Geheimnisse

Marie Therese von Österreich-Este – Die letzte bayerische Königin, mustergültige Ehefrau und Landesmutter

Marie Therese Königin von Bayern

Marie Therese scheint alle Ansprüche ihrer Zeit an eine Königin erfüllt zu haben: Romantische Liebesgeschichte, standesgemäße Partie, treuergebene Ehegattin, Mutter zahlreicher Kinder, sozial engagierte Landesmutter. Doch verlief ihr Leben tatsächlich wie im Bilderbuch?

Die letzte Königin von Bayern wurde am 2. Juli 1849 in Brünn (heute Brno in Tschechien, ehemals Mähren) als Erzherzogin von Österreich-Este geboren. Marie Therese stammte sowohl vom österreichischen Kaiserhaus als auch über die Familie der Este von Henriette Anne d’Angleterre ab, und war somit theoretisch Erbin des Hauses Stuart.

Schon im Jahr ihrer Geburt starb ihr Vater an Typhus. Marie Thereses Onkel und Vormund, Herzog Franz V. von Modena, plante die junge Frau mit dem 14 Jahre älteren Witwer Ferdinand IV., Großherzog von Toskana, zu verheiraten.

Damit hatte niemand gerechnet…

Das Leben der jungen Erzherzogin nahm jedoch eine andere Wendung: Bei der Trauerfeier einer gemeinsamen Verwandten lernte die damals 17-jährige Prinzessin den vier Jahre älteren Prinzen Ludwig von Bayern in Wien kennen. Die beiden verliebten sich ineinander. Zum Glück für das Liebespaar ließ sich Marie Thereses Vormund umstimmen. Auch der Vater Ludwigs, der spätere Prinzregent Luitpold von Bayern, willigte in die Verbindung ein. Noch im selben Jahr, am 22. Oktober 1867 fand die Verlobung des jungen Paares auf Schloss Seelowitz in Mähren (heute Tschechien) statt.

Bis zur Hochzeit schrieb sich das Brautpaar fast täglich verliebte Briefe. „Mein lieber, guter Ludwig, ich glaube Ihnen noch zu wenig gesagt zu haben, wie innig ich Sie liebe und achte, wie sehr ich Ihnen für Ihre Liebe dankbar bin und wie fest ich mir vornehme, Ihnen stets nur Freude zu bereiten!“ Unterzeichnet war dieser Brief von „Therese“, und so wurde sie von ihrem Mann zeitlebens genannt.

Am 20. Februar 1868 fand die Liebesheirat zwischen dem bayerischen Prinzen und der Habsburgerprinzessin in Wien statt. Die künftige bayerische Königin brachte neben ihrem bedeutenden Stammbaum die Besitzungen Eiwanowitz und Seelowitz bei Brünn in Mähren und Sávár in Ungarn in die Ehe ein.

Koenigin_Marie_Therese Geheimes Hausarchiv Foto

Foto / BU: Marie Therese mit ihren Kindern (von links nach rechts) Rupprecht, Adelgunde, Maria, Karl, Franz, Mathilde, Wolfgang, Hildegard, Wiltrud, Helmtrud und Dietlinde, 1888. Geheimes Hausarchiv.

Bilderbuch-Ehe

Das frisch vermählte Ehepaar bewohnte zunächst in München das Leuchtenberg-Palais am Odeonsplatz. Ein Jahr nach der Hochzeit wurde der Sohn Rupprecht geboren, als erstes von 13 Kindern. Zehn von ihnen erreichten das Erwachsenenalter. 1875 wurde Schloss Leutstetten im Würmtal, nahe des Starnberger Sees, der Familienwohnsitz, nach Aussage einer Zeitzeugin „hübsch, aber viel zu klein für die große Familie“.

Marie Therese galt als fröhlich und unkompliziert, ihr Gatte als liebevoller, aber auch strenger und sparsamer Patriarch. Die Töchter wurden auch in Hauswirtschaft unterrichtet und mussten beim Einkochen von Obst und Gemüse helfen. Ihr unprätentiöses Landleben brachte dem späteren König Ludwig III. den Spottnamen „Millibauer“ (Milchbauer) ein, Königin Therese nannte man „Topfenreserl“. Die Sommer verbrachte die große Familie häufig auf dem Gut Sávár in Ungarn, das auch ein großes Gestüt war. Marie Therese sprach ungarisch und ließ auch ihre Kinder darin unterrichten.

