Die Residenz Ellingen – unsere Perle des fränkischen Barocks – wird heuer 300 Jahre alt. Aufgrund der aktuellen Lage kann die Bayerische Schlösserverwaltung leider nicht wie gewohnt zur gemeinsamen Feier laden. Die gebührende Aufmerksamkeit bekommt das Barockschloss daher in Form einer umfangreichen Blogreihe. Heute werfen wir einen Blick auf ein tolles Restaurierungsprojekt, das vor Ort gerade abgeschlossen wurde.
Der Heilige Georg und die Residenz Ellingen
Hochherrschaftlich liegt sie da, zwischen Altmühltal und fränkischem Seenland, die Residenz in Ellingen. Ein wenig verwundert diese großartige – fast ein wenig zu prunkvolle – Residenz in diesem kleinen, beschaulichen Ort. Doch gerade hier hat sich Weltgeschichte abgespielt. Seit 1216 gehört Ellingen dem Deutschen Orden und reiht sich damit ein in die Liste mächtiger Festungen und machtpolitischer Ränke der Ritter im Osten. Und eben diese haben sich den Heiligen Georg als Schutzpatron erwählt. Als zweiten wohlgemerkt, denn ritterlich, wie er ist, ließ Georg der Hl. Elisabeth von Thüringen den Vortritt. Dennoch wird dem frühchristlichen Märtyrer nicht nur an seinem eigenen Feiertag (dem 23. April) feierlich gedacht. An allen bedeutsamen Orten der deutschen Ritterorden gibt es Hinweise auf die Verehrung des Schutzpatrons.
Ein lokaler Stein
Allzu sehr glänzt der heutige Georg vor der Residenz nicht mehr. Der Ritter ist Teil des Georgbrunnens, einem Ensemble aus Reiter, Sockel und Brunnenbecken.
Um 1750 vom Bildhauer Leonhard Meyer erschaffen, stand unser Georg ursprünglich aber eigentlich ganz woanders. Nämlich im Schlosshof des nur 15 Kilometer entfernten Absberg am Brombachsee. Von dort brachte Fürst Karl Theodor von Wrede erst 1845 Georg mitsamt dem Brunnen nach Ellingen. Ganze 6 Kronentaler hat die Statue damals gekostet. Ihr Transport war so aufwendig, dass der Wirt Bauer aus Stopfenheim dafür ein Gespann von 16 Pferden bereitstellen musste. Dafür wurde er mit 150 fl. Entlohnt.
Orden, Residenz, Georg – was passt, wird passend gemacht.
Gefertigt sind Reiter und Sockel aus Höttinger Sandstein. Dieser lokale Sandstein aus dem nahegelegenen Höttingen ist je nach geologischer Abbaulage unterschiedlich verwitterungsbeständig und lässt sich überall in und an der Residenz Ellingen finden. Ob Mauerstein, Säule, Epitaph oder Skulptur – ein aufmerksamer Besucher sieht ihn überall. Er zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Eisenoxiden im Gefüge aus. Diese geben ihm sein ganz eigenes, unverwechselbares Aussehen: Er ist von abertausenden kleinen schwarzbraunen Punkten durchzogen und erinnert ein wenig an einen Dalmatiner.
Höttinger Sandstein ist manchmal so stabil, dass ihn sogar schon die Römer zum Bauen verwendet haben. Bei einem Besuch des Römer-Museums in Weißenburg werden Sie kleine Kapitelle aus der Zeit des Limes finden, welche bereits aus eben diesem Stein gemacht wurden.
Zur Restaurierung
Doch der Zahn der Zeit macht auch vor dem Beschützer der Christenheit nicht halt. Die fein ausgearbeiteten Konturen von Rüstung und Zaumzeug unseres Georgs sind ausgewittert, das Gesicht fast vollständig verloren. Pferd und Reiter sind von einer dicken Schmutzkruste überzogen. Feinstaube sowie Schwefel aus der Luft haben über die Jahre eine feste Verbindung zum Stein gebildet. Regenwasser hat feine Hohlräume ausgespült, dünne Schalen lösen sich vom Stein ab. Die Ergänzungen früherer Zeiten aus Zementmörtel sind zu hart, sie drücken den weichgewordenen Stein ab. Andere Mörtel, wie die Fugen am Sockel, sind zu weich. Sie hat der Regen schon herausgespült.
