Zitrusfrüchte wie Orangen, Mandarinen und Zitronen sind für uns heute absolut selbstverständliche Massenprodukte. Früher stellte sich dies noch ganz anders dar: Zwar konnten einzelne Früchte bereits im Spätmittelalter über Händler aus Italien erworben werden, doch machte sie der aufwendige Transport über die Alpen mittels Pferdegespann teuer und exklusiv.
Die Zitruspflanzen selbst gelangten vermutlich erst im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts und zunächst in geringer Stückzahl aus dem Mittelmeergebiet in die nördlichen Staaten jenseits der Alpen. Die arbeitsintensive, komplizierte und damit kostspielige Kultur der anspruchsvollen Gewächse, die in den kalten Monaten in einem zumindest leicht temperierten Gebäude überwintert werden mussten, ließen sie zu einem Statussymbol der Herrscher und reichen Bürger werden. In der Barockzeit wurden prächtige Orangeriegebäude eigens für die Überwinterung der begehrten Pflanzen errichtet und spezialisierte Gärtner für die Pflanzenpflege eingestellt.
Zunächst kultivierte man insbesondere Pomeranzen, also Bitterorangen, zumal sie auch als robuster galten als die meisten anderen Zitrussorten; bis zum frühen 18. Jahrhundert hatte die Vielfalt der unterschiedlichen Arten und Sorten in den Zitrussammlungen dann auch jenseits der Alpen in beeindruckender Weise zugenommen. Neben Bitterorangen und Zedratzitronen wurden Zitronen, Limonen und Orangen in einer Vielzahl von Sorten kultiviert.
Zitrus in Bayreuth – „so sehr schön mit Lust anzusehen“
Im Gartenkunst-Museum Schloss Fantaisie in Donndorf bei Bayreuth geben aktuell originalgetreu farbig gefasste Gipsabgüsse von Zitrusfrüchten einen kleinen Überblick über die einstige Vielfalt. Alle ausgestellten Zitrussorten wurden bereits im frühen 18. Jahrhundert im bayerischen Raum kultiviert. Die echten Früchte, die als Grundlage für die Herstellung der Gipsabgüsse dienten, stammen aus dem Bestand der Schloss- und Gartenverwaltung Bayreuth-Eremitage.
So ist unter anderem eine gestreifte Pomeranzensorte (Citrus aurantium ‚Fasciata‘) zu sehen, die in Italien erstmals im 16. Jahrhundert beschrieben wurde. Die Frucht zeichnet sich durch ihre unregelmäßigen, erhabenen Streifen aus und erinnert damit an die Hosen der Schweizergarde des Vatikans bzw. an die Hosen der deutschen Landsknechte im Mittelalter. Sie wird deshalb auch Schweizer Pomeranze oder Deutsche Landsknechtshose genannt.
Der Nürnberger Kaufmann Johann Christoph Volkamer, der 1708 und 1714 eine zweibändige Monografie über Zitruspflanzen herausgab, beschrieb die auffällig gestreifte Citrus-Frucht folgendermaßen:
„[…] kann man die Schwefel=gelbe und grüne Streiffe an selbigen gar schön unterscheiden/ wann sie aber zeitigen [= reifen]/ ändern sich die Farben/ daß die grüne Streiffe Pomerantzen= oder hoch Saffran=gelb werden/ die liecht Schwefel=gelbe aber Citronen=farb/ so sehr schön mit Lust anzusehen.“ (Johann Christoph Volkamer, Nürnbergische Hesperides, Nürnberg 1708)
Seit April 2022 können im Gartenkunst-Museum Schloss Fantaisie nun acht in Form, Farbe und Größe zum Teil deutlich unterschiedliche Zitrusarten und -sorten als Gipsabgüsse miteinander verglichen werden. Die aufwendige, viele Einzelschritte erfordernde Abformung der Originalfrüchte sowie die originalgetreue, detaillierte Farbfassung übernahmen Mitarbeiter des Restaurierungszentrums der Bayerischen Schlösserverwaltung.
Öffnungszeiten
April-September: 9-18 Uhr
1. – 15. Oktober: 10-16 Uhr
Montags geschlossen
(außer: Ostermontag, 1. Mai, Pfingstmontag, 3. Oktober)
16. Oktober-März: geschlossen