Die Ostasiatische Porzellansammlung der Wittelsbacher in der Residenz München ist eine der bedeutendsten fürstlichen Sammlungen dieser Art in Europa. Sie umfasst über 500 Porzellane aus China und Japan. Der Großteil der Stücke stammt aus der Zeit um 1700, als chinesische Luxusprodukte gerade besonders in Mode waren. Das kostbare Gut Porzellan wurde über die Seidenstraße oder den Seeweg nach Europa gebracht. Wir finden, damit ist „Ostindisches Porzellan in Bayern“ ein hervorragendes Thema für die Blogparade Europa und das Meer, die derzeit vom Deutschen Historischen Museum veranstaltet wird.
Die Wittelsbacher und ihre Schätze aus dem Fernen Osten
Die Wittelsbacher Sammlung geht auf die berühmte Kunstkammer Herzog Albrechts V. (reg. 1550-1579) zurück. In dem frühesten Inventar der Kunstkammer von 1598 sind bereits Porzellane erwähnt. Da es im Europa dieser Zeit noch kein Porzellan gab, muss es sich hier um chinesische Stücke handeln. Chinesisches Porzellan war zu Albrechts Zeiten ein ganz besonderer Luxusartikel, den man gerne unter Fürstenhäusern verschenkte. Über die Seidenstraße oder den Seeweg wurde das kostbare Gut nach Europa gebracht. Frühes chinesisches Porzellan kam möglicherweise über die Jesuiten an den Münchner Hof, deren Mission Herzog Wilhelm V. (reg. 1579-1597) förderte.
Der größte Teil der über 500 Objekte umfassenden Sammlung der Wittelsbacher stammt jedoch vom Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts. Durch Reiseberichte von Kaufleuten und Missionaren sowie durch den Import kostbarer Waren wie Porzellan, Seide, Lack und Gewürze hatte sich in Europa zu dieser Zeit ein großes Interesse am Fernen Osten entwickelt. Man importierte bald jedoch nicht mehr nur chinesische, japanische und indische Güter (damals zusammengefasst unter dem Sammelbegriff „ostindisch“), sondern stellte auch selbst Möbel, Wandbemalungen und Stoffe im „chinesischen Stil“ her. Zeugnis für die Chinabegeisterung der bayerischen Herrscher ist beispielsweise auch das Spiegelkabinett in den Reichen Zimmern der Residenz. Bis heute sind in dem 1731 unter Kurfürst Karl Albrecht, dem späteren Kaiser Karl VII., erbauten Prunkraum ostasiatische Porzellane als Wandschmuck auf kleinen Konsolen zu sehen.
Wie kam „ostindisches“ Porzellan nach Europa?
Nachdem bereits im Mittelalter chinesische Porzellane über die Seidenstraße und den Seeweg nach Europa gekommen waren, setzte der massenhafte Import erst im 17. Jahrhundert ein, als Portugal von den Niederlanden als wichtigste Seemacht abgelöst wurde. Hauptimporteur von ostasiatischem Porzellan wurde die 1602 gegründete „Vereenigte Oostindische Compagnie“ (VOC). Porzellan machte zunächst nur ein geringes Handelsvolumen aus – Porzellangefäße dienten beispielsweise während der langen Überfahrt als trockener und sicherer Aufbewahrungsort für Gewürze. Später, im 17. und 18. Jahrhundert wurde das einst so exklusive Gut in Millionenstückzahl nach Europa importiert. Dies belegen Aufzeichnungen von Versteigerungen, Aufträge und Bordbücher eindrücklich.
Der einfache Weg über das Meer dauerte jeweils ein halbes Jahr und an jeder Ecke lauerten Gefahren: Überfälle von Piraten, Seenot und das Sinken von Schiffen waren keine Einzelfälle. Die Schiffe der VOC fuhren von den holländischen Hafenstädten über das Kap der Guten Hoffnung, Madagaskar und Indien meist nach Batavia auf der Insel Java zu einer der großen niederländischen Handelsniederlassungen.
Ein Blick in die Sammlung
Um einen Eindruck von der spektakulären „ostindischen“ Porzellansammlung der Wittelsbacher zu bekommen, wollen wir nun einen Blick auf einige ausgewählte Stücke werfen.
Als Inbegriff des Porzellans galt in Europa lange Zeit chinesisches Blauweiß-Porzellan. Bis etwa 1700 wurde es in großen Mengen nach Europa exportiert – erst ab dann wurden bunte Stücke beliebter.
Eine Besonderheit der Wittelsbacher Sammlung ist die große Menge an Porzellan mit Montierungen aus vergoldeter Bronze und Silber. Diese sollten die Kostbarkeit noch steigern und waren Ausdruck besonderer Wertschätzung des Porzellans. Zudem dienten die Montierungen als Schutz vor Absplitterungen oder sie verdeckten Beschädigungen, die während des Transports entstanden waren.
Um 1700 gelangten vermehrt farbige Porzellane nach Europa. Vorwiegend handelte es sich dabei um Stücke der Famille verte (Grüne Familie). Dabei ist Grün der Grundton der Bemalung, die mit weiteren Farben ergänzt wurde. Um 1720 taucht in der Farbpalette des chinesischen Porzellans ein Rosaton auf, der diesen Stücken die Bezeichnung Famille rose gab. Beide Begriffe stammen aus dem 19. Jahrhundert und werden bis heute verwendet.
Eine besondere Rarität im Europa des 18. Jahrhunderts war Mirror-black Porzellan – Porzellan aus spiegelschwarzem Fond mit feinem Golddekor. Diese Stücke kamen sehr selten in den Export, weil sie eigentlich für die chinesische Oberschicht gefertigt wurden. Eines der bedeutendsten Ensembles der Wittelsbacher Ostasiensammlung seht Ihr hier:
Rein weißes chinesisches Porzellan nennt man, ebenfalls seit dem 19. Jahrhundert, Blanc de Chine. Es stammt aus der südostchinesischen Provinz Fujian. Dort wurde viel figürliches Porzellan hergestellt – häufig wurden kleine Skulpturen für den chinesischen Hausaltar gefertigt. Auch in Europa waren diese Figuren besonders beliebt. Am bekanntesten: der Dickbauchbuddha. Er ist Symbol für Glück, Frohsinn und Überfluss.
…Wer nach diesem kleinen Einblick Lust bekommen hat, sich die prächtige Porzellan-Sammlung der Wittelsbacher anzusehen, der findet diese in der Münchner Residenz sowie ausgewählte Stücke in den Schlössern Nymphenburg und Schleißheim. Wir freuen uns auf Euren Besuch! Für alle Fans des Blogs der Residenz München sei außerdem auf diesen älteren, jedoch immer noch spannenden Blogbeitrag mit näheren Details zur Sammlung hingewiesen.
Inhaltlich besonders passend zu unserem Beitrag zur Blogparade sind übrigens auch folgende spannende Artikel:
82. Ralf Grabuschnig: „Wie die Ostindien-Kompanie das Meer, den Handel und ganz England eroberte“ // @RalfGrabusnik (23.07.2018)
100. Schlösser und Gärten Deutschland: „Blogparade „Europa und das Meer“ – „Was bedeutet uns das Meer?““ // @sgd_zu_tisch (25.07.2018)
Literatur
Friederike Ulrichs: Die ostasiatische Porzellansammlung der Wittelsbacher. Hrsg. von der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. München 2005.
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