Hinter den Kulissen

Der Regenbogen & die magische Beleuchtung in der Venusgrotte

Venusgrotte Linderhof Regenbogen

von Raphael Beljung und Hannah Holland //

Die Beleuchtungsbecken

„die Grotte soll am Eingang eine magisch rothe und im Innern dasselbe eine blaue Beleuchtung erhalten.“

So erleben die Besucher heute beim Eintreten in die Venusgrotte eine dunkle Höhle mit versetzt angeordneten roten Beleuchtungsbecken am linken und rechten Wegesrand. In Plänen der Stuttgarter Wasserwerke sind die farbigen Highlights für eine besondere Stimmung markiert, die uns für die aktuelle Präsentation als Vorlagen dienten.

Grundrisse Wasserwerke

1877/1878 zwei Grundrisse der Stuttgarter Wasserwerke (genordet), auf denen sich Hinweise auf die gewünschte Farbstimmung finden

1876 bekam M. Edelmann den Auftrag für Vorschläge, Versuche und Modelle zur Beleuchtung der Grotte. Bei verschiedenen Beleuchtungsversuchen zeigte sich immer wieder, dass die gewählten Gläser zur Beleuchtung zu hell gewählt wurden und nicht die erwünschte Stimmung erzielten. 1878 weisen Archivalien darauf hin, dass aufgrund dieser Versuche die Anstrichfarben der Wände heller, die der Gläser jedoch dunkler zu wählen sind. Bei den Grabungen im Rahmen der Restaurierung geborgene Glasreste zeigen eine Vielfalt verschiedener Farben von Gelbweiß, Goldgelb, Orange, Tiefrot über Violett, Mittelblau bis Smaragdgrün; die Archivalien sprechen von mindestens 14 verschiedenen Farben. Die gefundenen Glasreste bestätigen dies.

Fundstelle Glas Venusgrotte

Fundstücke aus dem südlichen Unterlicht der Vorgrotte, farbige Gläser aus der Sondage. Foto: Winkler

Farbige Gläser Vorgrotte Linderhof

Farbige Gläser aus dem nördlichen Unterlicht der Vorgrotte. Foto: Winkler

Farbige Gläser Verbindungsgang

Farbige Glasscherben aus dem Verbindungsgang Gemälde. Foto: Winkler

Für die Realisierung der stimmungsvollen Beleuchtung der Beleuchtungsbecken/Unterlichter wurde ein Netz aus Gasleitungen durch die gesamte Grotte gezogen. Die Beleuchtung der jeweiligen Becken wurde über kleine Düsen, vergleichbar mit einem Gasherd, die entlang der jeweiligen Beckenprofile geformt wurden, gesteuert.

Schnitt Gasleitung Venusgrotte

Querschnitt der Gaszuführung in die Beleuchtungsbecken. 1 Gasleitungen mit Düsen; 2 Absperrhahn der Gasleitungen; 3 Eisengitter der Glasabdeckung; 4 Leitungsführung der elektrischen Beleuchtung

Draufsicht Gasdüsen Venusgrotte

Positionen für die Düsen der Gasflammen

Die vielen gesicherten Glasfragmente erlaubten uns zwar eine Zuordnung zu den jeweiligen Beleuchtungsbecken sowie einen Hinweis auf die gewünschte Farbwirkung, durch die Kleinteiligkeit der Fragmente war jedoch eine genaue Zuordnung zu einem bestimmten Rahmenfeld und der dadurch entstandenen Farbstimmung nicht mehr im Detail möglich. Eine Bestückung der Metallrahmen mit Gläsern in den gefundenen Farben wäre eine höchstens zufällig entstandene Rekonstruktion gewesen. Aus diesem Grund haben wir uns in den Bereichen der rot und blau beleuchteten Grottenräume für einen mittleren Farbton, der sich aus den in den jeweiligen Becken gesichteten Glasresten ergab, entschieden und diese Glasfärbung in den vorgegebenen Glasausschnitten gefertigt. Die Beleuchtung findet heute mittels LED statt und folgt der Führung der ursprünglichen Düsen. Die historischen Gasleitungen sind stillgelegt, die Leitungen selbst als Relikte ihrer Zeit gereinigt und konserviert worden.

