Von Nadia Amannsberger // Um die spätmittelalterliche Burganlage in Burghausen tummelten sich zur Zeit, als die Reichen Herzöge von Niederbayern dort ihre Familienresidenz unterhielten, urige Vögel. Hühnergroße Ibisse, schwarz wie Rappen, mit kahlem, rotem Kopf und lustigem Schopf waren bis ins 16. Jahrhundert in der Region weit verbreitet: die Waldrappe. Der Schweizer Arzt und Naturforscher Conrad Gessner beschreibt die Vögel in seiner 1555/58 erschienenen Enzyklopädie des Tierreichs „Historia animalium – Avium natura“. Die Waldrappe fühlten sich im felsig, waldigen Voralpenraum wohl, den sie im Sommer als Brutgebiet nutzten. Der schwarze Ibis muss in Bayern derart weit verbreitet gewesen sein, dass er praktisch zum Landschaftsbild gehörte. So findet man, bei genauem Hinsehen, auf dem bayerischen Gemälde „Christus am Ölberg“ aus dem Jahr 1468 einen Waldrapp, der gelassen durch die Wiese schreitet. Das Gemälde, das vom Hochaltar der Stiftskirche Rottenbuch stammt, befindet sich heute im Burgmuseum in Burghausen. Zu den Ursachen für das Verschwinden des Waldrapps aus Europa zu Beginn des 17. Jahrhunderts findet man auch Hinweise in Gessners Aufzeichnungen. Der Waldrapp wurde als sehr schmackhaft beschrieben und galt …