Mutter der Nation

Neben der Aufgabe, den Erhalt der Dynastie durch Nachkommen zu sichern, wurde von den Damen des Königshauses soziales Engagement erwartet und auch erfüllt: Marie Therese war Vorsitzende des Bayerischen Roten Kreuzes und kümmerte sich besonders um Belange von Frauen und Kindern. Schon unter König Ludwig II. hatte „Prinzessin Ludwig“ etliche repräsentative Aufgaben am Hof zu erfüllen.

Nach dem Tod des Prinzregenten Luitpold im Jahre 1912 wurde Marie Thereses Gemahl Ludwig Prinzregent von Bayern. Da der rechtmäßige König Otto geisteskrank war, ließ sich Ludwig nach einer Verfassungsänderung 1913 zum König ausrufen. Er war damals 68 Jahre alt, seine Frau 64 Jahre. Doch auch dies konnte den Verfall der Monarchie nicht mehr aufhalten. Als Prinzenpaar waren Ludwig und Marie Therese beim Volk beliebt, als Königspaar wurden sie als höchste Repräsentanten des Staates zunehmend kritisch gesehen.

Daran änderte auch das große Engagement Marie Thereses im Ersten Weltkrieg nichts mehr. Die Königin und ihre Töchter setzten sich unermüdlich für die Pflege von verwundeten Soldaten und die Versorgung der Kämpfer an der Front ein. Berühmt wurde ihre „Kriegsnähstube“ in den Nibelungensälen der Münchner Residenz, die Soldaten mit Kleidung und Wäsche versorgte. 1918, im letzten Kriegsjahr, konnte das bayerische Königspaar seine Goldene Hochzeit feiern.

Ludwig III. Marie Therese von Bayern-Atelier-Elvira

König Ludwig III. von Bayern mit seiner Frau Marie Therese. Atelier Elvira, König Ludwig III. von Bayern mit seiner Frau Marie Therese, FM-85/14.22. Münchner Stadtmuseum.

Flucht und Tod im Exil

Der Erste Weltkrieg kostete allein in Deutschland 2 Millionen Soldaten das Leben und hinterließ eine hunger- und notleidende Bevölkerung. Auch in Bayern wurde gegen das schon länger in der Kritik stehende Herrschaftssystem revoltiert. Am 8. November 1918 erklärte Kurt Eisner den König für abgesetzt und rief den Freistaat Bayern aus. Die Königsfamilie war am Abend des 7. November aus München nach Schloss Wildenwart im Chiemgau geflüchtet. Schon zuvor schwer erkrankt, starb Marie Therese dort am 3. Februar 1919 im Alter von 69 Jahren. Wildenwart war seit 1914 durch Erbe in den Besitz der Königin gelangt. Regelmäßig hatte sie mit ihren Töchtern zusammen dort Zeit verbracht.

Trauerwagen Marie Therese

Aufstellung der beiden Leichenwagen zum Trauerzug in Groß-Gala in einem Marstallhof bei der Residenz München am 5. November 1921. Stadtarchiv München.

Nach dem Tod König Ludwigs III. in Sávár im Jahr 1921 wurden beide Särge für wenige Tage unter großer Anteilnahme der dortigen Bevölkerung in der Schlosskapelle in Wildenwart aufgestellt, bevor sie mit einem Sonderzug nach München überführt wurden. Der Trauerzug durch München am 5. November 1921 und die Beisetzung in der Frauenkirche rief in der Bevölkerung nicht nur die Erinnerung an das letzte bayerische Königspaar wach, sondern auch an die erst vor kurzem vergangene Monarchie. Der Trauerwagen für den Leichnam der Königin Marie Therese befindet sich noch heute im Marstallmuseum, als Zeugnis dieser politisch bewegten Zeit.

Leichenwagen Marie Therese

Leichenwagen der Königin Marie Therese, 1886, heute im Marstallmuseum, Schloss Nymphenburg.

 


Literatur: Martha Schad, Bayerns Königinnen, Regensburg 1992.
Titelbild: Atelier Elvira, Ausschnitt aus einer Fotografie von König Ludwig III. von Bayern mit seiner Frau Marie Therese, FM-85/14.22. Sammlung Münchner Stadtmuseum.