Heute lest Ihr einen etwas anderen Blogpost. Es geht weniger um historische Inhalte oder Restaurierungsmaßnahmen, stattdessen berichte ich aus der Sicht einer Volontärin bei der Bayerischen Schlösserverwaltung. In der Museumsabteilung gibt es eine Vielzahl an Aufgabenfeldern, wie Raumbeschriftungen, Audio-Guides, Apps, Ausstellungen, Leihverkehr, Pressearbeit, Recherche … und vieles mehr.
Jetzt noch die letzten Handgriffe und dann ist es soweit: Der neueingerichtete Dokumentationsraum im Neuen Schloss Schleißheim erwartet Euch! Kommen, schauen und genießen!
Zu diesen Aufgaben zählt auch die Neueinrichtung eines Dokumentationsraumes im Neuen Schloss Schleißheim. Von dem Rundum-Sorglos-Paket– „Kurfürst Max Emanuel in Schleißheim“ – soll nun die Rede sein.
Die Spannung steigt – die Anlieferung der Ausstellungsmaterialien erfolgt – und die Sonne lacht. Was gibt es Schöneres?
Jetzt ist es endlich soweit: Während ich den Bericht schreibe, wird die Konstruktion im Dokumentationsraum des
Neuen Schlosses Schleißheim aufgebaut. Unglaublich, wie man sich über Bohrgeräusche, Geklimper, Geschraube und Stimmgewirr im Hintergrund freuen kann. Nach Wochen und Monaten geistiger Vorarbeit wird es also Wirklichkeit. Am Ende des Tages sehe ich das Resultat. Kunsthistoriker setzen sich mit viel Theoretischem auseinander, etwas ganz anderes ist es aber, das Wissen praktisch und für den Laien leicht zugänglich aufzubereiten.
Hoch hinaus geht es im Dokumentationsraum – das Holzskelett für die Ausstellungstexte wird angebracht.
Welche Schritte sind nötig bevor ein Dokumentationsraum im neuen Gewand erstrahlt?
Nun – am Anfang steht der neu einzurichtende Raum. Die Hartfacts sind festzuhalten, wie Maße, Lichtverhältnisse, Elektrik, Malerarbeiten. Bestimmen sie doch, was machbar ist. Drei Wände stehen zur Verfügung und können bestückt werden. Ein Zeitplan muss her, bis wann welche Etappen erreicht sein müssen. Die Informationsphase läuft dabei schon parallel mit, sprich Literatur über den Hauptbauherren – Kurfürst Max Emanuel – und über die Entstehung der Schlossanlage Schleißheim wird gesichtet. Sie liefert die Basis für das Ausstellungskonzept. Schnell kristallisiert sich heraus, dass mit umfangreichem Bildmaterial und Zitaten gearbeitet werden soll – hier muss eine Auswahl getroffen werden.
Noch ist die preziöse Fracht eingewickelt – Monate geistiger Arbeit harren auf ihre Anbringung
Wir – die Museumsreferentin und ich – haben die Qual der Wahl, denn der Platz reicht nicht für alles uns Vorliegende. Das trifft auch auf die Textlänge zu. Eine festgelegte maximale Zeichenanzahl bildet unsere Richtgröße. In der Tat fordert diese Vorgabe heraus. Das Wesentliche muss darin untergebracht werden. Ziel ist es nämlich, den Besucher kurzweilig und ansprechend zu informieren. Wir wollen ihm zusätzlich zur prachtvollen Ausstattung des Schlosses, weitere visuelle Anreize bieten. Sie sollen ihm im Idealfall Lust auf noch mehr – noch mehr Schloss – machen, ihm spannendes Hintergrundwissen
zur Entstehung der Schlossanlage Schleißheim vermitteln. Ob es uns gelungen ist, werdet Ihr beurteilen. Wir sind gespannt auf Euer Feedback!
Ein letzter prüfender Blick bevor der Ausstellungstext das Holzgerüst bekleidet.
Vom Konzept zur Gestaltung
Drei Wände ergeben drei thematische Gliederungen mit Unterteilungen. Die Nordwand des Raumes handelt von der Entstehung der Schlossanlage Schleißheim. Drei Schlösser und drei Bauherren – Wilhelm V., Maximilian I. und Max Emanuel – bestimmen die Anlage. Während das Alte Schloss von Wilhelm V. angelegt und von seinem Sohn Maximilian I. zur villa suburbana, einem Landsitz, umgebaut wurde, geht das Jagdschloss Lustheim und das Neue Schloss auf den „Blauen Kurfürsten“- Max Emanuel – zurück. Dieser einstige Kriegsheld der Türkenkriege hatte Großes hier vor. Eine neue Residenz sollte entstehen:
„… ich werde ein gewaltiges Werk unternehmen, …
Das ist ein Kanal, der schnurgerade vom Palast in München bis zu demjenigen verläuft, den ich hier [Schleißheim] bauen lasse, …“(Kurfürst Max Emanuel, Brief vom 8.10.1701)
In fünf Abschnitten wird die Genese der Schlossanlage Schleißheim beschrieben.
