Geheimnisse

Von Weißen Sälen und verzauberten Gartenreichen

Bamberg Residenz Rosengarten

Die Neue Residenz in Bamberg bewahrt als im Zweiten Weltkrieg unzerstörtes Bauwerk in ihren Räumen gleichsam die historischen Fußabdrücke vieler Bewohner. Einer, der dabei weniger im Fokus steht, aber in und rund um die Residenz seine Spuren hinterlassen hat, ist Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1708-1779).


Obwohl die Neue Residenz Bamberg in zwei Bauphasen zu Beginn und zu Ende des 17. Jahrhunderts entstanden ist, stellt sie nicht nur das Ergebnis der Bauherrentätigkeit der Fürstbischöfe Johann Philipp von Gebsattel (1555-1609) und – in noch stärkerem Maße – Lothar Franz von Schönborn (1655-1729) dar. Vielmehr ist sie ein gewachsenes Ensemble, in dem auch spätere Herrscher und Bewohner ihre Spuren hinterlassen haben. So wandelt man beim Gang durch die Residenz – Kaisersaal und Kaiserappartement sowie die Staatsgalerie dürfen auf eigene Faust besichtigt werden, lediglich das Fürstbischöfliche Appartement ist nur mit Führung zugänglich – immer auch auf den Spuren ihrer jahrhundertelangen Nutzungsgeschichte.

zur audienz bitte würzburg residenz

Wir nehmen die neue Sonderausstellung „Zur Audienz bitte! Ein Raum im Wandel der Zeit“ in der Würzburger Residenz zum Anlass, an einen Bamberger und Würzburger Fürstbischof zu erinnern, der in beiden Residenzen zwar weniger als Bauherr tätig war, aber nichtsdestotrotz prägende Raumausstattungen hinterlassen hat. Während sich in der Würzburger Sonderausstellung alles um das Audienzzimmer der Zweiten Bischofswohnung dreht, stehen in diesem Beitrag prächtige Gartenausstattungen und ein Speisesaal im Mittelpunkt. So wie Adam Friedrich von Seinsheim 1778, rund 40 Jahre nach der ersten Einrichtung, jenes Audienzzimmer einer grundlegenden Erneuerung unterzogen hatte, so schuf er auch im Bereich des Bamberger Fürstbistums Garten- und Raumkunstwerke von Rang.

Gartenreiche des Rokokos in Franken

Den meisten Besucherinnen und Besuchern dürfte Adam Friedrich von Seinsheim durch zwei monumentale, von Ferdinand Tietz mit zahlreichen Figuren ausgestatteten Gartenanlagen bekannt sein. Während sich der Garten von Schloss Seehof im Bamberger Fürstbistum nach einer bewegten Nutzungsgeschichte als – freilich malerisches – Fragment präsentiert, lässt sich in seinem Würzburger Pendant, dem Schlossgarten von Veitshöchheim, das höfische theatrum mundi der Gartengestaltung des Rokokos noch nahezu ungetrübt bestaunen.

veitshöchheim rokokogarten

Veitshöchheim – ein Meisterwerk der Gartenkunst. © Kreativinstinkt

Adam Friedrichs Selbstverständnis wurde von Nicolaus Treu 1761 exemplarisch in einem heute im Seinsheimer Familienschloss Sünching befindlichen Portrait festgehalten. Dort zeigt sich der Fürstbischof im Seehofer Garten auf einer steinernen Gartenbank prächtig gekleidet in ein blaßblauviolettes, golden blumenbesticktes Kostüm. Ein derartiges Kavalierskostüm weist den Rahmen des Portraits durchaus zeittypisch als weitgehend privat aus – weit weg vom repräsentativen Habitus eines Reichsfürsten. Auf der allegorischen Ebene spielt das Portrait zudem auf Adam Friedrich als Förderer der Künste an: Im Hintergrund scheint bereits die berühmte Kaskade von Ferdinand Tietz zu entstehen.

Schloss Seehof Kaskade

Kaskadische Wasserfreuden im Seehofer Schlossgarten © BSV

Derzeit jedoch ist der Fürstbischof gezwungen, sich mit anderem zu beschäftigen: Auf der Marmorplatte des Tisches finden sich zweierlei Pläne – ein Plan mit den Bastionen der Festung Forchheim und der Entwurf der Seehofer Kaskade, die aufgrund des Siebenjährigen Krieges erst einmal nicht fertig gestellt werden konnte. Es besteht kein Zweifel, mit welchem der beiden Projekte sich der kunstsinnige Auftraggeber lieber beschäftigt hätte. Indes: Die dunklen Wolken am nicht nur natürlichen, sondern eben auch allegorischen Himmel geben bereits einen ersten Blick auf die Sonnenstrahlen seines künftigen Mäzenatentums frei.

Götter unter Rosen

In ähnlicher Rolle, also als Herrscher und Kunstförderer einerseits und aufgeklärter, das tradierte Zeremoniell sozusagen dehnender Fürst am Ende des Alten Reichs andererseits wirkt Adam Friedrich auch in Bamberg. Die vielleicht meist fotografierten Zeugen seines fürstbischöflichen Repräsentationsbedürfnisses dürften standesgemäß Götter sein – die Figuren der Bamberger Rosengartens. Sie entstanden als Auftrag Adam Friedrichs 1760/61 in der Werkstatt des Ferdinand Tietz. Von einem ursprünglich etwas größeren Programm sind heute noch acht Götterfiguren, drei Putten und eine Vase erhalten.