LED rotes Becken Venusgrotte

LED Beleuchtung unter rekonstruierten Rahmen mit rotem Glas; Bild BSV/Holland 2025

Die Unterlichter waren zunächst nahezu vollständig unter mehreren Schichten Sondage verschüttet. Erst nach und nach konnten die Becken freigelegt werden. Es zeigten sich sehr unterschiedliche Erhaltungszustände. Die beiden Rahmen der größeren Becken in der Vorgrotte waren zwar noch größtenteils erhalten, konnten aber nicht vollständig verwendet werden, da einige Bereiche zu stark korrodiert oder bereits gerissen waren. Die kleineren Beckenrahmen waren allesamt in einem sehr schlechten Zustand, die Rahmungen wurden vollständig neu angefertigt und mit farbigen Gläsern bestückt. Bei lediglich einem großen Unterlicht konnten zwei Drittel des Rahmens erhalten und wiederverwendet werden, der mittlere Teil dieses Rahmens wurde durch neue Profile ergänzt.

Becken Sondage Venusgrotte

links: Unterlicht mit Resten der Schüttung; sämtliche Becken mussten erst freigelegt werden; rechts: historischer Rahmen nach Ausbau als Vorlage für die Neuanfertigung. Foto: BSV/Holland 2020

Unterlichtrahmen Korrodiert

Fragmente eines Rahmenelementes zur Belüftung in stark korrodiertem Zustand. Dieses Bauteil war nicht mehr wiederzuverwenden, diente als Vorlage für den Neubau und wird nun im Depot eingelagert. Foto: BSV/Holland 2019

Durch das neue Beleuchtungskonzept, das durch Wandstrahler, Deckenbeleuchtung, den Kristallthron, leuchtende Seerosen und den Regenbogen vervollständigt wird, kommen wir den durch Archivalien, Beschreibungen, Bildern und vor allem den vielen im Original noch in der Venusgrotte gefundenen Bauteilen – wie Scherben und Rahmenfragmenten – der von Ludwig II. angestrebten Wirkung der Venusgrotte sehr nahe.

Becken Blau Venusgrotte Beleuchtung

Blaue Beleuchtung hinter restaurierten und ergänzten Stalagmiten. Foto: BSV/Holland 2025

Vorgrotte Rot Linderhof

Farbwirkung der roten Unterlichter in der Vorgrotte. Foto: BSV/Holland 2025

Der Regenbogenapparat nach Hugo Bähr

Eines der bemerkenswertesten optischen Highlights der Venusgrotte ist die Projektion eines künstlichen Regenbogens.

Venusgrotte Linderhof

Projektion des Regenbogens ausgehend vom Wasserfall rahmt es das Monumentalgemälde in der Venusgrotte. Foto: BSV/Freudling, Scherf

Im Jahr 1883 wurde hierfür ein Regenbogenapparat der Firma Hugo Bähr in Dresden für 208 Reichsmark erworben. Die Farbwirkung resultierte aus verschiedenen Beleuchtungsmethoden sowie dem gezielten Einsatz von Prismen zur Lichtlenkung, wodurch ein beeindruckender visueller Effekt erzeugt werden konnte. In den folgenden Jahren erfolgten Umbauten und Reparaturen, einschließlich der Anfertigung einer Abdeckung, Bestellung einer Leinwand, Einbau eines Regulators mit Gehäuse, Installation einer verstellbaren Blende sowie Herstellung und Austausch diverser Linsen. Eine Rekonstruktion der Regenbogenmaschine soll zukünftig die Lichteffekte in der Venusgrotte zu Linderhof vervollständigen.

