Die Burg zu Burghausen zählt zu den großartigsten Leistungen des mittelalterlichen Burgen- und Wehrbaus in Europa. Ihre landschaftliche Lage auf einem schmalen, auf drei Seiten stark abfallenden Bergrücken zwischen Salzach und Wöhrsee begünstigten ihre Verteidigungskraft. Archäologische Funde im ersten Vorhof und im Dürnitzstock der Kernburg bestätigen, dass der Bergrücken bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt war. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Burghausen 1025, also vor genau 1.000 Jahren. Kaiserin Kunigunde (um 980-1033), die Witwe Kaiser Heinrichs II. (973-1024), wollte dem Erzstift Salzburg den „curtum Otingun et Burchusun“, also den Königshof Altötting und Burghausen, aus ihrem Witwengut schenken. Somit steht am Anfang der nunmehr 1000jährigen Geschichte Burghausens ein Frauenname, auch wenn König Konrad II. die Schenkung widerrief, weil es sich dabei um Reichsgut handelte. Zu dessen Sicherung schuf Konrad II. dann zwei Jahre später einen Reichsvogteibezirk mit dem Amtssitz Burghausen.
Heinrich II. und Kunigunde werden von Christus gekrönt. Perikopenbuch Heinrichs II. München, Reichenau 1007-1012. Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4452 fol. 2r
Der Ausbau der Burg zu Burghausen ist aufs Engste mit der Phase der bayerischen Landesteilungen 1255 bis 1505 verknüpft. 1255 entschlossen sich die Brüder Ludwig II., der Strenge, und Heinrich XIII. das vom Vater ererbte Herzogtum Bayern gemeinsam zu verwalten. Während Ludwig Oberbayern erhielt, regierte Heinrich Niederbayern mit Regierungssitz in Landshut. Burghausen wurde die Zweitresidenz der Landshuter Wittelsbacher. Auf Heinrich XIII. gehen die anspruchsvollen Gründungsbauten der Hauptburg zurück.
Die innere Burgkapelle St. Elisabeth, die Heinrich und seine Gemahlin Elisabeth von Ungarn (1236-1271) stifteten, verbindet den Dürnitzstock mit dem Palas. Die Heilige Elisabeth von Thüringen, die als Patronin der Kirche gewählt wurde, war die Tante der Herzogin.
In der Folge kontinuierlich erweitert, prägt vor allem der weitere Aus- und Umbau im Verlauf des 15. Jahrhunderts bis heute das Erscheinungsbild der Burg. Unter Herzog Georg dem Reichen erhielt sie ihre größte Ausdehnung.
Das Wappen von Herzog Georg von Bayern-Landshut und seiner Gemahlin Hedwig von Polen am Georgstor © BSV/Herrmann, Pfeuffer
Mit Neubauten wie dem monumentalen Georgstor mit dem bayerisch-polnischen Allianzwappen am Zugang zum ersten Vorhof und der äußeren Burgkapelle St. Maria, der so genannten Hedwigskapelle, setzte er – gemeinsam mit seiner Gemahlin, Hedwig von Polen (1457-1502) – bedeutende Akzente.
Georg der Reiche und seine Gemahlin Hedwig als Stifter der äußeren Burgkapelle © Bayerische Schlösserverwaltung, Tanja Kohwagner-Nikolai
In dieser Kapelle wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein die so genannte Brautkrone Hedwigs – später mehrfach umgearbeitet – aufbewahrt.
Die sogenannte Brautkrone der polnischen Königstochter Hedwig wurde nach ihrer Hochzeit 1475 mit Georg dem Reichen zu einer Votivkrone für eine Heiligenfigur umgearbeitet. © Oberhausmuseum Passau (Inv. Nr. 163), Foto: Kaps, Passau
Auch der Palas Burghausens wurde in dieser Zeit nach der neuesten Mode umgebaut. Denn mit dem Wechsel von der Reiseherrschaft zu festen Residenzen wurde es notwendig, ganzjährig nutzbare und repräsentative Wohnräume zu schaffen. Alle Lebensbereiche wurden unter einem Dach vereint – auch jene der Fürstin und ihres Gefolges.