Rosengarten Residenz Bamberg

Ein Rosenparadies für den griechisch-römischen Götterhimmel © BSV

Aus konservatorischen Gründen sind im Rosengarten heute Kopien dieser Figuren zu sehen. Die Originale begrüßen die Besucherinnen und Besucher im jüngst neugestalteten Ferdinand-Tietz-Figurengang vor der Barockgalerie. Im Museum – so ganz ohne das Plätschern des Brunnenwassers und dem Duft der Rosen – kann man dem Rokokogesamtkunstwerk der Gartengestaltung sicherlich nicht ganz so gut mit allen Sinnen nachspüren wie im Garten selbst, dafür zeigt sich die museale Präsentation in wetterfestem Rahmen, was in der kälteren Jahreszeit sicher kein Nachteil ist.

Residenz Bamberg Tietz

Ein Blick in den Ferdinand-Tietz-Figurengang vor der Barockgalerie © BSV

Beim Besuch der griechisch-römischen Gottheiten empfiehlt sich auf den Spuren Adam Friedrichs auch ein Abstecher in die auf diesem Gang befindliche Barockabteilung der Staatsgalerie. Nicht nur wird man hier bereits im ersten Raum mit einem Portrait des Fürstbischofs von Johann Joseph Scheubel d. J. empfangen – auch die Raumflucht selbst ist in ihrer Ausstattung unter Adam Friedrich von Seinsheim entstanden.

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In der Barockgalerie lohnt nicht nur der Blick auf die Gemälde, sondern auch auf die Ausstattung. © Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Foto: Haydar Koyupinar

Das gesamte Appartement präsentiert sich in einer weitgehend einheitlichen Ausstattung, in der sich die Formen des ausgehenden Rokokos bereits mit dem frühen Klassizismus verbinden. Der Umbau des Appartements erfolgte nach Plänen des Würzburger Hofarchitekten Johann Michael Fischer. Bestimmt werden die 1773 fertiggestellten Raumdekorationen durch die Stuckaturen des Würzburger Stuckateurs Friedrich Manger (1735–1797), durch Fayence-Öfen, außerdem in vier Räumen durch Trumeaux-Felder an den Fensterpfeilern mit geschnitzten, vergoldeten Spiegelrahmen, zugehörigen Konsoltischen sowie Supraportenrahmen – Arbeiten, die dem Bamberger Hofbildhauer Franz Martin Mutschele zugeschrieben werden.

Speisen in neuer Ordnung

Die Herrschaft Adam Friedrichs von Seinsheim steht nicht zuletzt unter dem Zeichen einer schleichenden Veränderung des höfischen Zeremoniells. Die festgefügten Formen des im Alten Reich verbindlichen spanischen Hofzeremoniells wichen einem freieren Umgang mit der höfischen Etikette. Dies mag das Beispiel der fürstbischöflichen Tafel zu verdeutlichen: Saß man zu Regierungsantritt des Bischofs noch streng nach Rangfolge der einzelnen Teilnehmer, so verfügte er 1775, dass ihm selbst in Zukunft kein besonderer Sessel mehr bereitgestellt werden sollte. Schon vorher konnten die Gäste zu besonderen Anlässen pêle mêle sitzen, also nach zufälliger, oft auch ausgeloster Reihung.

Vielleicht steckt auch hinter Seinsheims wichtigster Umbaumaßnahme in der Residenz eben jener Wunsch nach einer Lockerung des starren Zeremoniells. Der Fürstbischof ließ im Fürstbischöflichen Appartement zwei Räume, die in älteren Inventaren als Kavalierstafelzimmer und Obermarschallszimmer beschrieben werden, prachtvoll neu ausstatten. 1772 wurden die beiden Räume mit Stuckaturen im Stil des frühen Klassizismus ausgestattet. Für die Maßnahmen zeichneten die Würzburger Hofkünstler Johann Michael Fischer als Architekt und Materno Bossi als Stuckateur verantwortlich. Beide Räume wurden fortan als Tafelzimmer tituliert.

weisser Saal Bamberg Residenz

Der Weißer Saal in den fürstbischöflichen Wohnräumen © BSV

Der prächtigere Weiße Saal mit seinen kaltglänzenden Stuckaturen darf dabei als das ranghöhere Tafelzimmer verstanden werden, das in seiner Funktion den daran anschließenden großen, spätbarocken Speisesaal seiner Vorgänger ablöste. Aber nicht nur der Weiße Saal, sondern auch das ehemalige Kavalierstafelzimmer wurde prachtvoll ausgestattet. Wie in der fast zeitgleich entstandenen Fürstengalerie der Würzburger Residenz ließ Seinsheim diesen Raum als Galerie mit Bildnissen seiner Vorgänger einrichten.

Unser Programm auf den Spuren des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim ist also klar: In der Neuen Residenz Bamberg stehen der Besuch des Rosengartens, der Barockgalerie und des Fürstbischöflichen Appartements auf dem Programm, bevor es zur Sonderausstellung „Zur Audienz bitte!“ nach Würzburg geht. In der wärmeren Jahreshälfte ist natürlich der Besuch der beiden Parkanlagen von Seehof und Veitshöchheim ein Muss für alle Freunde historischer Gartenkunst.

 


Titelbild: © Kreativinstinkt