Die Projektbeteiligten erkannten rasch die Notwendigkeit zweier Ausführungsvarianten: Zum einen eine exakte Nachbildung des historischen Apparats für eine zukünftige Dauerausstellung, zum anderen ein Modell zur Verwendung vor Ort in der Grotte. Für die präzise Rekonstruktion war es möglich, eine originale Bähr’sche Maschine im Technischen Kabinett in Leipzig eingehend zu untersuchen. Das zweite Modell soll die Projektion eines Regenbogens unter modernen Bedingungen ermöglichen und ist insbesondere auf Bedienkomfort und Robustheit ausgelegt – beispielsweise durch einfaches Ein- und Ausschalten des Leuchtmittels und die Option, dieses zu dimmen, um verschiedene Farbstimmungen innerhalb der Grotte zu erzeugen.

Regenbogenvorsatz

Regenbogenvorsatz; bestehend aus zwei Bleiglasprismen und Linse, nach Hugo Bähr. Foto: BSV/Beljung 2024

Die Entwicklung und Anpassung der Regenbogenmaschine verlief fortlaufend und integrierte sowohl technische Neuerungen als auch praktische Anforderungen, stets mit dem Ziel, die historische Wirkung authentisch zu bewahren. Der Apparat setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen: einem Gehäuse mit Leuchtmittel sowie dem sogenannten Regenbogenvorsatz. Das Grundgehäuse basiert auf einem Stahlblechkörper mit Verstärkungsreifen und ist auf einem Holzstativ montiert. An der Vorderseite ermöglichen Holzleisten mit Nuten das Einsetzen verschiedener Vorsätze. Die rückwärtigen, gebogenen Türen gestatten den Zugriff auf die gesamte Rückseite; Schaufenster und Schiebeklappen dienen zur Bedienung der ursprünglich verbauten Bogenlampen der Firma Dubosc. Am Boden befindet sich eine Vorrichtung zur Einstellung der Entfernung zwischen Lampe und erster Linse. Der Regenbogenvorsatz besteht aus einer Linse in einer Metallscheibe sowie zwei verstellbaren, drehbaren Prismen zur Feinjustierung der Brechung und Höhe des Regenbogens.

Work In Progress Venusgrotte Beleuchtung

Letzte Feinabstimmungen über Position und Fertigungsdetails. Bild BSV/Correll 2024

Der ursprüngliche Standort der Regenbogenprojektion ist nicht dokumentiert. Vermutungen legen nahe, dass die Projektion über dem Monumentalgemälde erfolgt sein könnte. Aufgrund baulicher Besonderheiten kamen nur bestimmte Beleuchtungsstellen für den Betrieb des Apparates infrage. Versuche mit dem Leipziger Gerät führten zur Auswahl der Felsensäule als optimaler Standort. Die Wahl des geeigneten Leuchtmittels stellte eine weitere Herausforderung dar. Die historisch verwendeten Kohlebogenlampen erfüllen heutige Sicherheitsanforderungen nicht mehr und sind praktisch ungeeignet. Das Funktionsmodell greift daher auf Halogen-Metalldampflampen zurück, deren Einsatz jedoch aufgrund langer Start- und Abkühlzeiten sowie eingeschränkter Verfügbarkeit nicht ideal ist. LED-Scheinwerfer aus dem Film- und Fotobereich erwiesen sich als geeignetste Lösung.

Venusgrotte Beleuchtung Technik

Ansichten des historischen Gehäuses von Hugo Bähr aus dem technischen Kabinett Leipzig. Foto: BSV/Beljung 2024

letzte Einstellungen Beleuchtung Venusgrotte

Letzte Feinjustierungen an den Ausrichtungen der Prismen. Foto: BSV/Holland 2025

Nach endgültiger Festlegung des Standortes und des Leuchtmittels wurden abschließende Änderungen am Gehäuse vorgenommen, darunter die Optimierung der Streulichtkontrolle und Belüftung des Scheinwerfers. Die Analyse der Umbauprozesse verdeutlichte die Innovationskraft der historischen Technik und lieferte wertvolle Erkenntnisse über die in Archiven belegten zahlreichen Anpassungen und Reparaturen. Die Synthese aus moderner Lichttechnik und traditionellem optischen Handwerk ermöglicht eine illusionistische Regenbogenprojektion, die sich harmonisch in die außergewöhnlichen Lichteffekte der Venusgrotte einfügt.