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Das Prunktreppenhaus der Residenz Ellingen – endlich wieder ohne Gerüst!

ellingen treppenhaus restaurie

Pünktlich zum Saisonbeginn im Mai kann man das Prunktreppenhaus der Residenz Ellingen nun wieder gerüstfrei erleben! Um der Ursache von Rissen an der barocken Stuckdecke aus der Zeit um 1720 nachzugehen, wurde im Herbst 2020 ein raumhohes Gerüst für eine nähere Untersuchung vor die Wand eines der frühesten Paradetreppenhäuser Frankens gestellt, das nun kurz nach Ostern 2023 endlich wieder abgebaut werden kann. Was dauerte da so lange? fragt sicher mancher.

Wie so oft in Denkmälern versteckte sich auch hier hinter einem auf den ersten Blick fast unscheinbaren Netz aus Rissen am Werk von Franz Josef Roth ein komplexes Schadbild, das zusammen mit seiner Behebung selbstverständlich umfangreich kartiert und fotografisch dokumentiert wurde. Spezialisten verschiedener Fachrichtungen machten sich mit detektivischem Spürsinn und großer Leidenschaft für alte Gebäude – und in diesem Falle die Residenz Ellingen und ihre komplexen Konstruktionen – auf die Suche. Aus millimeterkleinen Stucköffnungen wurden dann doch etwas größere in der darüberliegenden Deckenkonstruktion – leider fand man dabei nicht nur Feuchteschäden und Reparaturen vergangener Jahrhunderte.

Um an die schadhaften Stellen der Balkenkonstruktion des Dachstuhls zu gelangen, stießen sich nicht nur Zimmermann und Statiker ihre Köpfe mehrfach an einer möglichst eingriffsarmen Zugangsmöglichkeit zwischen Decken- und Gewölbekonstruktion; schmale Hände und eine außerordentliche Gelenkigkeit sowie eine Hilfsleiterkonstruktion, die das Handwerk vor Ort wieder einmal als kompetenten Helfer in der Not ausweist, ergänzten sich so gut, dass die denkmalgerechte Behebung des Schadbildes an der Balkenlage überhaupt erst möglich wurde.

rechts: Holzkonstruktion des Gewölbes; links: Hängende Treppenkonstruktion

Ellingen Treppenhaus

Die Balkenlage von oben

Ellingen Treppenhaus balkenlage

links: eine Stichkappe

Endlich durch dendrochronologische Untersuchung (bei der man das Holz vereinfacht gesagt nach seinem Jahrringmuster mit einer Jahrringdatenbank vergleicht und so auf das Alter der verwendeten Stämme schließen kann) naturwissenschaftlich bestätigt, hängt die Stuckdecke an Balken aus der Entstehungszeit des Schlosses: Die Fichten für die Deckenkonstruktion über dem Prunktreppenhaus wurden in den Wintern 1717/18 bzw. 1718/19 gefällt. Wikipedia weist für den ersten – die Schulpflicht in Preußen war im Herbst gerade von Friedrich Wilhelm I. eingeführt worden – eine große Weihnachtssturmflut an der Nordsee aus.

Im Zeitraum der Fällung liegen beispielsweise aber auch Bau und Eröffnung des Erlanger Markgrafentheaters und des Opernhauses am Dresdner Zwinger.

Nachdem das Deckentragwerk so substanzwahrend wie möglich unter Verwendung von Mondphasenholz wieder ertüchtigt worden ist und auch die Gewölbedecke sensibel verstärkt wurde, gelang in millimetergenauer Feinarbeit das Verkitten von Rissen in der Stuckdecke, es wurde ergänzt, gesichert und originalgetreu retuschiert.

Ellingen Treppenhaus

Ellingen Treppenhaus

Das Gerüst ist nun abgebaut, Staub und Sägespäne sind ordentlich weggekehrt, der Nichteingeweihte sieht keinen Unterschied zum Herbst 2020, denn gute Denkmalpflege _sieht_ man nicht gleich, auch wenn man den Kopf noch so sehr in den Nacken legt.

Eingeweihte und vor allem Beteiligte können jedoch stolz und vor allem beruhigt schmunzeln: Ja, das haben wir richtig gut gemacht – gemeinsam, mit viel Hirnschmalz wie man in Bayern sagt, viel Erfahrung und handwerklichem Geschick, vielleicht auch etwas Zauberei und Glück und ein paar Scherzen auf den Lippen in beispielhaft guter Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Es soll hierfür sogar manch Eintritt in den Ruhestand verschoben worden sein… hört man… zwischen den alten Balken.

Das Danke kann im Namen der Residenz Ellingen und aller, die sich dieses barocke Kleinod Mittelfrankens in der Zukunft noch ansehen (können) werden, nicht groß genug sein! DANKE Ihnen allen!

Habt ihr Lust, euch nicht nur das Prunktreppenhaus der Residenz Ellingen anzusehen? Schlosskirche und Park warten ebenso auf Entdeckung; mit dem Zug kommt man übrigens auch bequem an und spaziert mit herrlichem Blick auf das Schloss zu.

 


Fachlich beteiligt:

Abt. L 1 des Staatlichen Bauamtes Ansbach
Statiker Herr Hußenöder, Herr Kimmelmann und das Ingenieurbüro Kimmelmann + Sälzer, Würzburg
Restaurator Christoph Schädel, Randersacker (Danke auch für die Fotos der Schäden und der Balkenlage!)
Zimmerei Holzbau Ortner & Stöhr, Alesheim
Herr Körner, Sachverständiger für Schädlingsbekämpfung, Ansbach
Gerüstbau Kress, Ellingen
Jahrringlabor Hofmann & Reichle GbR, Nürtingen, Dendrochronologie
Herr Diers, IRT Lippstadt, Thermische Holzschädlingsbekämpfung