Um euch die Wartezeit bis zur Wiedereröffnung unserer Schlösser und Burgen nach dem langen Corona-Winter zu verkürzen, präsentieren wir euch die Lieblingsräume und -objekte unserer Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Heute sind wir in Landshut in der Burg Trausnitz und in der Stadtresidenz zu Gast.
1. Der Weinkeller Herzog Ludwigs X.
Der Weinkeller Herzog Ludwigs X. ist der Lieblingsraum unseres Kastellans der Burg Trausnitz, Herrn Höchstetter. Dieser spektakuläre Raum, ein besonderes architektonisches Monument der fürstlichen Hofhaltung auf der Burg Trausnitz, war bereits in vielen TV-Produktionen zu sehen.
Sechzig Stufen führen hinab in das ab 1541 erbaute gigantische Weinlager des letzten Herzogs von Niederbayern. Unten angekommen, glaubt man soeben eine mittelalterliche Hallenkirche betreten zu haben. Schon 1812 bemerkte der Burgchronist Anton Furthner: „Dieser Keller, so er über der Erde stünde, würde einen sehr schönen Tempel geben, so hoch und kühn und schön sind seine Gewölbe“. Und in der Tat, der riesige Weinkeller mit seinen über 450 m² Lagerfläche würde selbst dem Bacchus zur Ehre gereichen. Mächtige Pfeiler mit einer Grundfläche von nahezu 6 m² stützen das Kreuzgewölbe des Weinkellers. Einst beherbergte der Keller drei riesige Weinfässer mit einem Gesamtvolumen von gut 200 000 Litern, was dem Jahresverbrauch am Landshuter Hof entsprach.
Auch so manchen Location-Scout der Filmindustrie konnte die monumentale Erscheinung des historischen Weinkellers überzeugen. Für zahlreiche Geschichtsdokus und Filmproduktionen wie „Bibi Blocksberg“, „Die Vampirschwestern“ oder zuletzt für die ARD-Reihe „Oktoberfest 1900“ diente der Weinkeller als Filmkulisse. Neben der beeindruckenden Architektur und der atmosphärischen Stimmung dürfte die mit konstant 8° Celsius erfrischende Kellertemperatur den Schauspielern und Filmteams gut in Erinnerung bleiben.
2. Die Turmuhr der Burg Trausnitz
Das Lieblingsobjekt unseres Kastellans Herr Holzer ist die alte Turmuhr der Burg Trausnitz, die am höchsten Punkt des Torbaus prangt. Seit über 120 Jahren gibt sie dem Hofberg, aber auch der darunterliegenden Stadt, die Zeit an. Als eine der letzten mechanischen Uhren in Niederbayern bedarf sie täglicher Aufmerksamkeit seitens des Burgpersonals.
Die schweren Gewichte des Uhrwerks und der beiden Schlagwerke müssen einmal pro Tag mit einer Kurbel nach oben gezogen werden, damit die Zeit nicht stehen bleibt. Das fast drei Meter lange Pendel sorgt für einen erstaunlichen Gleichlauf – auch nach über hundert Jahren Laufzeit der Uhr. Tagaus, tagein wollen die Werke der Turmuhr aufgezogen werden und manchmal sind auch kleine Zeitkorrekturen an der Uhr notwendig. So sorgt die Trausnitzuhr nicht nur für eine genaue Uhrzeit weit über das Burggelände hinaus, sie informiert die Besucher auch über den Beginn einer spannenden Führung durch die Räume der Tausnitz.
3. Die Allegorie der Rhetorik im Götterzimmer
Das Lieblingsobjekt unseres Kollegen Herrn Auer befindet sich an der Nordwand des Italienischen Anbaus im sogenannten Götterzimmer – es ist das Gemälde „Allegorie der Rhetorik“ von Frans Floris de Vriendt. Darauf befindet sich ein Hinweis, wie man in der Renaissance für ein bisschen mehr Leben in den eigenen vier Wänden sorgte.
Die Kunst der freien Rede ist in Gestalt einer sitzenden Dame dargestellt. In ihrer Linken hält sie den von zwei Schlangen umwundenen Stab des Götterboten Hermes. Zu ihren Füßen liegen Bücher, die Namen Demosthenes und auch Cicero werden bei näherer Betrachtung lesbar.
