Von Lisa Caroline Heun
Die Nymphenburger Pelargoniensammlung
Mit Beginn der Renaissance entwickelte sich ein stetiges Interesse am Sammeln alles Exotischen, welches sich auch auf die Gartenkunst und die Ausstattung der herrschaftlichen Gärten erstreckte. Viele einflussreiche Herrschaftshäuser unterhielten Sammlungen seltener Pflanzen, die gute botanische und gärtnerische Kenntnisse voraussetzten. Die Pflanzen waren wegen ihrer aufwändigen Kultivierung sehr kostbar und dienten als Repräsentationsobjekte für die Macht und den Wohlstandes ihres Besitzers. Auch König Max I. Joseph von Bayern unterhielt nachweislich im Nymphenburger Schlosspark eine ausgeprägte Pflanzensammlung. Im „Hortus Nymphenburgensis“ von Alois Sterler (1787−1831) findet sich eine detaillierte Pflanzenliste zu den Pelargonien des Königs. Unter Mitwirkung des Schlossgärtners Uwe Steger wurde die Tradition der Pflanzensammlung von der Bayerischen Schlösserverwaltung wieder aufgenommen und eine neue Pelargonien-Sammlung in der Nymphenburger Schlossgärtnerei aufgebaut. „Wir haben eine gewisse Verpflichtung das Alte zu bewahren. Und dazu gehört nicht immer nur ein Schloss, und eine Burg oder ein Holzstuhl, sondern auch diese Gewächshäuser und insbesondere auch die Pflanzen, die damals für die königlichen Hoheiten gesammelt und gezüchtet worden sind.“, lautet die Begründung des Gartenmeisters für die Entscheidung, sich dieser Aufgabe anzunehmen.
Seit 2016 hat sich die Pelargonienausstellung als jährliches Highlight in der Frühlingszeit im Geranienhaus des Nymphenburger Schlossparkes etabliert. Hier präsentiert die Bayerische Schlösserverwaltung die unter liebevoller Pflege des Gartenmeisters stehende Pflanzensammlung mit mehr als 120 verschiedenen Arten und Sorten aus der Gattung Pelargonium, welche die unterschiedlichsten Formen zusammenbringt: Duftpelargonien mit nach Zitrone, Apfel, Rose oder Muskatnuss riechenden Blättern, Pelargonien mit Blüten in jeglicher Form von zart besaitet und filigran bis auffallend bunt und großblütig, gefüllt oder in ihrem Aufbau Rosen bzw. Tulpen ähnelnd, Blattschmuckpelargonien mit weicher Behaarung, auffällig bunten Ringen oder feingliedrigster Aufteilung, Kleinwüchsige Wildformen oder Miniaturpelargonien sowie sukkulente und geophytische Pelargonien mit besonderem Habitus, die kaum mit der gemeinen Balkon-Geranie in Zusammenhang gebracht werden können. Die Vielfalt ist faszinierend und die Ausstellung ein Muss für jeden Pflanzenliebhaber. Ein Erlebnis für alle Sinne!
Hinter den Kulissen
Aber bis zur Ausstellungseröffnung gibt es immer viel zu tun. Wir zeigen Euch heute einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der Ausstellungsvorbereitung. Auf welche Dinge achtet Gartenmeister Steger besonders bei der Pflege seiner Pelargonien? Wie lässt sich die Blütezeit steuern, um genau zur Ausstellungszeit dieses Blütenmeer präsentieren zu können? Wo kommen die Pflanzen während des restlichen Jahres unter? Wann und wie wird aufgebaut? Was muss für eine solche Ausstellung sonst beachtet und organisiert werden? Eines kann ich an dieser Stelle schon verraten – es steckt viel Arbeit und besonders viel Liebe und Leidenschaft dahinter!
Jede Ausstellung braucht zunächst einen Zeitrahmen und einen Eröffnungstermin, auf den alle weiteren organisatorischen Planungen ausgerichtet sind. Generell orientiert sich dieser bei einer Pflanzenausstellung maßgeblich an der natürlichen Blütezeit der Pflanzengattung, welche bei neunzig Prozent der Pelargonien Ende April beginnt. Zudem müssen die Ausstellungsvorbereitungen innerhalb der Schloss- und Gartenverwaltung Nymphenburg zu Beginn der Pflanzzeit der Sommerbepflanzung abgeschlossen sein, da hierfür alle verfügbaren Kräfte benötigt werden, um die Schmuckrabatten in den Parterrreanlagen zu bepflanzen. Die Ausstellung eröffnet daher in die kalendarische Planung des Regiebetriebes eingetaktet stets Anfang Mai.
Ein Blick in die Schlossgärtnerei
Bis dahin bereitet Gartenmeister Uwe Steger seine geliebten Pelargonien auf ihren großen Auftritt vor. Wer sich an dieser Stelle bahnbrechende Tipps zur Pflege erhofft, ist hoffentlich nicht sehr enttäuscht, wenn wir Euch nun eröffnen, dass es überhaupt keine Tricks gibt. Die einzige Kunst bei der Kultivierung der aus Südafrika stammenden, trockenheitsliebenden Pelargonie besteht darin, sie mit wenig Wasser über die ganze Kultivierungszeit zu bringen. Weniger Wasser ist mehr, lautet die Devise! Ansonsten ist die Gattung tatsächlich sehr pflegeleicht.
