Es geht wieder los – Die Festtage sind definitiv vorbei und neue Aufgaben stehen an. Eins unserer ersten Projekte im neuen Jahr ist die Neueinrichtung des sogenannten Porzellankabinetts.
Dieser kleine, um 1726/30 von Joseph Effner und François Cuvilliés eingerichtete Raum liegt hinter der Ahnengalerie im Erdgeschoss der Residenz. Mit seinen reich vergoldeten Schnitzereien und Stuckaturen wirkt er wie eine kleine, üppig dekorierte Schmuckkassette – ein durchaus kalkulierter Effekt, denn hier wurde im 18. Jh. der Hausschatz der Wittelsbacher gezeigt, der heute in der benachbarten Schatzkammer schimmert. Porzellan dagegen wird erst seit Ende des 19. Jahrhundert in den verglasten Rokokoschränken ausgestellt. Seit einigen Wochen aber sind die Vitrinen leer: Da in einigen Jahren, wenn die Sanierung des Königsbaus abgeschlossen ist, die reichen Porzellane des 18. und 19. Jahrhunderts dort versammelt werden sollen, sind die Bestände zur Reinigung, Sichtung und Konservierung in die Restaurierungswerkstätten gewandert. Eine gute Gelegenheit also, die Raumhülle zu säubern – das heißt in erster Linie sorgfältig entstauben, denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ist kaum zu vermeiden, das feinster Staub von der benachbarten Baustelle am Königsbau durch Fensterritzen etc. eindringt, sich im Laufe Zeit auf den Oberflächen niedersetzt und die Vergoldung matt werden lässt.
Diese Arbeiten sind nun glücklich abgeschlossen und gefragt ist daher eine Neubestückung – und damit geht es los: Da sind zunächst rein inhaltliche Fragen – welche Stücke passen historisch und stilgeschichtlich gut zusammen? Und fügen sich diese Porzellane wiederum mit ihrer Entstehungszeit in die reiche süddeutsche Rokoko-Ausstattung des Kabinetts? Doch sind im Zuge einer solchen temporären Neueinrichtung noch viele weitere Aspekte zu beachten: Es gilt zusammen mit den Restauratoren zu überlegen, welche Stücke im Depot in einem präsentablen Zustand sind. Die meisten Exponate gehören zu größeren Ensembles – Tafelservice, Figurenzyklen usw. – die zum Teil aus vielen Dutzend Einzelstücken bestehen. Aus welchen dieser Gruppen kann man sinnvoll exemplarische Teile herauslösen? Vor Ort und angesichts der leeren Schränke kommen die nächsten Fragen. Sind die ausgesuchten Porzellane groß genug, um von den Besuchern wahrgenommen zu werden? Die Sichtverhältnisse im Kabinett sind nicht optimal, da es natürlich den historischen Präsentationsformen des 18., nicht den modernen Sehgewohnheiten des 21. Jahrhunderts verpflichtet ist.
Nach einiger Diskussion entscheiden wir uns schließlich für eine repräsentative Auswahl von Vasen und fürstlichem Tafelgeschirr aus der Produktion der führenden deutschen Manufakturen des 18. Jahrhunderts. Das zentrale Stück gegenüber der Eingangstür soll eine große Vase mit „Schneeballendekor“ bilden. Diese plastische Dekoration ist eine berühmte Spezialität der Meißener Manufaktur, für die Hunderte von handgefertigten Blüten auf dem Vasenkörper angebracht werden müssen.
Flankiert werden soll sie von farbigen Fondvasen, ebenfalls frühe Meisterleistungen der Meißener Porzellankünstler, denn ihnen gelang es als ersten, eine ebenmäßige Einfärbung des Keramikgrundes zu erzeugen. Die sechs Vasen in leuchtendem Gelb, Violett und Türkis bilden einen Satz, der in den Vitrinen verteilt auf Augenhöhe der Besucher markante Farbakzente setzen soll.
In der Höhe werden diese großen, plastischen Schaustücke durch „Flachware“ ergänzt: Präsentierplatten aus dem sogenannten „Vogelservice“, das der spätere bayerische Kurfürst Carl Theodor in seiner eigenen Manufaktur im pfälzischen Frankenthal herstellen ließ: Mit den minutiös gemalten Vögeln auf den Spiegeln der aufrecht gestellten Platten wirken die Serviceteile wie kleine Rundgemälde. Sie können mit dem Rokokozierart der Decke, der Vögel und fliegende Putten zeigt, eine inhaltliche Verbindung eingehen.
Aber mit der Auswahl ist es natürlich noch nicht getan. Sind alle Stücke bereits restauriert und gereinigt? – zum Glück haben wir hier praktisch einen Volltreffer gelandet: die Vasen waren erst 2010 auf einer großen Ausstellung. Auch schon fotografiert? – hier hapert es leider noch und sind die Stücke erstmal in den Vitrinen, ist es dafür zu spät: Also rasch einen weiteren Fotoauftrag an die Kummer gewöhnten Fotografen der Schlösserverwaltung auf den Weg bringen. Nächster Punkt: Wir stellen fest, dass die Vasen, die im untersten Vitrinenfach aufgestellt werden sollen, von den über der Leiste aufsteigenden Rokokoschnitzereien teilweise überdeckt werden: Es müssen also von der Schreinerei kleine Sockel hergestellt werden – und natürlich in passenden Farben gestrichen…. Schließlich: Wie sollen Vasen, Platten und Teller auf die einzelnen Vitrinen verteilt werden? Cuvilliés hat die Schränke als große durchgehende Schauwände geplant; in Rücksicht darauf entscheiden wir uns an den Schmalseiten für eine symmetrische Anordnung: rechte und linke Vitrine sollen einander spiegeln, was Anzahl, Farbe und Formate der dort ausgestellten Exponate angeht – so kann der ursprünglichen Raumkonzeption mit der neuzeitlichen Präsentation Rechnung getragen werden.
Nun ist also soweit erstmal alles gediehen – abgesehen von den Punkten, die wir bisher noch übersehen haben… Es kann losgehen. Mitte Februar soll alles fertig eingerichtet sein. Es bleibt, die Reaktionen der Besucher abzuwarten. Wir hoffen, unsere Überlegungen können sie überzeugen – und sind den Kunstwerken gerecht geworden…