Leuchtende Königskutschen, prunkvolle Kaisersäle, reich verzierte Schlafgemächer – die bayerischen Herzöge, Kurfürsten und Könige wussten ihre Macht und Reichtümer eindrucksvoll zu inszenieren. In zahlreichen Schlössern und Residenzen in Bayern erwecken goldglänzende Ausstattungen die Pracht vergangener Zeiten zum Leben und bringen damit nicht nur ihre Besucher zum Staunen.
Die Erhaltung solcher Schätze erfordert allerdings ein hohes Maß an Geduld, Ausdauer und Fingerspitzengefühl hinter den Kulissen. Expertin hierfür ist Sabine Palffy, Vergolderin der Bayerischen Schlösserverwaltung. Von ihrer Werkstatt in Schloss Nymphenburg aus kümmert sie sich um die Vergoldung einer vielfältigen Objektsammlung, von Brunnenfiguren über historische Gebrauchsgegenstände bis hin zu verzierten Bilderrahmen. In diesem Interview erzählt sie uns über ihren Alltag in der Vergolderwerkstatt unseres Restaurierungszentrums, von besonderen Projekten und der Zukunft dieses traditionellen Handwerks.
Das Interview führte Sophie den Toom.
Bitte stellen Sie sich zu Beginn doch kurz vor, liebe Frau Palffy!
Mein Name ist Sabine Palffy und ich bin seit über 20 Jahren als Vergolderin bei der Bayerischen Schlösserverwaltung tätig. Davor habe ich eine Ausbildung zur Kirchenmalerin absolviert, später die Meisterprüfung gemacht und einige Jahre freiberuflich gearbeitet. Ich habe noch eine Kollegin, die in Würzburg arbeitet, bin hier in Nymphenburg aber inzwischen die letzte meines Berufes, die hauptsächlich handwerklich arbeitet. Meine Aufgaben als Vergolderin sind vielfältig: Die Bearbeitung von Rahmen ist ein Schwerpunkt, aber auch Rekonstruktionsarbeiten an Fassungsoberflächen gehören dazu.
Welche Objekte kommen sonst noch auf Ihren Tisch?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich arbeite vorwiegend an Objekten aus Holz, aber auch an Elementen der Innenausstattung wie zum Beispiel Lambrien (ausgebaute Wandverkleidungen/Sockel). Außerdem habe ich bisher u.a. Skulpturenkopien aus Holz, Lüster, die Leuchter an den Treppenaufgängen von Schloss Nymphenburg und Brunnenfiguren mit einer neuen Farbfassung oder Vergoldung versehen.
Es gab mal einen sehr ungewöhnlichen Fall, den ich normalerweise nicht in meinem Fachbereich habe: Auf Bitte von meiner Kollegin aus der Glasrestaurierung habe ich für eine museale Präsentation Fehlstellen auf vergoldetem Glas ausgebessert und ergänzt.
Unterschiedliche Objekte benötigen eine Behandlung mit unterschiedlichen Techniken. Welche sind am gängigsten? Wie lauten die groben Arbeitsschritte?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer Vergoldung für den Innenraum und einer für den Außenraum. Vergolder haben üblicherweise mit beidem zu tun und setzen in allen Fällen hochkarätiges Blattgold ein. Erstes Ziel bei der Außenvergoldung ist es – neben der optischen Aufwertung – vor allem, die Objekte witterungsfest zu machen. Das gelingt mit der sogenannten Ölvergoldung, in der das Blattgold in die geölte Oberfläche eingelegt wird. So schafft man eine robuste Schutzschicht, durch die das Objekt auch in kaltem, heißem und feuchtem Wetter widerstandsfähig bleibt. Objekte, deren Grundmaterial feuchtigkeitsempfindlich ist, kommen für diese Technik logischerweise nicht in Frage. Zum Beispiel erhielten die bereits erwähnten Nymphenburger Treppenleuchter aus Metall hier in der Werkstatt eine Ölvergoldung. Das war vor ca. 25 Jahren, seitdem haben sie sich ziemlich gut gehalten.