Ein interaktives Palasmodell entsteht – hier ein Blick in die Gotische Halle des Modells. Alle Fensteröffnungen wurden von Hand rausgefeilt. Das Werkzeug musste eigens angefertigt werden. Die Fassade des Modells wurde mit feinstem Quarzsand bestaubt und mit einem Festiger stabilisiert. Modellbau: Daniela Schlüter 2025, nach Plänen (auf Grundlage der ältesten erhaltenen Grundrisse von Franz Anton Glonner, 1790) und einer Idee von Wilhelm Schott © BSV/Schlüter
Ein interaktives Palasmodell entsteht – hier ein Blick in das ehemalige Frauenzimmer. Künftig können sich die Besucherinnen und Besucher selbst einen Eindruck über die Wohnräume im Palas und deren Funktionen verschaffen. Modellbau: Daniela Schlüter 2025, nach Plänen (auf Grundlage der ältesten erhaltenen Grundrisse von Franz Anton Glonner, 1790) und einer Idee von Wilhelm Schott © BSV/Schlüter
Damals lag Burghausen keineswegs an der Grenze des Herzogtums. So war das Leben hier weder abgeschieden noch eintönig: Die Burg war komfortabel ausgestattet, verfügte über eine standesgemäße Hofhaltung und weitläufige Jagdreviere – ein angemessenes Umfeld.
Als sicherer Familienwohnsitz erfüllte die Burg damals vielfältige Funktionen: Die Reichen Herzöge von Bayern-Landshut verwahrten hier ihren Gold- und Silberschatz und nutzten die Burg als Staatsgefängnis. Vor allem aber diente die Burg als Wohnsitz der fürstlichen Ehefrauen und Witwen. Sie wurden hierher nicht abgeschoben, sondern führten ein standesgemäßes höfisches Leben. Außerdem wurde hier auch der herzogliche Nachwuchs erzogen, womit wir bei den Kindern wären.
Da die Burg mit einer Ausdehnung von etwas über 1.000 Metern Länge als eine der längsten Burgen der Welt gilt (das „Guinness“-Buch erklärte sie sogar zur längsten Burg überhaupt), überlegte sich die Kindertageseinrichtung St. Konrad Burghausen für das tausendjährige Jubiläum eine besondere Aktion: Kinderbilder der Burg sollten aneinander gereiht die gesamte Länge der Burg füllen. Insgesamt beteiligten sich an der Aktion 17 Kindertageseinrichtungen, darunter sieben Kitas, zwei Schulen und eine schulvorbereitende Einrichtung aus Burghausen. Es kamen Kunstwerke aus acht Städten (u.a. Bamberg/Frensdorf, Neureichenau und Aicha v. Wald) und zwei Ländern, denn auch Kinder aus der slowenischen Partnerstadt Burghausens, Ptuj schickten Bilder. So wurden im Juli 2025 über 530 Bilder aneinandergereiht und vom Beginn der Burg an ausgerollt. Es reichte zwar „nur“ bis zur Hedwigskapelle (für die Gesamtlänge wäre etwa das Siebenfache nötig gewesen), doch hinterließ dies bei allen Beteiligten einen nachhaltigen Eindruck von den Ausmaßen der Burg zu Burghausen.
Und wer eine Auswahl der Burgenbilder sehen möchte, ist herzlich ins Staatliche Burgmuseum Burghausen eingeladen, denn ein Teil ist dort während der Studioausstellung „Frauenzimmer – Frauenhof“ (17.9.-14.12.2025) zu sehen.
Titelbild: Die Burg zu Burghausen, Luftaufnahme mit Blick auf die Burg Richtung Nordost © BSV/Kreativinstinkt