Seit Oktober ist das Residenzmuseum um eine Attraktion reicher: in unmittelbarer Nachbarschaft zu den reichhaltigen Beständen der Silbersammlung präsentieren wir kunstvolle Objekte aus einem weiteren edlen Metall: feuervergoldete Bronzen. Im Dämmerlicht des abgedunkelten Raums leuchten die über zwanzig Uhren und Leuchter, von Spots angestrahlt, magisch auf. Wesentlichen Anteil an der opulenten Wirkung hat die glänzende Vergoldung.
Diese ist wichtig, denn Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn, schimmert zwar selbst, wenn sie frisch gegossen und bearbeitet ist, in einem dunklen Goldton. Das Metall oxidiert dann aber rasch an der Luft und nimmt eine grün-schwärzliche Färbung an.
Die ausgestellten Objekte stammen sämtlich aus der zweiten Hälfte des 18. und aus dem 19. Jahrhundert – der großen Zeit vergoldeter Bronzearbeiten. In den hellen, holzvertäfelten Räumen des Rokoko oder vor den stoffbespannten Wänden frühklassizistischer Gemächer setzten sie markante optische Akzente: Das Gold wirkte nicht nur überaus edel und luxuriös, es schimmerte auch lebendig und warm im bewegten Licht der Kerzen. Nicht von ungefähr gehörte die „Garnitur“, das Ensemble aus zwei Kerzenleuchtern und zentraler Uhr aus Goldbronze, die auf dem Kaminsims vor dem dort angebrachten Spiegel aufgestellt wurden, zur Standardausstattung aristokratischer und großbürgerlicher Wohnungen. Dank der Position vor dem Spiegel reflektierte und vervielfachte sich der Glanz des Metalls. Die Wirkung muss für damalige Betrachter spektakulär gewesen sein; schnell vergisst man ja heute, dass nach Anbruch der Dämmerung bis vor wenigen Jahrzehnten jegliche Beleuchtung nur mit ziemlichen Aufwand herzustellen war – wer je im Dunkeln nach einer Packung Streichhölzer gefahndet hat, die sonst immer links auf der Kommode lag, ahnt, wie sich unsere Urgroßeltern regelmäßig gefühlt haben dürften.
Doch der goldene Glanz hatte lange Zeit einen hohen Preis, und das nicht nur in finanzieller Hinsicht: Um einen widerstandsfähigen Goldüberzug auf dem Metall zu erzielen, der gegen Abrieb und Bestoßung möglichst resistent war, bediente man sich bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Technik der Feuervergoldung.
Die gegossenen Bronzefiguren, Beschläge, Leuchterarme, Uhrgehäuse usw. wurden zunächst sanft erwärmt und dann mit einer schwachen Säure „gewaschen“. Nach dieser Vorbereitung trug man eine dickflüssige Paste auf, eine Mischung aus Gold und – Quecksilber. Der nächste Arbeitsschritt gab dem Verfahren seinen Namen: Mit Zangen wurde die Bronze mit ihrem Überzug ins Feuer gehalten. Dabei verflüchtigte sich das Quecksilber, nicht aber das Gold, das – freigesetzt – sich auf der metallenen Oberfläche niederschlug und dort eine feste Verbindung mit dem bronzenen Untergrund einging. Je öfter der Vorgang wiederholt wurde, umso dicker wurde die Goldschicht, was nötig wurde, wenn Werkstücke später stark beansprucht werden sollten.
Im Anschluss konnte die vergoldete Fläche mit einem Achat, einem Halbedelstein, der wie eine Art glänzender, harter Radiergummi auf einem entsprechenden Griffel sitzt, poliert werden. So konnten Glanzlichter gesetzt oder einzelne Ornamente, Details an einer Figur wie Haarlocken etc. besonders betont werden und die Skulpturen erhielten zusätzliches Leben.
Chemisch und handwerklich ist das eine ausgesprochen clevere Lösung, die wundervolle Ergebnisse zutage förderte. Schade nur, dass die Gase, die beim Verdampfen des Quecksilbers freigesetzt wurden, hochgiftig sind. Das Hantieren der Arbeiter über der Glut führte unweigerlich zum Einatmen dieser Dämpfe. Die Folgeerscheinungen dieser kontinuierlichen Vergiftung waren allgemein bekannt – auffälligstes Symptom war das sogenannte „Quecksilberzittern“, bedingt durch die Auswirkung des Schwermetalls auf das Nervenssytem. Letztlich führte eine andauernde Beschäftigung mit der Feuervergoldung zu frühzeitigem Tod. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung, die die Herstellung von Goldbronzen vor allem in Frankreich für die Luxusindustrie besaß, fehlte es nicht an Bemühungen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern: Preisgelder für Forschungen und technische Innovationen wurden ausgesetzt. Aber erst im späteren 19. Jahrhundert gelang die Konstruktion von Öfen, die eine Handhabung ermöglichten, die die Arbeiter schonte. Die gefahrlose Alternative, Vergoldung durch Galvanisierung zu erzielen, führt wiederum zu weniger schönen Oberflächen. Bis zur Durchsetzung dieser Verfahren jedoch akzeptierte man den hohen Preis, den die Herstellung der glänzenden Schaustücke verlangte.
Es ist ungewiss, ob die Höflinge und Besucher, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Prunkgemächer der Residenz durchschritten, sich angesichts der prächtigen Umgebung bewusst, waren, welche physische Gefahr mit der Herstellung all dieses Luxus verbunden war. Unseren Blick auf die Kunstwerke kann das Wissen um die Umstände ihrer Entstehung allemal verändern.
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