Im heutigen Blogbeitrag steht zur Abwechslung ein anderes, mit der Residenz eng verbundenes Schlossmuseum im Mittelpunkt: Das Marstallmuseum in Schloss Nymphenburg, über dessen sinistres Glanzstück diesmal unsere Kollegin berichtet:
Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag – im November ist die Erinnerung an die Verstorbenen besonders präsent. Ebenfalls im November, am 5.11.1921 fand der eindrucksvolle Trauerzug für den letzten bayerischen König und seine Gemahlin statt.
Beide waren im Exil verstorben: König Ludwig III. am 18. Oktober 1921 auf Schloss Nádasdy in Sávár/Ungarn, Königin Marie Therese bereits 1919 auf Schloss Wildenwart im Chiemgau. Ihre sterblichen Überreste wurden nach München überführt und in der Frauenkirche in der Familiengruft der Wittelsbacher beigesetzt.
Als abgesetztes Königspaar erhielten Marie Therese und Ludwig III., der von 1912/13 bis 1918 regierte, kein offizielles Staatsbegräbnis. Dennoch erwiesen über 100.000 Menschen dem Paar in traditionellem königlichem Trauerzeremoniell die Ehre. In Kutschen wurden die Särge durch die geschmückten Münchner Straßen mit einem langen Trauerzug von der Ludwigskirche über den Königs- und Karolinenplatz in die Frauenkirche gebracht.
Für König Ludwig III. wurde der 1825 gebaute, offizielle königliche Trauerwagen verwendet, der mit Kränzen und Schleifen feierlich geschmückt war. Für Königin Marie Therese wurde ein schlichterer, kleinerer Leichenwagen genutzt. Dieser Leichenwagen ist der einzige erhaltene seiner Gattung im heutigen Marstallmuseum, da der große königliche Trauerwagen 1944 in einer Bombennacht im Marstall der Residenz verbrannte.
Die meisten anderen Kutschen und Galawagen der Wittelsbacher waren damals bereits nach Schloss Nymphenburg ausgelagert worden und blieben so von der Zerstörung verschont. Der erhaltene, jüngst restaurierte Leichenwagen stellt einen eher bürgerlich-städtischen Fahrzeugtyp dar und wurde erst nach dem Ankauf durch den Oberststallmeisterstab im Jahre 1886 mit dem königlichen Wappen und aufwändigen versilberten Details aufgewertet. Die Beisetzung der Königin stellt die erste nachgewiesene höfische Verwendung des Wagens dar.
Noch einmal wurde dieser Leichenwagen verwendet: Am 6. August 1955 für den Trauerzug zur Beisetzung des Kronprinzen Rupprecht (1869-1955).
Kronprinz Rupprecht selbst spielte bei der Beerdigung seiner Eltern Marie Therese und Ludwig III. eine nicht unbedeutende Rolle. Der Trauerzug als großer Auftritt der vergangenen Monarchie ließ Putschgerüchte aufkommen. Der Kronprinz wollte seine Thronfolge jedoch nur auf legalem Weg antreten. Dies war einer der Gründe, warum es 1921 doch nicht zum Putsch der Monarchisten kam.
Heute erinnert der Leichenwagen im Marstallmuseum des Nymphenburger Schlosses an diese politisch bewegten Zeiten und das einst so prunkvolle königliche Trauerzeremoniell.