Eine der prunkvollsten Kutschen des Marstallmuseums ist der Neue Gala-Wagen König Ludwigs II. Seine Kutschbockdecke wurde nun einer wichtigen Konservierungsmaßnahme unterzogen. Wie das genau aussah, erfahrt Ihr im folgenden Beitrag unserer Textilrestauratorin Klaudia Pontz.
Der Neue Gala-Wagen König Ludwigs II.
…ist ein prachtvolles Gefährt, reich geschmückt mit vergoldeten Ornamenten und Skulpturen. Die Polsterung im Wageninneren ist nicht minder prächtig. Sie ist mit gold-besticktem, hellblauem Seidensamt bezogen. Auch außen an der Kutsche wurde der gold-bestickte Samt verwendet, so für das Wagendach, verschiedene Gurte und vor allem die Kutschbockdecke.
Die Kutschbockdecke ist ein kastenförmiger, steifer Überwurf, der den Kutschbock oben und an allen vier Seiten verkleidet. Leider war die Kutschbockdecke aufgrund von Alterung, Licht- und Klimaschäden sowie Staub und Verschmutzung nur noch ein Schatten ihrer selbst. Um den langfristigen Erhalt zu gewährleisten, mussten dringend Konservierungsmaßnahmen ergriffen werden. Diese wurden vor kurzem erfolgreich durchgeführt und fertiggestellt.
Die Decke aus hellblauem Seidensamt ist reich mit ornamentalen Motiven aus Goldfäden bestickt. Es wurden mindestens vier verschiedene Goldfäden verwendet, um unterschiedliche Effekte zu erzielen. Die Kanten sind mit goldenen Fransenborten besetzt. Um der Stickerei Stabilität und der Kutschbockdecke insgesamt diese kastenartige Steifigkeit zu geben, wurden verschiedene Baumwoll- und Leinenstoffe als Einlagen und Futterstoffe verwendet.
Jetzt war viel von Gold und blauem Samt die Rede: Warum ist die Kutschbockdecke dann grünlich-grau mit schwarzen Ornamenten?
Durch den Einfluss von Licht ist der Samt stark ausgeblichen, so dass er jetzt blass und grünlich-grau erscheint. Außerdem ist der Samt sehr fragil und brüchig. Es gibt große Löcher und Fehlstellen, wo man den Futterstoff aus heller Baumwolle sehen kann. Die Goldstickerei ebenso wie die Fransenborte, die aus versilberten Goldfäden bestehen, ist schwarz angelaufen – eine Korrosion, die nicht nur den Verlust der goldenen Farbe, sondern auch den Verlust der sehr dünnen Goldschicht verursacht. Zudem hat die lange Ausstellungsdauer zu Staubablagerung und genereller Verschmutzung geführt.
Verschiedene Reparaturen in Form von aufgenähten Flicken und Verklebungen der Samtfragmente auf das Futter konnten den Verfall nicht wirklich stoppen. Der alte Klebstoff hat zu weiterer Versprödung des Samtes geführt. Man hat in der Vergangenheit sogar versucht, die Löcher und Fehlstellen im Samt optisch zu schließen, indem man auf das helle Futter türkisblaue Farbe aufgetragen hat.
Was also tun?
Zuerst wurde die Decke vorsichtig gereinigt. Silberkorrosion an Metallfäden kann aufgrund der Materialzusammensetzung nicht rückgängig gemacht werden. Bei der Reinigung zeigte sich aber, dass ein Teil der schwarzen Auflage keine Korrosion, sondern Schmutz war, der sich entfernen ließ.
Erfahrungen mit anderen Textilien aus dem gleichen hellblauem Seidensamt – sehr beliebt bei König Ludwig II – haben gezeigt, dass der Samt wirklich sehr, sehr fragil ist und sich beim Versuch, Verklebungen zu lösen, in Brei verwandelt. Ein Lösen des Klebstoffs war also nur unter großen, weiteren Verlusten des Samtes möglich und wurde deshalb als Konservierungsmaßnahme ausgeschlossen. Aus dem gleichen Grund war auch die oft zur Sicherung von historischen Textilien angewandte Methode, ein neues Gewebe zur Stütze unterzuschieben und die Fragmente nähtechnisch darauf zu fixieren, nicht möglich. Jeder Nadeleinstich hätte zu weiteren Schäden geführt.
Man entschloss sich letztlich, die alte Reparaturmethode zu wiederholen: Also die Fragmente des Samtes auf das Baumwollfutter aufzukleben und die Fehlstellen mit farblich angepassten Retuschen zu schließen. Zur Anwendung kamen allerdings für Restaurierungszwecke getestete Klebstoffe und Farben. Diese Maßnahmen konservieren die Kutschbockdecke in ihrem jetzigen Zustand. Die Kutschbockdecke kann weiterhin auf ihrem angestammten Platz auf dem Kutschbock präsentiert werden. Sie bleibt aber ein gealtertes, fragiles Objekt.
Den Gala-Wagen samt restaurierter Kutschbockdecke könnt Ihr Euch täglich im Marstallmuseum in den südlichen Kavaliersgebäuden von Schloss Nymphenburg ansehen. Geöffnet ist wie folgt:
April bis 15. Oktober: täglich 9-18 Uhr
16. Oktober bis März: täglich 10-16 Uhr