Am Anfang einer jeden Restaurierung steht die Planung. Der Reiter wird eingehend begutachtet und von allen Seiten fotografiert. Sämtliche Schäden werden genauestens dokumentiert und in einen Plan, die Kartierung, eingetragen. Aus der Gesamtheit der Schäden leitet sich dann die Arbeitsaufgabe für die Restauratoren ab.
Die Steinrestauratoren reinigen zuerst die Oberfläche. Mittels Heißdampfs werden Moose und Flechten abgelöst. Anschließend kann in mühevoller Kleinarbeit die schwarze Kruste reduziert werden. Hierzu wird mit feinen Partikelstrahlern gearbeitet, jede Stelle bekommt einen anderen Druck zu spüren. Ist die Oberfläche soweit befreit, dass sie Feuchtigkeit wieder aufnehmen und abgeben kann, erfolgt die Festigung von mürbem Stein. Verdünnte Kieselsäure wird in den Stein gespült. Nach einer Reaktion mit Wasser und Luft verbleiben feine Siliciumplättchen im Gefüge. Mit einer ähnlichen, angedickten Rezeptur werden Risse verschlossen und Schalen hinterspritzt. An manchen, statisch-relevanten Partien müssen feine Nadeln aus Edelstahl eingeklebt werden. Diese verhindern ein Herabstürzen einzelner Teile. Zum Schluss tragen die Restauratoren eine feine Lasur aus verdünntem Mörtel auf, die noch die kleinesten Öffnungen und Hohlräume verschließt und die einzelnen Konturen des Ritters wieder besser hervortreten lässt.
Ein neues Gesicht
Jeder Arbeitsschritt will genau überlegt sein. So auch die Frage, wie viel der Binnenkontur wieder ergänzt werden soll. Soll man versuchen, das Gesicht des Ritters wieder herzustellen? Immerhin existiert ein altes Foto aus den 1930er Jahren. Aber bekäme man es wirklich genau so hin? Oder wäre es nur der Wunsch, diesen ehrwürdigen Ritter zu verjüngen? Wo finge man an und wo hörte man auf?
Schlussendlich wurde das Gesicht nicht ergänzt. Der Ritter bleibt so seinem Alter treu. Aber ein kleines Zugeständnis gab es: Das Zaumzeug und der Drache wurden mit einer feinen Lasur schattiert. Nur ganz leicht. So kann der Besucher nun zumindest das, was noch übrig ist, ein bisschen besser erkennen.
Brunnenbecken
Was dem Georgsbrunnen noch fehlt – ist der Brunnen. Das Becken ging wohl im Zweiten Weltkrieg verloren, gefunden wurde es bisher nicht. Das eiserne Becken im Hof der Residenz ist es leider nicht. Aber vielleicht taucht es ja noch auf …
Winterschutz und Ausblick
Damit unser stolzer Recke auch noch lange Zeit die Residenz beschützen kann, wird er im Winter eingepackt. Somit werden die größten Schäden durch Regen und Frost vermieden.
(Wen das Thema rund um die Winterschutzeinhausung interessiert, der findet hier noch mehr Informationen).
Die Konstruktion allein ist bei einer Statue dieser Größe ein Kunststück. Eine mehrteilige Holzkonstruktion, durch Diagonalstreben aus Stahl gegen die Windlast verstärkt, bildet das Grundgerüst. Die Wände werden mit Brettern aus Lärchenholz verkleidet, Lochbleche an allen Seiten garantieren eine ausreichende Belüftung. Den Abschluss bildet ein Zeltdach, mit Blech verkleidet.
Diese Winterschutzeinhausung wird in jedem Herbst auf- und im darauffolgenden Frühling wieder abgebaut. Dazwischen muss sie gelagert, gepflegt und ausgebessert werden. Der Schutz gegen Wind und Wetter ist heutzutage genauso wichtig wie die Restaurierung und die regelmäßige Pflege selber.
Stolz steht er nun da, der Georg, in Würde gealtert. Und beschützt die Residenz Ellingen noch viele weitere Jahre.
Vielen Dank an
Hr. Pelzer (Staatliche Bauamt Ansbach), Fr. Yvonne Schubert (Voruntersuchung)
Fr. Beckler (Kastellanin), alle MitarbeiterInnen der Residenz Ellingen sowie an die MitarbeiterInnen der Fa. Pfanner-Restaurierung aus München.
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