. Im Winter, wenn es etwas ruhiger wird und die Aufträge etwas weniger, arbeitet Mayr besonders gerne: „Da haben wir dann das Hörspiel laufen und jeder werkelt an seinem Tisch vor sich hin. Dann wird‘s gemütlich.“
Gemälde, Skulpturen und Vergoldung
Zu guter Letzt kommen wir in die Gemälde- und Skulpturenrestaurierung. Diese Abteilung ist in einem ehemaligen Stall untergebracht. Auf der linken Seite sind noch die Pferdeboxen erkennbar. In die Boxen hat man Schränke, Regale und allerhand Werkzeuge eingebaut. Eine Restauratorin arbeitet gerade an bemalten Kupferplatten, die vermutlich zu einer Kutsche gehören, eine andere hat Miniaturen vor sich liegen. „Jeder hat seinen Fachbereich und bestimmte Schlösser, das macht die Koordination einfacher“, so eine der Restauratorinnen, Frau Seidel. Die Restauratoren kennen die Eigenheiten der Gemälde und Schlösser dann besser. Hier bei den Gemälden ist auch die Vergolderwerkstatt angeschlossen. Das passt: So kann eine Kollegin die vergoldeten Rahmen restaurieren, während sich die andere um das Gemälde kümmert. Vergoldete Arbeitsproben lehnen an der Wand, sie sehen aus als ob sie zur Deko des Raums gehören. Wir dürfen auch einen Blick in die Büros oberhalb der Pferdeboxen werfen. Sie sind in einem Zwischengeschoss untergebracht. „Sie sind nicht besonders hoch, aber wir sind ja auch alle nicht die größten“, scherzt Seidel.
Nach einem netten Plausch gelangen wir schließlich wieder in den Innenhof. Unser Rundgang ist vorüber. Aber wir nehmen bleibende Eindrücke und viel interessantes Wissen mit. Herzlichen Dank dafür!