Auf den Werken bedeutender Redner der Antike hat sich dort – gut erkennbar – ein Dompfaff oder Gimpel eingefunden. Den Menschen der Renaissance war dieses Tier als Käfigvogel gehalten, ein geschätzter Wohnungsgenosse gerade in der Winterzeit: Mit etwas Geduld und Hingabe konnte man ihm einfache Melodien beibringen, die er in der Folge immer wieder von sich gab; es wird berichtet, dass manche Exemplare sogar bis zu drei Lieder auswendig konnten.
Geschickte Trainer waren wohl auch fähig, dem Dompfaff das „Reden“ beizubringen. Einzelne Wörter bis ganze Sätze war der Vogel in der Lage zu imitieren, wenn man sich nur geduldig immer wieder mit ihm befasste. Auf unserem Bild steht der Gimpel also symbolhaft für die grundsätzliche Redebegabung, zeigt aber nebenbei schön auf, wie man im 16. Jahrhundert allzu großer Stille oder erzwungener Einsamkeit entgegenzutreten versuchte.
4. Die Anna Selbdritt-Gruppe aus der Schlosskapelle der Burg Trausnitz
Burgführerin Claudia Greipl stellt uns ihr Lieblingsobjekt aus der Burg Trausnitz vor: Die Anna Selbdritt-Gruppe aus der Zeit Herzog Ludwigs X. von um 1510/20. Sie ist aus Terrakotta und farbig gefasst.
„Selbdritt“ bedeutet „zu dritt“ – hier zeigt sich die Parallele zur Zahl 3 als göttliche Zahl. Die Plastik als Dreigenerationenbild zeigt die Heilige Anna, ihre Tochter Maria und deren Sohn Jesus als kleinen Knaben. Die Heilige Anna wird als ältere Frau dargestellt, als Ahnin und Großmutter und entspricht somit der Rolle als Hüterin und Fürsprecherin von Familie, Mutter und Ehe. Ihre Tochter Maria wird als junge Frau dargestellt (Jungfrau), was durch langes und offen getragenes Haar zum Ausdruck gebracht wird. Jesus, die dritte Generation, ist als kleines Kind abgebildet. Selbdritt-Darstellungen tauchen in unterschiedlicher Anordnung auf. In vielen Fällen sitzen Maria und Jesus auf Annas Schoß. Es gibt aber auch Darstellungen mit beiden Frauen nebeneinander und dem Kind in der Mitte oder Jesus auf Annas Schoß, während Maria daneben steht. In der Landshuter Gruppe sitzen beide auf Annas Schoß, Jesus zur Rechten und Maria zur Linken, umfangen von den schützenden Händen Annas. Auffallend bei vielen Darstellungen sind die oft nicht zueinander passenden Größenverhältnisse. Maria erscheint von den Proportionen her meist nur minimal größer als ihr Sohn. Oft wird der Größenunterschied sogar noch dadurch hervorgehoben, dass der kleine Jesus auf Annas Schoß steht. In der Landshuter Plastik ist das Größenverhältnis sehr extrem. Das Jesuskind ist proportional wesentlich größer als seine Mutter und sitzt dazu noch erhöht auf einem Kissen. Die gesamte Plastik wirkt eher grob, vor allem Mutter und Sohn sind nicht besonders fein herausgearbeitet, was der Gesamterscheinung allerdings wieder einen gewissen Charme verleiht.
Im späten Mittelalter nahm die Verehrung der Heiligen Anna stetig zu. Ein weiterer Aufschwung folgte im 16. Jahrhundert, als viele Annenkapellen entstanden, die sich oft zu Wallfahrtsstätten entwickelten. Altäre wurden zu Ehren der Heiligen Anna geweiht und zu dieser Zeit entstand wohl auch die Anna Selbdritt-Gruppe in unserer Burgkapelle.
5. Renata von Lothringen
Burg- und Residenzführerin Frau Holzer stellt uns ihr Lieblingsobjekt der Burg Trausnitz vor: Das Gemälde der Renata von Lothringen.
Am 22. Februar 1568 heiratete Renata von Lothringen den Erbprinzen Wilhelm von Bayern.
Das prunkvolle Hochzeitsfest dauerte 18 Tage, es wurde in München gefeiert. Durch ihre Heirat war Renata Herzogin von Bayern geworden. In den ersten Ehejahren residierte das Paar in Landshut auf der Burg Trausnitz. So aufwendig wie die Hochzeit war wohl auch die Hofhaltung des Paares in Landshut. Das kunst -und kulturbegeisterte Paar ließ die Burg modernisieren und in dem neuen Ambiente wurden rauschende Feste gefeiert. Nach der ausgelassenen Landshuter Zeit regierte das Ehepaar von München aus.
