Geheimnisse, Hinter den Kulissen, Residenz München

Vorhang auf für unsere neue alte Schlossfassade!

Münchnern, die die letzte Woche den Max-Joseph-Platz überquerten, ist die Veränderung vielleicht gar nicht aufgefallen – so sehr hat sich mancher in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, den Königsbau, also den südlichen Flügel der Residenz und eine Hauptfassade des Schlosses, von der riesigen, eben mit dieser Fassade bedruckten Schutzplane verhüllt zu wissen.


Die letzten Schleier fallen – endlich!


Jetzt aber – rechtzeitig zu Weihnachten, wo ja traditionell beeindruckende Pakete ausgepackt werden -, ist diese zwischenzeitlich recht verblichene Plane endlich gefallen! Was sich dem Betrachter von nun an wieder präsentiert, ist die gründlich sanierte Fassade aus (leider nicht unempfindlichen) Grünsandstein, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Nähe von Kelheim gebrochen wurde, mit seinem charakteristischen – eben grüngelben – Farbton.

1826 – ziemlich unmittelbar nach der von ihm sehnsüchtig erwarteten Thronbesteigung – hatte König Ludwig I. „seinen“ Architekten Leo von Klenze beauftragt, den schon länger gemeinsam geplanten modernen Wohnpalast zu errichten. Als Standort hatte man die noch ungestaltete Südseite des Residenzareals ausgewählt, die bis dahin neben dem neu erbauten, tempelartigen Nationaltheater ziemlich schäbig gewirkt hatte.


Leo von Klenze – deutlich gezeichnet von den täglichen Begegnungen mit Ludwig I. …


Hinter dem enthusiastischen königlichen Bauherrn und dem Architekten, einem namhaften Verfechter des klassizistischen Kunstideals, lagen bei der Grundsteinlegung des Gebäudes allerdings bereits Jahre stürmischer Auseinandersetzungen – sowohl bezüglich der großen Linie als auch in Detailfragen, die die Umsetzung dieses großen Projekts betrafen – und das sollte sich auch bis zur Vollendung des Königsbau im Jahr 1835 nicht mehr großartig ändern.

Ein besonders langwieriger Diskussionspunkt bildete dabei eben auch unsere Fassade – verständlich, da ja sie das „Gesicht“ der königlichen Wohnstätte gegenüber der Bürgerstadt bilden würde. Klenze, dem Liebhaber der Antike und der großen Form, schwebte ein großartiges dreistöckiges Entrée mit Säulen und Bogenstellungen vor, das sich am Vorbild der römischen Stadtpaläste orientierte. Seine Vision hätte einen monumentalen, ernsten Paukenschlag inmitten der kleinteiligen Altmünchner Stadtbebauung tönen lassen.


Ein Entwurf Klenzes für den Königsbau von 1824


Ludwig favorisierte dagegen Vorbilder der Früh- und Hochrenaissance, die er bei einem Besuch in Florenz kennengelernt hatte: Die eleganten, in puncto Prunk und Pracht aber eher zurückgenommenen Palazzi der (urspünglich bürgerlichen) Florentiner Patrizier hatten es ihm angetan. Allerdings ging es bei der Vorliebe für diese architektonischen Vorbilder zweifellos weniger um eine Verbeugung gegenüber dem Münchner Bürgertum. Eher sollte wohl  die neue Schlossfassade hinweisen auf das ausgedehnte künstlerische Mäzentatentum des neuen Königs, dessen ideelles Vorbild Ludwig gleichfalls ein Stück weit in Florenz verortete – Hier waren ja bekanntermaßen Kunst und Wissenschaft im 15./16. Jahrhunderts in besonderer Weise durch die Medici und die mit ihnen konkurrierenden Familien gefördert worden. Kurz – wer einmal in Florenz vor dem Palazzo Pitti, dem einstigen Sitz der toskanischen Großherzöge aus dem Hause  Medici, oder dem nicht weit entfernten Palazzo Ruccellai gestanden hat, weiß, wer sich in der Münchner Fassaden-Debatte durchgesetzt hat…


nicht ganz unähnlich: Stadtfassade des Palazzo Pitti


Egal aber, ob nun Florenz oder Rom Pate gestanden hat – wir im Residenzmuseum freuen uns auf jeden Fall am frisch sanierten, italienischen Flair unserer Münchner Klenzefassade. Aber die klassische Ruhe ihrer Proportionen täuscht – hinter dem Grünsandstein gehen Sanierung und musealer Ausbau ungebremst und mit Feuereifer weiter. So dürfen wir hoffen, unseren Terminplan einzuhalten, und bis 2015/16 endlich wieder die prunkvollen Wohnräume Ludwigs I. präsentieren zu dürfen, und zugleich die Besucher mit einer Vielzahl komplett neuer Sammlungsräume zu überraschen.

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