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Die verkaufte Braut: Anna Maria von Brandenburg-Bayreuth heiratet nach Eggenberg

Schloss Eggenberg Graz

Ein Gastbeitrag von Andrea Zedler (Universität Augsburg) und Jörg Zedler (Universität Regensburg) //

Am 26. April 2025 wird die STEIERMARK SCHAU unter dem Titel Ambition & Illusion in Schloss Eggenberg eröffnet. Anlass ist das 400-jährige Bestehen der Residenz der fürstlichen Familie Eggenberg. Das ist auf jeden Fall ein Grund, das bei Graz gelegene Schloss zu feiern, doch warum hat dies auch Relevanz für Bayern, genauer: für Franken und hier besonders für Bayreuth? Zunächst fällt ins Auge, dass Bayreuth und Eggenberg heute über den UNESCO-Weltkulturerbestatus verbunden sind. Doch die Verquickung des ehemaligen Markgrafentums mit der fürstlich-eggenbergischen Residenz ist weit tiefer als es auf den ersten Blick scheint. Hierfür gilt es, sich dem 17. Jahrhundert zuzuwenden, näherhin der religionspolitisch delikaten Zeit des Dreißigjährigen Krieges.


 

1639 wurde in Regensburg ein Einblattdruck publiziert, der eine außergewöhnliche Begebenheit für die an Ereignissen nicht gerade arme Reichsstadt dokumentiert. Bereits der Titel des Drucks, Epithalamium, verrät den Anlass: Gefeiert wurde eine Hochzeit. Im Lobgedicht wird dann aber zunächst nicht das Geschehen selbst, sondern werden dessen Protagonisten vorgestellt, beginnend mit dem als Heros inszenierten Bräutigam. Seine herkulische Tat war, Kaiser Ferdinand III. als Legaten in Rom vertreten zu haben. So war es den Zeitgenossen ein Leichtes, den bis dato ungenannten Helden als Johann Anton, den Fürsten von Eggenberg, zu dechiffrieren, der 1638 die diplomatische Aufgabe übernommen hatte, Papst Urban VIII. die auf Ferdinand gefallene Königswahl und Kaiserproklamation anzuzeigen und dessen Anerkennung als Kaiser zu erlangen.

digitalisat bsb Hochzeitsgedicht Ausschnitt

Hochzeitsgedicht aus dem Jahr 1639 (Ausschnitt). Bayerische Staatsbibliothek, München Cgm 4900(3#Bl.972

Bereits das darauffolgende Jahr 1639 sollte für Eggenberg eine weitere Zäsur bereithalten: Fern der steirischen Heimat feierte er in Regensburg seine eigene Hochzeit. Erst die zweite Gedichthälfte verrät den Namen der fränkischen Braut: Anna Maria, Tochter des Markgrafen Christian von Brandenburg-Bayreuth und der Marie von Preußen.

Das schon die Zeitgenossen Verblüffende dieser Verbindung war indes weniger die geografische Distanz zwischen den heimatlichen Gefilden der Brautleute oder der Hochzeitsort, mit dem beide in keiner besonderen Beziehung standen und der sich auf ca. zwei Dritteln der Strecke von Graz zur Kulmbacher Plassenburg befand, auf der Anna Marias Vater residierte.

Kulmbach, Plassenburg, Luftaufnahme

Die Plassenburg in Kulmbach. BSV/Dietz

Das Bemerkenswerte ist vielmehr die Religionsverschiedenheit der zu Verheiratenden. Mitten im Dreißigjährigen Krieg gaben sich die evangelisch-lutherische Anna Maria und der katholische kaiserliche Ex-Botschafter am Heiligen Stuhl Johann Anton das Ja-Wort.

Ein solches Ereignis führte in der Frühen Neuzeit ganz überwiegend zur Konversion der Braut, gerade wenn sie sich mit einem Katholiken verband. Doch bei Anna Maria verhielt sich dies anders: Sie wollte ihrem Glauben treu bleiben, was zu jahrelangen (in Teilen mühsamen) Hochzeitsverhandlungen führte. Gefeilscht wurde dabei um ihre künftige Religionspraxis genauso wie um finanzielle Aspekte. Am „sechzehndten Tag abgewichenen Monats“ [= August 1639] sei in „offentlicher versamblung mir [Anna Maria] zu ainer künfftigen gemahlin zugesagt“[1] worden, konnte Johann Anton schließlich nicht ohne Stolz an den Bruder des Kaisers, Erzherzog Leopold Wilhelm, berichten.

Doch damit waren die Probleme rund um die Hochzeit keineswegs beseitigt: War zunächst geplant, die Feierlichkeiten auf der Plassenburg durchzuführen und die Gäste bereits eingeladen, durchkreuzte der Bräutigam das ursprüngliche Vorhaben.