Wenn man sich in den Räumen aufhält, gelingt es vielleicht, ein bisschen in die Lebenswirklichkeit der damaligen Bewohner einzutauchen und sich vorzustellen, wie Renata aus dem Fenster ihrer Stube auf die Stadt Landshut blickte.
Renata war beliebt, denn sie war eine wohltätige Landesmutter und ihren Untertanen zugetan. Sie muss sehr beschäftigt gewesen sein als Mutter von 10 Kindern, fand aber immer Zeit, sich für Kranke und Notleidende zu engagieren. Laut Überlieferung sagte Herzog Wilhelm über sie: „Wollte man die Liebe malen, so müsse man ein Porträt der Herzogin anfertigen, denn in ihr sind alle Eigenschaften der Liebe vereint.“
6. Wandgemälde über der Eingangstür der Neuen Dürnitz
Das Lieblingsstück von Burgführer Herr Striebritz ist das Wandgemälde über der Eingangstür der Neuen Dürnitz. Die Halle wurde in den 1460ern im Rahmen einer Erweiterung der Burg unter Ludwig den IX. von Bayern-Landshut errichtet. Die Halle diente repräsentativen Zwecken und war ursprünglich sicherlich komplett ausgemalt.
Schon in der Alten Dürnitz, dem ehemaligen Saal aus dem Hochmittelalter, waren, wie man an zahlreichen Fragmenten sehen kann, Säulen und Wände sämtlich farblich ausgestaltet; das ist deshalb interessant, da viele Besucher – in unserem Zeitalter der nackten Wand – erst einmal glauben, die Herrensitze des Mittelalters wären steinscheinige Gebäude gewesen, auf denen das architektonische oder gestalterische Grau(en) geherrscht hätte. Mitnichten. Über die Zeiten hinweg ist lediglich die Farbe abgegangen …
Um 1400 dürfte die Trausnitz als Herrensitz in die Jahre gekommen sein und dazu musste man mit der Mode gehen. Als wurde umgebaut und ausgebaut.
Die Reste der Malerei über der Eingangstür könnte für Ludwig Bedeutung gehabt haben. War es das annektierte Donauwörth? War es das eroberte Eichstätt? Oder eine Darstellung Reichenhalls, das die Reichen Herzöge überhaupt erst reich gemacht hatte? Wir werden es vermutlich nicht mehr erfahren.
7. Die Deckengemälde der Arachne-Zimmer in der Stadtresidenz Landshut
Der Lieblingsraum unserer Residenzführerin Frau Russo ist das Arachne-Zimmer der Stadtresidenz Landshut. Es befindet sich im Italienischen Bau, im Erdgeschoss.
Anhand eines antiken Beispiels wird hier gezeigt, dass die Überheblichkeit der Menschen von den Göttern bestraft wird. Die Geschichte handelt von der Weberin Arachne und der Göttin Pallas Athene. Arachne ist eine begnadete Weberin aus einfachsten Verhältnissen, jedoch sehr hochmütig. Sie fordert die Göttin Pallas Athene, die Schutzpatronin der Weber, zum Wettstreit heraus, welche von beiden kunstvoller weben könne.
Im Mittelbild des Gewölbes treffen die Damen aufeinander. Die Weberin Arachne im goldenen Gewand, die Göttin Pallas Athene erscheint im blauen Gewand. Im Hintergrund des Bildes ist zu sehen, dass sich Athene als Greisin verwandelt hat. Sie möchte nochmals Arachne vor ihrer Überheblichkeit warnen, die Göttin herauszufordern.
Diese 3 Lünetten an der Westwand erzählen das Ende der Geschichte:
Die Göttin Pallas Athene züchtigt Arachne mit dem Weberschiffchen. Die Weberin Arachne erhängt sich aus Kummer und Verzweiflung. Die Göttin benetzt den Körper mit einem Zaubersaft und Arachne verwandelt sich in eine Spinne. Aufgrund ihrer Überheblichkeit wurde ihr die Gestalt genommen, jedoch vor der Fertigkeit zu weben kapitulierte die Göttin.
Herzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen für die Vorstellung ihrer Lieblingsbereiche! Alle freuen sich schon sehr auf künftige Zeiten, wenn sie euch, liebe Leserinnen und Leser, ihre Häuser wieder persönlich vor Ort näherbringen dürfen.