Dass die Rahmung eines Gemäldes dessen Wirkung in hohem Maße mit beeinflusst, ist inzwischen fast schon eine Binsenweisheit. Daher ist es eigentlich erstaunlich, wie lange dieser Faktor relativ wenig beachtet wurde. Oft als reines, wenn auch unverzichtbares Beiwerk erachtet, sollte die Rahmung häufig bloß nicht von dem Werk, das sie umschloss, ablenken und trat daher so weit wie möglich zurück.
Umso schöner ist, dass sich inzwischen nicht nur eigene, aufwändig illustrierte Publikationen mit Geschichte und Vielfalt historischer Rahmungen beschäftigen, sondern auch ganze Ausstellungen zu diesem Thema stattfinden, wie etwa vor einiger Zeit in der Alten Pinakothek in München.
Auch wir in der Grünen Galerie sind diesbezüglich ziemlich fanatisiert, und – dieser vorhersehbare Scherz muss jetzt einfach mal gestattet sein – fallen fast aus dem Rahmen, wenn wir uns mit dieser Thematik befassen. Allerdings hat dieser Enthusiasmus einen sehr plausiblen Grund: In unserem Prunkraum können wir das inzwischen überaus seltene Beispiel einer Gemäldesammlung präsentieren, in der die Werke (bis auf wenige Ausnahmen) noch – beziehungsweise wieder – in ihren originalen Rahmen zu bewundern sind. Und zwar sind es die Rahmen, die eigens für die Präsentation genau dieser Bilder in diesem speziellen Raum geschaffen worden sind!
Das hört sich zunächst einmal trotz Ausrufezeichen vielleicht nicht sonderlich spektakulär an. Doch überlegen wir kurz: Wie selten überdauert etwa ein Porzellanservice, eine Schreibgarnitur oder vergleichbare Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände auch nur zwei Generationen als vollständiges Ensemble? Irgendwas geht zu Bruch, wurde der verhassten Schwiegertochter vorenthalten, konnte im Single-Haushalt nicht mehr komplett gebraucht werden…
Im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten verlieren fast alle Gemälde und ihre Rahmen einander auf ähnliche Weise. Vor allem der wechselnde Geschmack hat daran großen Anteil: entweder findet man den Rahmen oder seinen Inhalt nicht mehr modisch passend – oder das eine zu kostbar für das andere; auf jeden Fall werden beide getrennt. Aus diesen Gründen genießen Gemälde, die nach zwei oder gar drei Jahrhunderten noch in ihren ursprünglichen Rahmen erscheinen, als Ensemble Seltenheitswert. Viel häufiger ist der Fall, dass Bilder, die sich ansprechend in einem prächtigen, aus derselben Epoche stammenden Rahmen präsentieren, nachträglich kombiniert worden sind. Es handelt sich gewissermaßen um Zufallsbekanntschaften, für die sich zumindest einer der beiden Partner – hier berühren sich mal wieder Kunst und Leben – meist kräftig anpassen muss und mitunter in seiner Persönlichkeit kräftig beschnitten wird: Wenn Rahmen und Bild vom Format nicht genau passen, kann das Gemälde oft durch Anstückungen auf die richtige Länge gebracht werden. Oder aber der Rahmen wird eingekürzt. Das ist, gerade bei kostbar geschnitzten Rahmen mit symmetrisch verteilten Ornamenten, die man nur in den unverzierten Partien zwischen Eck- und Mittelkartuschen verändern kann, in der Regel ein unerfreulicher Eingriff. Er wird deshalb auch meist nur vorgenommen, wenn der Rahmen in Laufe seiner Geschichte schon einmal vergrößert oder verkleinert worden ist.
Insofern sind Prunkrahmen des 18. und 19. Jahrhunderts auch ohne Bilder hoch begehrte Objekte auf dem Kunstmarkt. Sie bestechen nicht nur durch Schönheit und Originalität ihrer Ausführung. Sie werden auch stets von Museumsleuten gierig taxiert, die dem einen oder anderen Stück der eigenen Sammlung, das sein Dasein in einer langweiligen, unattraktiven Goldleiste mit 0815-Profil fristet, neuen Glanz verleihen möchten.
Vor diesem Hintergrund versteht man wahrscheinlich unseren Stolz, mit dem wir den Besuchern heute noch über 70 Gemälde in ihren von Francois Cuvillies gestalteten, von Johann Joachim Dietrich und Wenzelaus Miroffsky um 1730 geschnitzten Prunkrahmen präsentieren. Die Faszination, die von den goldschimmernden Schnitzornamenten ausgeht, beruht nicht nur darauf, dass es sich hier um elegante Kunstwerke aus eigenem Recht handelt. Vielmehr wird in der gemeinsamen Betrachtung von Bild und Rahmen unmittelbar anschaulich, wie das 18. Jahrhundert das Verhältnis von Malerei und Dekoration, in heutigen Worten vielleicht von „Hochkunst“ und „Gebrauchskunst“ – oder Bild und Kontext betrachtete. Dass die Rahmung dabei eine höchst aktive Rolle spielte, wird wohl schon deutlich und wir laden darum ein, diese Bedeutung in den folgenden Beiträgen mit nachzuvollziehen.
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