Doch dazu kam es nicht mehr. Die politischen und militärischen Niederlagen des Kurfürsten führen zu einer abgespeckten Variante. Seinem Vorbild, dem allgegenwärtigen Sonnenkönig Ludwig XIV., konnte er hier nicht zur Gänze nacheifern, wenngleich das Neue Schloss auf das Kostbarste ausgestattet wurde. Der Rohbau geht auf den Graubündener Hofarchitekten Henrico Zuccalli zurück. Die Innenausstattung erfolgte von dem in Paris geschulten Joseph Effner, der auch in der Residenz München tätig wurde. Das Modell der Anlage im Raum 30 zeigt das letzte nicht realisierte Ausbauprojekt für Schleißheim und belegt die ungeheuerliche Dimension der ursprünglich geplanten Anlage. Vision und Wirklichkeit werden knapp angesprochen. Die Ostwand stellt die Biographie Max Emanuels vor. Wohingegen die Südwand sich dem höfischen Leben in der Barockzeit widmet. Hier wird der Blick geweitet: Der Barockgarten und das Kanalsystem werden in Bezug zum absolutistischen Herrscher und seinen Zielen gesetzt. Dieser bediente sich der Landschaft, machte sie sich untertan und demonstrierte so seinen Herrschaftsanspruch. Von der Schlossanlage Schleißheim führen Sichtschneisen zur Residenz nach München, zum Schloss Dachau und zum Schloss Nymphenburg. Symmetrien, Achsen und Sichtschneisen sind barocke Gestaltungsprinzipien. Sie werden anhand des gezeigten Bildmaterials offenkundig.
Bald ist es geschafft – schon einmal ein großes Dankeschön an das perfekte Aufbauteam!
Damit ist der Inhalt zwar kurz umrissen, nun muss dieser aber gestalterisch überzeugend umgesetzt werden. Hier kommt die Zusammenarbeit mit einer Agentur ins Spiel. Diese muss über Konzept, Bildmaterial, Vorstellung etc. informiert sein. Ihre Gestaltungsideen wirken sich wiederum auf das Konzept aus – ein wechselseitiger Prozess. Heraus kam dabei eine höchst ungewöhnliche Konstruktion, die uns erstaunte, aber sogleich gefiel. Auf einer „schwebenden“, hinterleuchteten Konstruktion werden die Texte und Bilder auf Textilien aufgedruckt. Die Haupttexte neigen sich dabei dem Betrachter zu, ohne ihn zu bedrängen. Denn die darüber gesetzten großformatigen „Eyecatcher“ oder auch „Bildteaser“ richten sich wieder zur Wand hin. Damit wird ein großer, hoher Raum unkonventionell gestaltet. Die farbig abgesetzte Ostwand vermittelt zwischen den zwei Längswänden. Max Emanuel beherrscht die Seite nicht nur textlich, sondern auch visuell: Mit Kommandostab in der Hand blickt er zum Betrachter.
Der „Blaue Kurfürst“ grüßt
Die Texte sind zweisprachig, so bestand eine weitere Aufgabe darin, die englischen Übersetzungen zu prüfen. Denn mitunter kann eine Übersetzung auch eine andere Richtung einnehmen, die zu korrigieren ist. Überhaupt bedarf es einiger Korrekturläufe, auch bei den Gestaltungsentwürfen. Das sind alles sehr wertvolle Erfahrungen, die im Studium nicht gelernt werden. Dann kommt der große Tag des Aufbaus. Anders als im
Charlottengang der Residenz sind dieses Mal unsere Finger nicht durch den unsachgemäßen Gebrauch des Hammers in Gefahr, denn wir beaufsichtigen nur. Und endlich ist es soweit – Vision und Wirklichkeit gehen Hand in Hand. Der Dokumentationsraum vermittelt nun dauerhaft die Genese der Schlossanlage Schleißheim mit der Konzentration auf „Max Emanuel und Schleißheim“.
Modernste Technik wird angewandt – der Laser soll für eine waagerechte Leiste sorgen. Die Böden alter Gemäuer sind teils uneben. Das gilt es auszugleichen.
Feierliche Eröffnung und neue Wege: Twittern von der Pressekonferenz
Am 04. Juli 2012 werden dann der Dokumentationsraum, die gerüstfreie Kammerkapelle und der restaurierte Wirkteppich „Belagerung Max Emanuels“ offiziell durch den Präsidenten der Bayerischen Schlösserverwaltung, Bernd Schreiber, vorgestellt. Der Auftakt zur Jubiläumswoche (07.07.-15.07.2012) – der 350. Geburtstag Max Emanuels – beginnt. Neben der Presse vor Ort wird per Twitter mit dem Hashtag #PKSch über die Highlights informiert. Die Resonanz ist groß: Berlin, Bonn, Köln, Frankfurt, Duisburg, München und anderswo erleben die Pressekonferenz live mit und beteiligen sich rege – dafür ein herzliches Dankeschön! Es war klasse mit Euch! Wie so ein Twitter-Event funktioniert, könnt Ihr Euch auf Storify ansehen – nach dem Tweetup im Residenzmuseum im Oktober 2011, geht die BSV weiter neue Wege.
Dämmriges Licht, trotzdem müssen die richtigen Buchstaben auf dem Smartphone getippt werden. Twitterati im Einsatz: zuhören, schreiben, lesen und antworten – Multitasking ist verlangt.
Grundsätzlich halten wir es mit Friedrich Carl von Moser, 1755:
„Die vornehmste Chur-Bayrische Lust-Schlösser seynd:
Nymphenburg, Schleisheim … ;
Und hat nach dem König von Frankreich kein Herr in Europa
Schönere Lust-Schlösser als der Chur-Fürst von Bayern.“
Wir wünschen viel „Seh-Vergnügen“ im Neuen Schloss Schleißheim!
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