Tipps und Aktuelles

Ein Coburger Erz-Herzog? – über eine Enthüllung am 17. August 1849

ernst I coburg statue

Es regnete in Strömen – was Hunderte von Menschen nicht davon abhielt, sich am 17. August 1849 um ein Uhr nachmittags vor Schloss Ehrenburg einzufinden. Ein früher Flashmob? Nun, die Leute kamen wegen eines Produkts „Made in Bavaria“, das der Held einer Seeschlacht bestellt hatte. Schauen wir uns das mal genauer an.


Am 14. August 1849 traf in der Residenzstadt Coburg ein mit Fahnen und Kränzen geschmückter „Schwertransport“ ein. Die Lieferung kam aus dem Ausland, genauer gesagt aus dem Königreich Bayern. Der Inhalt war circa drei Meter hoch und gehörig schwer. Man hievte ihn auf einen Granitsockel und umhüllte alles schnell mit Stoff. Erst drei Tage später sollten die Coburger zu sehen bekommen, was Herzog Ernst II. da geordert hatte.

Rund 250 Kilometer Luftlinie weiter südlich war man bereits besser im Bilde. Vor dem Transfer nach Coburg hatten die Bewohner Münchens die Möglichkeit gehabt, das neueste Erzeugnis der königlich-bayerischen Erzgießerei zu begutachten. Sie begegneten in der Wirkstätte Ferdinand von Millers der überlebensgroßen Figur eines Mannes „in Kriegertracht mit dem Fürstenmantel“, wie die Zeitung „Die Bayerische Landbötin“ die Bronze beschrieb, nicht ohne anerkennend die „sprechende Aehnlichkeit in Gesicht und Haltung, sogar bis auf die sanfte Neigung des Hauptes“ hervorzuheben.

Modell Denkmal Ernst I Coburg

Kleine Version des Denkmals aus Gips, ausgestellt in Schloss Ehrenburg

Als am Freitag, den 17. August 1849 auf dem Schlossplatz von Coburg die Umhüllung der Figur herabfiel, konnten sich schließlich auch die Coburger eine Meinung bilden, wie gelungen der bayerische Neuzugang war. Das Denkmal porträtierte den fünf Jahre zuvor verstorbenen Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha. Mit unter den Gästen der Feierstunde war Ernsts Witwe Marie, die Stiefmutter des nun regierenden Herzogs, Ernst II.

schloss ehrenburg menschenmenge statue

Menschenmenge vor Schloss Ehrenburg anlässlich der Enthüllung des Denkmals am 17. August 1849, Bleistiftzeichnung von Georg Konrad Rothbart ©Royal Collection Enterprises Ltd 2024 | Royal Collection Trust

Dieser hatte die Bronzefigur seines Vaters bei einem prominenten Bildhauer in Auftrag gegeben, bei Ludwig Michael Schwanthaler, dem Schöpfer zahlreicher Statuen, darunter der Münchner Bavaria. Die Einweihung des Coburger Denkmals erlebte Schwanthaler nicht mehr. Er verstarb im November 1848. Der Coburger Auftrag war sein letztes Werk.

Das stattliche Standbild erhielt vor der Ehrenburg einen stimmigen Standort:
– Im Rücken des Herrschers das Residenzschloss, das er modernisiert hatte,
– im Blickfeld des Herzogs das unter ihm errichtete Hoftheater und
– ringsum ihn der Schlossplatz, den erst er neu angelegt hatte.

ernst I coburg ehrenburg

Der weiträumige Platz nördlich der Ehrenburg entstand unter Herzog Ernst I. Vorher standen hier Wirtschaftsgebäude. BSV/Kreativinstinkt

Manch einer der am 17. August 1849 Anwesenden mag sich nicht nur über den Standort Gedanken gemacht, sondern sich auch an die 38 Jahre lange Regentschaft und das Herrschaftsverständnis von Ernst I. zurückerinnert haben. Trotz der Gewährung einer Verfassung im Jahr 1821 – die Bronzefigur hält die entsprechende Urkunde gar in ihrer rechten Hand – hatte sich Ernst I. als Herrscher von Gottes Gnaden verstanden, der alle Rechte der Staatsgewalt bei sich sah und die demokratischen Tendenzen der Zeit beäugte.

Coburg: the Arcades and Schloss Platz, by night

Das Denkmal auf dem Schlossplatz bei Mondschein auf einem Aquarell von Heinrich Brückner, circa 1850. In den erleuchteten Arkaden rechts war seinerzeit die Schlosswache untergebracht; links im Hintergrund ist die Veste Coburg zu sehen. ©Royal Collection Enterprises Ltd 2024 | Royal Collection Trust

Sein Sohn und Nachfolger Ernst II. dachte in diesen Dingen anders. Liberaler gesinnt als sein Vater vermochte Ernst II. den revolutionären Forderungen, die ab Frühjahr 1848 große Teile Europas und so auch Sachsen-Coburg und Gotha erhitzten, von Beginn an Wind aus den Segeln zu nehmen. Während beispielsweise am Entstehungsort der Bronzefigur König Ludwig I. von Bayern abdankte oder der Schwiegervater von Ernsts Onkel Leopold, der König der Franzosen Louis Philippe, aus seinem Land floh, handhabte Ernst II. in Coburg einen verhältnismäßig moderaten Revolutionsverlauf.

Zum Zeitpunkt der Denkmalsenthüllung schlug Ernst II. zudem eine Woge der Begeisterung entgegen. Erst zwei Wochen vorher war er aus einem siegreichen Feldzug zurückgekehrt! Ernst hatte im Schleswig-Holsteinischen Krieg zwischen Dänemark und dem Deutschen Bund das Kommando bei einem Seegefecht innegehabt. Als „Sieger von Eckernförde“, dessen Truppen einen Coup gelandet und ein dänisches Geschwader manövrierunfähig geschossen hatten – Ernsts Soldaten kämpften vom Küstenstreifen aus mit Kanonen –, avancierte der Coburger Herzog und Bruder von Prinz Albert im Sommer 1849 zum gefeierten Nationalhelden. Wie groß Ernsts Anteil am Sieg wirklich war, ab wann er beispielsweise am Ort des Kampfgeschehens überhaupt anwesend war, das hinterfragte zwar schon manch kritischer Zeitgenosse. Ernsts Popularität in der deutschen Nationalbewegung nahm daran aber kaum Schaden. In herrschaftlicher Pose zu Pferd erhielt er 50 Jahre nach seinem Vater schließlich auch ein Denkmal in Sichtweite der Ehrenburg.

ernst I coburg statue berg

Das Denkmal von Herzog Ernst II. wurde 1899 oberhalb der Ehrenburg im Coburger Hofgarten errichtet. Es stammt von dem Bildhauer Gustav Eberlein. BSV/Kreativinstinkt