Geheimnisse

„Elende Opfer für den unmenschlichen Ehrgeiz der Fürsten“ – Kunst und Krieg in Höchstädt 1704

Altbayerischer Offizierdegen Bayerisches Wappen

Der Degen war im 17. und 18. Jahrhundert eine gängige und gefährliche Stichwaffe. Sie wurde von Kavallerie und Infanterie im Krieg verwendet und zeigte die militärische Zugehörigkeit des Besitzers und seinen Rang an. So hatten Offiziere mehr oder weniger aufwändige Verzierungen an den (vergoldeten oder versilberten) Griffen oder an der Klinge. Der Gala- oder Paradedegen wurde nicht in der Schlacht verwendet, sondern war Bestandteil der Garderobe von Offizieren und Adligen.

Altbayerischer Offizierdegen mit Inschrift 'Max Emanuel', um 1710. Inv.Nr. HöS.Wa0017. Bayerische Schlösserverwaltung, Schloss Höchstädt.

Altbayerischer Offiziersdegen mit Inschrift ‚Maximilian Emanuel‘, um 1710, Schloss Höchstädt“

Ein 300 Jahre altes Prachtexemplar

Dieser bayerische Offiziersdegen der Infanterie aus der Max Emanuel-Zeit ist ein sehr seltenes Exemplar. Um 1710 gefertigt, ist er über 300 Jahre alt. Zu etwas Besonderem machen ihn die aufwändigen Gravuren an der Klinge, die das bayerische Wappen und die Inschrift „Vivat Maximilian Emanuel“ zeigen. Derartig verzierte und beschriftete Waffen aus dieser Zeit sind äußerst selten. Trotzdem handelt es sich nicht um einen Paradedegen, sondern um eine voll funktionsfähige Waffe. Zwar waren damals auch schon Gewehre gebräuchlich, jedoch waren sie durch die umständliche Ladetechnik und Zündung nicht schnell zu bedienen. Deshalb behielten die traditionellen Hieb- und Stichwaffen weiter ihre Berechtigung im Kampf.

Altbayerischer Offizierdegen

Degen und Redewendungen

Der so genannte Haudegen war im Gegensatz zur zweischneidigen Stichwaffe auf Hieb ausgelegt und hatte eine einschneidige Klinge. Bis heute überlebt hat die Bezeichnung „alter Haudegen“ für einen im zivilen Leben erfahrenen, „kampferprobten“ Menschen.

Auch der Begriff „unter der Fuchtel stehen“ entstammt dem Einsatz des Degens beim Militär. Zur (vergleichsweise milden) Bestrafung wurden Unteroffiziere und Kadetten mit der flachen Seite des Degens auf den Rücken geschlagen. Als Fuchtel wurde die breite Degenklinge bezeichnet. Einfache Soldaten wurden mit dem Stock geprügelt oder zu schlimmeren Strafen verurteilt.

Ausstellung schlacht von höchstädt

Dauerausstellung ‚Schlacht von Höchstädt 1704‘ im Schloss Höchstädt

Schlacht und Schlachtfeld

In der Schlacht von Höchstädt, einer der blutigsten Schlachten des 18. Jahrhunderts, gingen über 100.000 Soldaten mit Hieb- und Stichwaffen, Gewehren, Kanonen und Handgranaten aufeinander los. Es war eine der Entscheidungsschlachten im Spanischen Erbfolgekrieg. Das bayerische Heer kämpfte an der Seite der Franzosen gegen die am Ende siegreiche Koalition der englischen und österreichischen Truppen. Einen Tag lang, am 13. August 1704, fand das Gemetzel statt, das über 25.000 Tote und Verletzte forderte. Sicher nicht zimperliche Zeitgenossen bezeichneten die Schlacht als „greulichstes Spectaculum“.

Ausstellung Schlacht von Höchstädt_Kanonenkugeln kl

Bis heute gibt das Schlachtfeld zwischen den Ortschaften Höchstädt und Blindheim Überreste des Kampfes frei – Munition, Teile von Rüstungen und Waffen. Schon damals war vielen Beobachtern klar, dass neben den Soldaten besonders die zivile Bevölkerung durch die gezielte Verwüstung des Landes die Leidtragenden der politischen und militärischen Auseinandersetzungen waren. Der Diplomat J. de Blainville urteilte ein Jahr danach, nach dem Besuch des Schlachtfeldes: „Elende Opfer für den unmenschlichen Ehrgeiz der Fürsten.“ Ein Ausspruch, der bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Max Emanuel_kurfürst

Kurfürst Max Emanuel von Bayern, Joseph Vivien, 1706. Residenz München, Reiche Zimmer

Erbstreit in Europa

Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) ging es um das Erbe des letzten spanischen Habsburgers, Karls II. Da er kinderlos starb, gab es in der weitverzweigten Familie mehrere Kandidaten für die Nachfolge. Karl selbst hatte den Franzosen Philipp V. zum Erben eingesetzt. Dies wollten die österreichischen Habsburger unter Kaiser Leopold I. nicht akzeptieren, da sie eine spanisch-französische Übermacht fürchteten. In Koalition mit England und den Niederlanden boten sie einen eigenen Kandidaten als Erben auf.

Da Verhandlungen erfolglos blieben, fanden die Auseinandersetzungen auf dem Schlachtfeld statt. Bayern war mit Frankreich verbündet, und so nahm der Kriegsschrecken auch in Bayern seinen Lauf.

Ausstellung Schlacht von Höchstädt_Porträts kl

Raum der Kriegsparteien, Dauerausstellung Schlacht von Höchstädt 1704 im Schloss Höchstädt

1713/14 einigten sich die kriegführenden Parteien in Friedensverhandlungen auf eine neue Friedensordnung in Europa. Mit den Friedensschlüssen von Utrecht und Rastatt kristallisierte sich eine Machtbalance zwischen den Großmächten Frankreich, England und Österreich heraus, die eine dauerhafte Friedenslösung für Europa zumindest ins Auge fasste.

Der Offiziersdegen mit der Gravur „Maximilian Emanuel“ ist der neueste Zuwachs im Museum Schloss Höchstädt. In der Dauerausstellung „Die Schlacht von Höchstädt 1704 wird er neben weiteren zeitgenössischen Waffen wie Pistolen, Lunten- und Steinschlossgewehren, Handgranaten und Kanonenkugeln präsentiert. In der Ausstellung werden auch die politischen Hintergründe und Auswirkungen der Schlacht sowie ihre Bedeutung für die damalige Bevölkerung und die Soldaten eindrücklich und anschaulich dargestellt. Viele originale Ausstellungsstücke wie Waffen, Fahnen, Kleidung, Flugblätter und Gemälde, Hörstationen und Animationen lassen die damalige Zeit lebendig werden.