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Sommertipp: Frauenpower am Start – Erfrischendes im alten Gemäuer

Wirksam Ausstellung Cadolzburg

Mit der musealen Erschließung der Cadolzburg 2017 war ein Fokus gelegt auf die Glanzzeit der Burg im späten Mittelalter und ihre Herren, die Burggrafen von Nürnberg, ab 1415 Kurfürsten der Mark Brandenburg aus dem Haus der Zollern. Das erste Kurfürstenpaar sowie ihr dritter Sohn mit Frau sind die Protagonisten der Erzählung. Doch gilt in der Dauerausstellung, ehrlich gestanden, der Schwerpunkt den in Quellen leichter greifbaren beiden Männern: Friedrich I. und Albrecht Achilles. Wie immer also ist oder war mehr von den Herren die Rede – und dass das weder ein vollständiges noch korrektes Bild von hochadligen Herrschaftsverhältnissen in Deutschland/im Heiligen Römischen Reich im 15. Jahrhundert gibt, soll nun berücksichtigt werden: Mit dem Projekt „WIRKSAM. Frauennetzwerke der Hohenzollern im Spätmittelalter“ kümmert sich ein Netzwerk von musealen Partnern an zehn Orten ausschließlich um Biographien, Rollenzuweisungen, Spielräume und Netzwerke dieser Damen. Und es ist erstaunlich, wie nah einem manches rückt, wenn man genauer hinsieht!

Frauenmobile Cadolzburg Wirksam

Begriffe zum Wortfeld „Frau“ aus einem Beststeller-Vokabular um 1420 in Form eines Mobiles

Beeindruckende Fürstin, coole Ausstellungs-Location:

Im übertragenen wie im wörtlichen Sinn ist die Ausstellung zur ersten Kurfürstin der Hohenzollern-Dynastie in dicken Burgmauern während der heißen Sommermonate ein erfrischendes Erlebnis: Erstaunlich, was die Frau an der Seite Friedrichs I. so alles geleistet hat! Zehn Kinder hat sie auf die Welt gebracht und damit die Zukunft und den Machtzuwachs des Hauses gesichert. Aber sie war viel mehr als das, wie man aus etlichen Dokumenten herauslesen kann: Sie agierte als selbständige Herrin neben, teils auch an Stelle ihres Mannes sowohl in Brandenburg wie in Franken, war richtig viel unterwegs, wirkte als Regentin wie als Netzwerkerin, bemühte sich um Bündnisse, Frieden oder handfeste Verteidigung der Herrschaft und sie kommunizierte in alle Richtungen über politisch wie sozial Relevantes. Immer wieder erwies sie sich als eine nach damaligem Ermessen offenbar perfekte Herrin mit standesgemäßem, aber auch ebenso frommem wie starkem Auftreten, was sie zur Stammmutter der Hohenzollern machte. Nur mit Frauen wie Elisabeth konnten sie ja außer Kurfürsten der Mark Brandenburg auch Könige in Preußen und Deutsche Kaiser werden …

Fünf Ausstellungskapitel

Die Ausstellung präsentiert Elisabeth in fünf Abschnitten am authentischen Wirkungsort Cadolzburg mit rotem Faden: Zunächst wird die erfolgversprechende Heiratsverbindung zwischen dem Burggrafen von Nürnberg und der Landshuter Herzogstochter gewürdigt. Schon 1415 galt es, von Cadolzburg/Franken aus im Spagat auch Brandenburg zu beherrschen. Ihre Kinderschar stellte in gewisser Weise menschliches Kapital bei der strategischen Zukunftsplanung für das Haus dar.

Schachfiguren Kinder

Kinder waren nicht selten Schachfiguren auf dem politischen Spielfeld

Im erstmalig als Ausstellungsraum genutzten Erkersaal wird Elisabeth in ihrer Eigenschaft als Herrscherin und Regentin gewürdigt, unterwegs, im Alltag bei der Finanzkontrolle oder Belehnungsvorgängen, mit Blick auf konkrete Hinterlassenschaften. Dazu brauchte es gewiss mehr als physische Schönheit!

Lamellenbild Wirksam Cadolzburg

Mit einem großen schillernden Bild Elisabeths werden Besuchende im zweiten Ausstellungsteil begrüßt

Ein besonders heißer Moment waren die Jahre 1420/21, als sie in Franken ohne ihren Mann nicht nur für das Land oberhalb des Gebirgs um Kulmbach die Herrschaft offiziell antreten, sondern gleichzeitig einen sich massiv verschärfenden Konflikt mit ihrem Cousin parieren musste: Der beschimpfte sich mit Friedrich öffentlichkeitswirksam wild (eine Kostprobe dieser Hate speech hört ihr in der Ausstellung!), aber die Situation eskalierte nicht zuletzt aufgrund der Zerstörung der Burggrafenburg in Nürnberg im Oktober 1420, trotz intensiver diplomatischer Bemühungen Elisabeths. Flammen über Nürnberg!

