Wie selbstverständlich viele Fürstinnen ihre Ehemänner beim Regieren unterstützten und sie bei Abwesenheit vertraten, zeigte bereits der Beitrag über die Kurfürstin Elisabeth von Bayern-Landshut. Dennoch konnte die Übernahme der Regentschaft im Falle minderjähriger Thronfolger nach dem Tod des Fürsten ein schwieriges Unterfangen sein. So war es auch bei der bis heute gerühmten Ansbacher Markgräfin Christiane Charlotte (*28. August 1694, reg. 1723, + 25. Dezember 1729), der dies aufgrund ihrer Klugheit, politischen Erfahrung und außergewöhnlichen Hartnäckigkeit gelang.
Ein wortwörtlich schwarzer Tag ging der Regierung der Ansbacher Markgräfin Christiane Charlotte voraus. Wenige Tage nach dem Tod ihres Cousins und Gatten Wilhelm Friedrich (7. Januar 1723) folgte am 13. Januar 1723 die Testamentseröffnung dem höfischen Zeremoniell: Schwarz gekleidet lag die Markgräfin auf dem schwarz bezogenen Bett in ihrem schwarz verhängten Schlafzimmer, umgeben von Mitgliedern des Regierungskollegiums, als der kaiserliche Notar das Testament eröffnete. Darin setzte Wilhelm Friedrich seine Gattin als „Obervormünderin“ des gemeinsamen Sohnes und Thronerben sowie als Landesregentin ein. Dies erscheint heute nur konsequent, sollen die Eheleute auch im Regierungsgeschäft ein wahrlich gutes Team gewesen sein.
Ergänzende Schriftstücke, die den Markgrafen Georg Wilhelm von Bayreuth und den Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt als Mitobervormünder benannten, führten jedoch zu langen und heftigen Auseinandersetzungen, insbesondere mit dem Bayreuther Markgrafen.
Aufgrund langjähriger Konflikte zwischen den Bayreuther und Ansbacher Hohenzollern musste Christiane Charlotte befürchten, dass Georg Wilhelm von Bayreuth zu Lasten ihres Sohnes agieren würde, während Georg Wilhelm im Falle eines Aussterbens der Ansbacher Verwandtschaft deren Territorium Bayreuth sichern wollte.
Diese Auseinandersetzungen voraussehend, unterbrach die Markgräfin die Testamentseröffnung unter Verweis, sie benötige aufgrund ihres Trauerzustands eine Pause, und verpflichtete die Teilnehmer der Verschwiegenheit. Dadurch gewann sie Zeit zur Erarbeitung einer Strategie, die viele aufregende Monate später schließlich Erfolg haben sollte. Unter Verweis auf den damaligen Rechtsgrundsatz, dass ein Vater die besten Entscheidungen für seine Kinder treffen könne, sowie auf frühere Fälle weiblicher Regentschaften wie der Sibylla Augusta, 1707 bis 1727 Regentin von Baden-Baden, erstritt sich Christiane Charlotte mit Unterstützung verbündeter Fürsten beim Kaiser ihre rechtskräftige Obervormundschaft und mit dem Regulativ vom 23. Juli 1723 weitreichende Vollmachten. Sie erhielt jedoch keine uneingeschränkte Herrschaft. Auch den Titel der Landesregentin durfte sie nur inoffiziell in inneren Angelegenheiten führen. Dennoch gelang es Christiane Charlotte in der Praxis mithilfe eines entschlossenen Führungsstils, letztendlich eine weitgehend uneingeschränkte Herrschaft auszuüben.
Diese nutzte sie, um eine tiefgreifende Verwaltungsreform in die Wege zu leiten und die Wirtschaft mit merkantilistischen Maßnahmen zu fördern. Ihr früher Tod verhinderte die Umsetzung vieler Projekte, etwa der Gründung einer Universität in Ansbach, für die Christiane Charlotte bereits 1726 das erforderliche kaiserliche Privileg erhalten hatte.
Das bauliche Wirken der Markgräfin fällt (unter anderem) in Ansbach bis heute ins Auge. Dafür verantwortlich zeichnete vor allem Ihr Vertrauter (und auch bei der Regentschaftsübernahme beteiligter) Baudirektor Karl Friedrich von Zocha. Christiane Charlotte ließ den Hofgarten auf seine heutige Ausdehnung erweitern und durch das repräsentative Orangerie-Schlösschen aufwerten. Sie trieb den Ausbau der Residenz zugunsten einer zeit- und standesgemäßen Repräsentation des zukünftigen Markgrafen voran, teils aus ihren privaten Mitteln bezahlt. Auch weitere Bauten wie das Jagdzeughaus (heute Verwaltungsgericht) wurden durch sie veranlasst. Erzeugnisse der Ansbacher Fayencemanufaktur lassen sich bis heute in der Residenz bewundern. Die von Christiane Charlotte intensiv geförderte „hochfürstliche öffentliche Bibliothek“ bildet den Grundstock der heutigen Staatlichen Bibliothek Ansbach.
Bevor Christiane Charlotte am 25. Dezember 1729 mit nur 35 Jahren verstarb, gelang es ihr noch, die Regierung geordnet an ihren Sohn Carl Wilhelm Friedrich zu übergeben, einschließlich seiner standesgemäßen Verheiratung mit der preußischen Prinzessin Friederike Luise.
Ihre letzte Ruhestätte fand Christiane Charlotte in Sichtweite zur Residenz in der Grablege der Markgrafen in der Kirche St. Gumbertus.
Literaturauswahl
Andrea Schödl: Frauen und dynastische Politik (1703–1723). Die Markgräfinnen Elisabeth Sophie von Brandenburg und Christiane Charlotte von Ansbach, in der Reihe Die Plassenburg, Band 56, Kulmbach 2007.
Hans-Otto Keunecke: Christiane Charlotte, Markgräfin von Brandenburg-Ansbach (1694–1729), in: Inge Meidinger-Geise (Hg.): Frauengestalten in Franken. Eine Sammlung von Lebensbildern, Würzburg 1985, S. 97–101.
Günther Schuhmann: Christiane Charlotte, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 3, Berlin 1957, S. 239.
Titelbild: Porträt der Markgräfin Christiane Charlotte von Hofmaler Johann Peter Feuerlein (1718). Dauerleihgabe der BStGS.