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Johann Anton I. Fürst von Eggenberg, Herzog von Krumau (1610–1649). Foto: Wikipedia

Der Eggenberger wollte sich wohl dem evangelischen Ritus, den er sich bei der Trauung im Territorium des Bayreuther Markgrafen hätte unterwerfen müssen, nicht fügen. Es wurde entschieden, die Hochzeit von Kulmbach nach Regensburg zu verlegen. Sukzessive wurden die Eingeladenen über die Änderungen zu den Feierlichkeiten informiert und die Braut – viele zeremonielle Schwierigkeiten mit den benachbarten Territorien Bayern und der Jungen Pfalz umschiffend – in die Reichsstadt gelotst. Glücklich geschafft, sah sie sich dort – genauer: im Herrschaftsbereich des Hochstifts! – gezwungen, den katholischen Ritus der Trauung zu akzeptieren, die für den 20. Oktober 1639 um 14 Uhr im Saal der Dompropstei festgelegt worden war. Wie schon die Brautreise verlief auch der Hochzeitstag alles andere als störungsfrei, musste die Braut doch über fünf Stunden warten, bis die Ehe um sieben Uhr abends geschlossen werden konnte. Nach der Zeremonie wurden Konfekt und Getränke aufgetragen, was Anna Maria aber schon nicht mehr mitbekam, war sie (wohl ob der katholischen Zeremonie) doch „ziemblich unpaß geworden“ und verzichtete deswegen auf die Teilnahme an der feierlichen Tafel, die gegen 22 Uhr begonnen und sich bis 4 Uhr morgens hingezogen hatte.[2]

markgraf christian brandenburg bayreuth

Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth-Kulmbach (1601 – 1650), Heinrich Bollandt, Kulmbach, Plassenburg. BSV/Scherf

Warum aber hatte der Bayreuther Markgraf überhaupt zugestimmt, seine Tochter an einen Katholiken zu verheiraten, wenn doch der Dreißigjährige Krieg gerade aus konfessionellen Gründen begonnen worden war? Resümiert man die Vorgänge rund um die Verehelichung so zeigt sich ein Aspekt überdeutlich: Es war die kaiserliche Unterstützung, die den Ausschlag für die Eheschließung gab. Der vormalige Kampf des Bayreuthers Markgrafens auf schwedischer Seite, die Besetzung seines Landes durch kaiserliche Truppen und die nach der Aussöhnung auferlegten (vor allem finanziell drückenden) Kontributionen zwangen den Markgrafen zu einer ausgesprochen ergebenen Haltung gegenüber dem Kaiser, der das Hochzeitsprojekt Johann Antons explizit unterstützte. Dies manövrierte den Markgrafen 1638/39 in eine schwache Verhandlungsposition gegenüber dem Eggenberger. So mussten ihm die lauen Versprechungen Johann Antons in Bezug auf die künftige Religionsausübung seiner Tochter genügen, obwohl der Markgraf davon ausgehen konnte, dass diese nach Eheschluss nicht gehalten würden.

Schloss Eggenberg Graz Innenhof

Schloss Eggenberg in Graz

Ausbaden mussten die daraus resultierende Zwangslage dann Anna Maria und ihre Entourage. Die Fürstin blieb gleichwohl auch in der neuen Heimat ihrem Glauben treu – wie gehofft und im Ehevertrag vereinbart; offen leben konnte sie ihn in der Steiermark aber nicht. Die Enttäuschung, dass ihr Mann entsprechende Zusagen gebrochen hatte, mag gegenüber dem Los derer, die im Zuge des Dreißigjährigen Krieges aus konfessionellen Gründen aus ihrer steiermärkischen Heimat vertrieben wurden, leicht wiegen; familiäres Konfliktpotenzial barg sie gleichwohl. Aber dynastische (Heirats-)Politik nahm auf individuelle Bedürfnisse junger Menschen selten Rücksicht, zumal nicht auf jene der Braut, die aus der politischen und finanziellen Zwangslage ihres Vaters heraus nach Eggenberg „verkauft“ worden war.

 


Wenn ihr mehr zu Anna Maria erfahren möchtet, empfehlen wir euch einen Besuch der STEIERMARK SCHAU des Universalmuseums Johanneum. Darin ist ihr ein eigener Teil gewidmet. Die Ausstellung läuft vom 26.04. bis zum 02.11.2025.

Ein ausführlicher Beitrag zu Anna Marias Hochzeit ist im Katalog zur Steiermarkschau erschienen:

Andrea Zedler/Jörg Zedler: „als Kayser Ferdinand III. selbst um die Prinzessin anhielte“. Eine konfessionsverschiedene Fürstenhochzeit im Dreißigjährigen Krieg, in: Schloss Eggenberg 1625/2025. Die Fürsten und Fürstinnen von Eggenberg, hrsg. von Stefan Albl, Barbara Kaiser und Paul Schuster; Graz 2025, S. 117–141.


[1] Johann Anton an Erzherzog Leopold Wilhelm, 7. September 1639 (Regensburg), Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, FHKA SUS Familienakten E-20 fol. 17–18.

[2] Caspar Urban Feilitzsch an Markgraf Christian, 22. Oktober 1639 (Regensburg), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, BHP Rep. 43 I W 3.

Fotos von Schloss Eggenberg (2018): C. Sebastian