Eisentür Wirksam Cadolzburg

Ein eindrucksvolles Exponat: eine spätmittelalterliche Türe aus dem Areal der Burggrafenburg

Ein bitterer Preis, der von den Zollern für ein „angeheiratetes“ Problem zu zahlen war. Zugleich wird damit nicht nur die glorreiche, sondern auch eine Schattenseite der Geschichte erzählt. Aber Elisabeth war alles wert – sie hielt trotz vielfacher, auch finanzieller Engpässe treu zu ihrem Mann und verzichtete schließlich auch auf den Großteil ihrer Witwenansprüche zugunsten ihrer verschuldeten Kinder. Das vorletzte Ausstellungskapitel ruft eindrucksvoll in Erinnerung, was heutzutage gern in Vergessenheit gerät, nämlich die wichtige Rolle als Stifterin auch im geistlichen Zusammenhang. Am Beispiel des von ihr mit-gestifteten Augustinerchorherrenklosters von Langenzenn kann so manches kunsthistorische Schätzchen entdeckt werden, als anschaulicher Beleg für ihre Sorge auch um das Seelenheil der Ihren im Jenseits.

Glasbild

Dieses äußerst hochwertige Glasfenster aus dem Kreuzgang Langenzenns stammt aus der Zeit Elisabeths

Spannend ist schließlich, was es zu erfahren gibt zum fürstlichen Frauenhof im 15. Jahrhundert. Hinreißend ist eine Tapisserie, die eine schachspielende Königin zeigt und daran erinnert, welchen Aufschwung samt Regeländerung damals das Strategiespiel und die Rolle der Dame dabei nahm.

Schachspiel Wirksam Cadolzburg

Vielfältige Exponate zum Thema Schach machen das Thema lebendig

Auch über die Zusammensetzung des weiblichen Zollernhofs, über so manche Hinterlassenschaft an Schmuck oder etwa belletristische Annehmlichkeiten ist einiges zu entdecken. Ein regelrechtes Karussel zeigt am Ende, wie es mit der Versorgung von Elisabeth als Witwe aussah – die ihren Lebensabend wieder in Cadolzburg verbrachte.

Wittumsrad Cadolzburg Wirksam

Elisabeths Witwenversorgung musste häufig an wechselnde Umstände angepasst werden

Dass von ihr und hier aus breitgestreute Netzwerkaktivitäten zu Menschen, Regionen und Herrscherhäusern wirkten, darauf verweisen nicht nur spezielle Ausstellungsdisplays, sondern auch eine eigens an diesem wie allen Projektausstellungsorten aufgestellte Medienstation, die großzügig von der Bayerischen Sparkassenstiftung gefördert wurde.

Netzwerkklappen Cadolzburg Wirksam

links: Über solche Vertiefungsebenen werden Verlinkungen im übergeordneten Projekt deutlich; rechts: Die Medienstation lädt dazu ein, die Damen und ihre Vernetzung genauer kennenzulernen

Nicht nur Uraltes – Frauen heute?!

Diese Persönlichkeit, aber auch davon ausgehende Fragen gehen uns heute noch an! Studierende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigten sich deshalb mit einigen Facetten der Ausstellung. Und eine ganze Reihe von Veranstaltungen bietet Gelegenheit, die vermeintlich „alten“ Themen jetzt zu diskutieren wie beispielsweise bei einer Podiumsdiskussion zu „Frau(en) an der Macht! Damals und Heute“ mit Frauen, die politisch, kulturell oder wirtschaftlich als Entscheiderinnen tätig sind. Wer es lieber formlos mag, kann sich in lockerer Runde einmal monatlich nach einer Kurzführung am „(Feier-)Abend in der Cadolzburg – Auf ein Getränk mit der Kurfürstin“ treffen oder gar beim Speed Dating am 10.10. mittun, der modernen Analogie zur hochadligen Partnersuche des 15. Jahrhunderts. Frauennetzwerke haben überdies die Möglichkeit, sich in Cadolzburg zu treffen und nebenbei inspirieren zu lassen von Elisabeth als historisches role model. Es lohnt sich also ein Besuch für die Historie wie für unser eigenes, aktuelles Leben ein Besuch auf der Cadolzburg, der Burg, die es in sich hat!