Nach einem ersten Schnitt im Herbst, bei dem kranke Blätter entfernt und die Triebe eingekürzt werden, stehen die Pelargonien bis zum Frühjahr bei 8°C trocken im großen Gewächshaus der Schlossgärtnerei, ohne dass sie weiterer Aufmerksamkeit bedürfen. Dieses verlassen sie übrigens auch nur zur Ausstellung! Nachdem ab Januar die Temperatur zur Konditionierung der Pflanzen allmählich erhöht wird, beginnt der Gartenmeister Erziehungsschnitte vorzunehmen. „Mein Ziel ist eine möglichst authentische Präsentation der Wuchsformen wie sie am Wildstandort zu finden sind.“, erklärt er sein Vorgehen. Dafür greift er unter anderem auch auf Abbildungen und Fotos als Vorbild zurück. Um die Blüten- und Samenausbildung der Wildformen ähnlich wie in der Natur anzuregen, werden zudem die Gießintervalle verkürzt und kurz vor Ausstellungseröffnung noch mit speziellen Düngemitteln gefördert. Der Rest kann dem natürlichen Verlauf überlassen werden, so Steger:
„Der Mensch kann eine Pflanzenausstellung nicht so perfekt steuern, wie er es bei anderen Sammlungen, bei denen beispielsweise Bilder an die Wand gehängten werden, kann. Die Pelargonie ist ein lebendes Objekt. Sie blüht jedes Jahr anders und eine Pflanze, die im letzten Jahr besonders schön war, kommt dieses Jahr vielleicht schon früher zur Blüte. Dann bleibt sie im Gewächshaus und eine andere wird ausgestellt. Eine solche Sammlung ist nichts Statisches, Festes und Eingestandenes. Sie verändert sich regelmäßig und das macht sie besonders!“
Hand in Hand bis zur Ausstellungseröffnung
Natürlich braucht eine solch faszinierende Pflanzensammlung ein gebührendes Ambiente für ihre Präsentation. Was würde sich hierfür besser eignen als ein historisches Gewächshaus, welches den Begriff > Geranie < bereits im Namen trägt? Herausgeputzt und in Szene gesetzt wird das Geranienhaus durch den gemeinsamen Einsatz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Parkbetriebs und der Schlossgärtnerei Nymphenburg. Auch das Umfeld des Außenbereichs, die Gartenschau, wird hier in liebevoller Manier für die Besucher noch einmal ausgebessert sowie durch das Parkteam mit Holzbänken ausgestattet und durch Kübelpflanzen geschmückt.
Apropos Zusammenarbeit: Die Bayerische Schlösserverwaltung wird die Ausstellung in diesem Jahr erstmals durch eine Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten München-Nymphenburg um einen zusätzlichen Raum im Geranienhaus erweitern. Dort werden dann die interessantesten Pelargonien der Botanischen Sammlungen in einer Sonderschau zu sehen sein!
Vor und während des Trubels um die Ausstellung im Schlosspark kümmern sich die Gärtenabteilung und die Öffentlichkeitsabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung um die konzeptionelle Ausgestaltung, den reibungslosen Ablauf und die Organisation von Werbe- und Presseartikeln, die offizielle Ausstellungseröffnung sowie die Ausarbeitung eines Führungsprogramms, das wir Euch in diesem Jahr anbieten wollen. Auch das Schreiben dieses Blogbeitrages für unsere interessierten Leser gehört hier dazu und macht mitunter am meisten Spaß! 🙂
Nur noch wenige Tage…
Der eigentliche Aufbau der Ausstellung nimmt am wenigstens Zeit in Anspruch, steht uns aber noch bevor. Durch die Erweiterung der Präsentationsfläche wird es dieses Jahr allerdings ein Rennen gegen die Zeit! In wenigen Tagen müssen aus dem zusätzlichen Raum Einbauten entfernt, das Gewächshaus gesäubert, die Treppen-Stellagen zur Präsentation der botanischen Sammlung aufgebaut und die knapp 200 Pelargonien von den Gärtnereien abtransportiert und im Geranienhaus aufgestellt und geordnet werden. Ganz schön anstrengend – vor allem wenn man das Gewicht der Holzstellagen in ihren Einzelteilen bedenkt. Aber auch die großen Pelargonien wiegen in ihren Tontöpfen mit Erde gerne 8 Kilogramm oder mehr – und davon haben wir eine beträchtliche Anzahl.
Aber der Stress und die Anstrengung werden sich wieder lohnen! Überzeugt Euch doch ab dem 8. Mai bis einschließlich 19. Mai 2019 einfach selbst von dem Ergebnis unserer Arbeit. Das ganze Team freut sich riesig darauf, der Öffentlichkeit wieder eine tolle Ausstellung zu präsentieren.
Die Ausstellung ist täglich von 10 – 16 Uhr zu bestaunen. Und sollte Euch dabei eine ähnliche Sammel- und Pflanzenleidenschaft packen wie uns, dann könnt Ihr am 18. und 19. Mai blühende Schönheiten beim extern organisierten Pelargonienverkauf vor dem Geranienhaus für Euer Zuhause erwerben – nur natürlich nicht unsere eigenen Ausstellungsstücke! 🙂
Alle Informationen zur Ausstellung gibt es auch auf unserer Webseite.