Über Jahrhunderte hinweg war das Sammeln von Tieren und deren Haltung in Menagerien ein beliebter Zeitvertreib des Adels und zugleich Machtdemonstration. Exotische Tiere konnten nur über gute Handelsbeziehungen und mit enormem finanziellen Aufwand erworben und gehalten werden. In einer zweiteiligen Blogserie warfen wir zuerst einen Blick auf die Haltung von exotischen Tieren unter Herzog Wilhelm V. im 16. Jahrhundert. In diesem zweiten Teil widmen wir uns der Menagerie im Schlosspark Nymphenburg.
Nach Herzog Albrecht V. und seinem Sohn Herzog Wilhelm V. wurden weiterhin wilde Tiere unter den Wittelsbacher Herrschern gehalten, vermutlich verzichtete man jedoch auf freilaufende Löwen, die im vorherigen Blogbeitrag erwähnt werden. Es ist anzunehmen, dass während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) viele Tierzwinger leer blieben, denn es gab schlichtweg größere Probleme. Im Chaos von Krieg, Pest und Hungersnöten blieben für die Tiere keine Lebensmittel übrig. Eine Löwenhaltung in München nach dem Krieg kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zumindest wird ein Tiger erwähnt, der 1715 als Geschenk des Markgrafen von Bayreuth an den bayerischen Kurfürsten Max Emanuel nach München kam. Wo genau das Tier gehalten wurde, ist jedoch unbekannt.
Fasan und Biber
Kurfürst Max Joseph III. (1727-1777, reg. 1745-1777) ließ 1770 im Schlosspark Nymphenburg, südlich der Amalienburg, eine Goldfasanerie errichten und hielt Biber. Sie lebten nahe des heutigen Brunnenhauses in einem Gehege, das aus zwei Wasserbassins und zwei kleinen Häuschen bestand, die von einer Mauer umgeben waren. Biber wurden dort seit 1754 gehalten, da der Kurfürst diese Tiere angeblich sehr schätzte. Die Biber wurden bayerischen Flüssen entnommen und in Gefangenschaft mit Schwarzbrot und Weidenrinde gefüttert. Dass die Biber nicht artgerecht gehalten wurden, erkennt man daran, dass sich diese, den Quellen nach, nie fortgepflanzt haben und immer wieder neue Biber für Belustigungszwecke gefangen werden mussten. Die Haltung von Bibern hatte möglicherweise mehr Gründe als die der Unterhaltung. Carl August Sckell berichtet von den Bibern im Nymphenburger Schlosspark um 1840:
„Der Anblick dieser Tiere, welche uns ein kostbares Pelzwerk und den in der Medizin so sehr geschätzten Bibergeil liefern, deren Schweif auch als köstlicher Leckerbissen gegessen wird, dürfte für Jedermann Interesse gewähren, da man lebende Biber selten zu Gesicht bekommt.“
Bibergeil ist ein Sekret, das aus zwei Beuteln des Bibers gewonnen wird. In der Medizin wurde die Substanz bis ins 19. Jahrhundert gegen Gicht, Krämpfe, hysterische Anfälle, Nervosität und als Aphrodisiakum eingesetzt. Das Bibergeil ist fetthaltig und hält das Fell des Bibers wasserdicht.
König der Tiere
Die von Kurfürst Max Joseph III. errichtete Goldfasanerie wurde später von König Maximilian I. Joseph (1756-1825, reg. 1799-1825, ab 1806 König) für die Haltung von diversen Tieren ausgebaut. Die ehemaligen Menageriegebäude stehen heute noch – an der südlichen Parkmauer des Nymphenburger Schlossparks. An die meisten Gehege schloss im Freien ein an den Seiten abgetrennter und von oben mit Netzen bespannter Außenbereich an, wohin die Tiere bei schönem Wetter aus ihren Zwingern gelassen werden konnten. Beim Aufenthalt des Königs in Nymphenburg besuchte er jeden Tag die Menagerie. In König Maximilians I. letzten Lebensjahren wurden in der Menagerie ein Lama, zwei Beuteltiere, zwei Gazellen, ein ostindischer Stier samt Kuh, ein Waschbär, ein geflügeltes Eichhörnchen, ein Strauß, zwei schwarze Schwäne, ein Königsvogel, ein Kasuar, ein Pelikan, ein Ibis und andere Vögel gehalten. Besonders Vögel mochte der König gerne, er soll sogar seinen Lieblingspapagei unter seiner Weste im Garten umhergetragen haben.
Carl August Sckell berichtet:
„König Max Joseph, ein großer Freund dieser Art fürstlicher Vergnügen, hielt die Menagerie in Nymphenburg ziemlich reich belegt, besonders aber mit Federvieh, das er ungemein liebte; dahingegen vierfüßige Tiere von ihm nur wenige gehalten, reißende Tiere aber gar keine angeschafft wurden.“
Löwen und Tiger wurden in der königlichen Menagerie, im Gegensatz zu Herzog Wilhelm V. Tiersammlung, also nicht gehalten, allerdings sind Erzählungen eines Affen als Empfangschef bei Hof überliefert. Karl Heinrich Ritter von Lang beschreibt seine königliche Audienz folgendermaßen:
„Im Vorzimmer befand sich, in Ermangelung des dientthuenden Kammerherrn, der erst später herbeikam, ein großer Affe, der mich ziemlich geringschätzend anblickte, und dann eifrig in seinem Geschäft des Flöhesuchens fortfuhr.“
Der Sohn und Thronfolger, König Ludwig I. (1786-1868, reg. 1825-1848), hingegen teilte nicht die Tieraffinität seines Vaters und ließ die meisten Tiere nach seiner Amtsaufnahme versteigern. 1844 lehnt er sogar das Geschenk einer lebenden Giraffe ab.
Die Haltung von exotischen Tieren wurde nach dem Tod von König Maximilian I. Joseph in diesem Ausmaß nicht mehr aufgenommen. Einige Papageien und Schildkröten werden erwähnt aber die Tierbegeisterung wird eher auf Pferde, Hunde und die Jagd reduziert. König Ludwig II. (1845-1886, reg. 1864-1886) allerdings erträumte sich die Haltung von Goldfischen, Schwänen, Pfauen, Papageien, Gazellen und einem jungen Elefanten auf dem Dach der Residenz in München. Seinem Wunsch konnte (zum Glück) aus statischen Gründen nicht Folge geleistet werden.
Des Pudels Kern
Noch heute sind eine Vielzahl von exotischen Tieren in Bayerns Schlösser und Gärten anzutreffen… nun jedoch meistens in Stein gehauen. Im Nymphenburger Schlosspark überblickt ein Löwenpaar an der Badenburg den Park. Die steinernen Löwen stehen symbolisch für das Haus Wittelsbach, für Bayern und vielleicht auch ein kleines bisschen für alle echten Löwen, die in Bayerns Schlösser, Burgen und Residenzen beheimatet waren.
Eine kleine Warnung zum Schluss für jeden, der sich eine Löwenfigur für den Vorgarten wünscht: Eine gewisse Größe ist notwendig! So meinte 1822 der Bayerische Oberbaurat Heinrich von Pechmann:
„Vorzüglich hüte man sich vor kleinen Löwen, weil diese dann immer Pudeln ähnlich sehen.“