Anders ist es bei der sogenannten Polimentvergoldung, die aufwendigste und hochwertigste Vergoldertechnik. Hier wird zunächst ein Gemisch aus Kreide und tierischem Leim mehrfach aufgetragen. Danach wird das Gold in feinst geschlämmte Tonerde – genannt Poliment – mit einem Achatstein „einpoliert”. Dieses Material ist feuchtigkeitsempfindlich, somit eignet sich diese Technik ausschließlich für Innenobjekte. Zudem lässt sich die Oberfläche durch die hohe Elastizität der Kreideschicht sehr vielfältig gestalten. Man kann sie auf Hochglanz polieren, strukturieren, gravieren, punzieren, da gibt es viele mögliche Variationen. Diese Art der Vergoldung ist oft in Kirchen und Schlössern zu sehen und wird in dieser Form seit dem Mittelalter angewendet.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Aktuell bin ich mit einem Bilderrahmen aus Schloss Rosenau bei Coburg beschäftigt, der stark beschädigt und unvollständig ist. Der Rahmen hat mit dem dazugehörigen Gemälde – einer italienischen Landschaft – länger im Depot geschlafen und soll nun mit dem Gemälde ausstellungsfähig gemacht werden. Die Verzierungen dieses Rahmens bestehen aus einer Harz-Leim-Kreide-Masse, die an verschiedenen Stellen verloren gegangen ist.
Daher habe ich im ersten Schritt die abgebrochenen Ornamente wiederhergestellt.
Hier habe ich erstmal Hilfe von unserer Bildhauerin bekommen, die die fehlenden Stücke in Plastilin geformt hat. Von diesen Stücken habe ich dann eine Negativform in Silikon genommen, die Form gegossen und dann schließlich die Teile an den fehlenden Stellen angesetzt und grundiert. Jetzt wird noch das Gold angebracht und die neue Vergoldung an die alte angepasst.
https://youtu.be/6tgz0P6rma4?t=2
Gibt es ein vergangenes Projekt, welches Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Davon gab es viele! Ich denke gerade an ein schönes Projekt, das ich für die Ausstellung “Pomeranzen-Gold: Fürstliche Orangeriekultur in Bayern” (2010) auf Schloss Herrenchiemsee realisieren durfte. Mittelpunkt dieser Ausstellung waren Pomeranzen-, Orangen- und Zitronenbäume als Statussymbole der bayerischen Herrscher und besondere Leidenschaft von König Ludwig II. Neben den echten Zitruspflanzen, die in den Gärten der Schlösserverwaltung gehegt und gepflegt werden, sollten auch deren Früchte gezeigt werden. Diese bleiben aber natürlich nicht über die gesamte Länge der Ausstellung frisch. Deshalb wurden dafür von den Bildhauern zur Anschauung Gipsfrüchte angefertigt. Mein Auftrag war es, die Farbgebung und Oberflächenstruktur der unechten Früchte täuschend echt zu gestalten, was großen Spaß gemacht hat und gut gelungen ist. Hier zeigt sich, wie vielfältig der Vergolderberuf ist und dass die Arbeit auch mal über die reine Handhabung des Goldes hinausgeht.
Warum haben Sie sich für den Vergolderberuf entschieden? Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit besonders?
Als Schülerin habe ich mich für Geschichte, speziell für Kunstgeschichte interessiert, wollte dann aber doch eher ins Praktische gehen. Daraufhin habe ich die Kirchenmaler-Lehre gemacht, in der auch das Vergolden eine große Rolle spielt. Das hat mir so gut gefallen, dass ich dabei geblieben bin. Diese Entscheidung habe ich auch nie bereut. Das Tolle an meinem Beruf ist die Vielfältigkeit. Man kommt viel rum, hat mit immer neuen Objekten zu tun und unterschiedliche Leute um sich herum. Früher bin ich zum Beispiel viel in Kirchen unterwegs gewesen.
Allerdings stirbt der Vergolderberuf als solcher leider langsam aus, weil der Bedarf an historischen Objekten immer kleiner wird. Die heutige kunst- und kulturaffine Kundschaft bevorzugt inzwischen modernes Design und weniger historische vergoldete Möbelstücke. Das spiegelt sich auch in den stark gesunkenen Preisen auf dem Antiquitätenmarkt wider. Wenn historische Vergoldungen restauriert werden müssen, werden diese heutzutage eher von spezialisierten Restauratoren gereinigt, konserviert und retuschiert und weniger neu vergoldet. Dementsprechend werden auch immer weniger im Vergolderberuf ausgebildet. Natürlich ist es einerseits bedauerlich, dass diese Techniken und Fähigkeiten verloren gehen. Andererseits entstehen auch viele neue Berufe, die sich vor 20 Jahren niemand hätte vorstellen können. Das ist einfach der natürliche Lauf der Dinge!
Vielen Dank für das Interview!