Am 15. August 1719 feierte Markgraf Georg Wilhelm die Einweihung seiner Eremitage mit einem Fest, an dem auch die Bevölkerung teilnahm. Dieses Kirchweihfest mit Krämerbuden, Schenken, Garküchen, einem Tanzplatz und einem „Maienbaum“ wurde in der Folgezeit jährlich wiederholt. Für den Hofstaat stand eine eigene „Lusthütte“ zur Verfügung. Dieses 300-jährige Jubiläum nehmen wir zum Anlass, in diesem Sommer etwas ausführlicher über die Eremitage zu berichten.
Die Bedeutung von Natur und Gartenkunst in der Raumgestaltung
Wie ein roter, oder eher grüner Faden, zieht sich die Bedeutung von Natur und Gartenkunst durch die Geschichte der Eremitage – auch durch die Gebäude, wovon wir heute erzählen.
1616 vom Bayreuther Markgrafen Christian erworben, errichtete Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Kulmbach auf dem Gelände der späteren Eremitage ab 1664 einen umzäunten Tier- und Jagdgarten samt „Lusthauß“ und Grottengebäude. Das Aussehen des ersten Schlösschens kennen wir nicht. Markgraf Georg-Wilhelm, ein ambitionierter Bauherr, errichtete ebenfalls ein Schloss, das heute „Altes Schloss“ genannt wird und Rückzugsort des vom Markgrafen gegründeten Ritterordens „Ordre de la Sincérité“ („Orden der Aufrichtigkeit“) war: Hier traf sich ein kleiner Kreis Vertrauter, einfach gewandet als „Eremiten“. Das Markgrafenpaar fungierte als „Prior“ bzw. „Priorin“ der „Eremiten“. Auf kurzweilige Tage in Eremitenhütten in den bewaldeten Regionen des Parks folgten gesellige Abende im Festsaal des Schlosses. Von Anfang an war der Garten ein wichtiger Teil der Anlage. Damals wie heute schmückt ein Parterre die Ebene vor dem Festsaal, das in eine (heute wieder hergestellte) Kaskade mündet. Die Grotte als Hauptzugang des Alten Schlosses mit ihren Wasserscherzen erfreute damals das Markgrafenpaar und erstaunt bis heute unsere Gäste.
Einflüsse aus aller Welt
Unter Markgräfin Wilhelmine, die das Alte Schloss ab 1735 erweiterte und im Innern neu ausstattete, hielt der Garten auch Einzug in weitere Räume. Ein im 18. Jahrhundert als „Indianisches Eckkabinett“, heute als „Japanisches Kabinett“, bezeichnetes Raumkunstwerk entführt in fernöstliche Gartenlandschaften, dargestellt auf Lacktafeln an den Wänden als auch im Deckenstuck und auf den Türflügeln. Vier ostasiatische Lacktafeln, die Wilhelmine als Geschenk von ihrem Bruder Friedrich dem Großen erhielt, bildeten den Grundstock der um 1739 entstandenen Ausstattung. Die anderen Lacktafeln werden in Wilhelmines Nachlassinventar als „von Ihro Königl. Hoheit eigene Arbeit“, also als Werke Wilhelmines, einer königlichen Prinzessin von Preußen, benannt. Unter Verwendung ostasiatischer Specksteinfigürchen und wohlmöglich unterstützt von am Hofe tätigen Künstlern legte die Markgräfin hier also selbst Hand an. Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass die Sichtbeziehung zum Garten der künstlerisch ambitionierten Bauherrin wichtig war. Der Blick fiel seit der Italienreise Wilhelmines 1755/56 auf Skulpturen des Homer und des Seneca, die auf die Antike verweisen sollten. Für Wilhelmine waren die ägyptische, griechische und römische Antike ebenso Grundlage ihrer Kultur wie das „Chinesische“ und vereinigten sich hier zu einem Gesamtbild.
Auch das um 1750 entstandene „Chinesische Spiegelscherbenkabinett“ macht die Gartenkunst zum Protagonisten. Durch die Spiegelscherben erhält der Garten Einzug ins Haus, Wandfelder und Deckenstuck greifen asiatische Gartenmotive auf.
Europäische Gartenthemen
Auch europäische Gartenthemen gelangten in die Bayreuther Schlösser. Nicht nur im Neuen Schloss Bayreuth samt Italienischem Schlösschen sind mehrere solcher Gartenzimmer zu finden, die während und nach Markgräfin Wilhelmine entstanden: In der Eremitage entstand 1749 bis 1753 das Neue Schloss Eremitage. Von Anfang an als Orangerie zur Präsentation wertvoller Zitrusbäume rund um das Wasserbassin genutzt und zeitweise als Menagerie geplant, begann Wilhelmine hier mit der Einrichtung von Appartements für ihren Gemahl Friedrich und sich selbst. Leider wurden diese Räumlichkeiten im 2. Weltkrieg zerstört. Historische Aufnahmen geben heute noch einen Eindruck der dort gewesenen Gartenillusionen: Im erst nach dem Tod Wilhelmines ausgestatteten Gartensalet im Appartement des Markgrafen werden im Neuen Schloss Bayreuth entwickelte Raumdekorationen weiter entwickelt und auf die Spitze getrieben: Von künstlichen Pflanzen umrankte Holzspaliere bildeten die Sockelzone. Aus den Wänden „wuchsen“ plastische Zitruspflanzen aus Gips und Holz. Die Türen waren als repräsentative Gittertore gestaltet, auf deren Pfeilern Blumenkörbe standen und Papageien saßen. Anstelle von Kaminen befanden sich Grottennischen in zwei Ecken, die einst Käfige für lebendige Singvögel beherbergten. Wasser rieselte an den Grottenwänden hinab. In der Raummitte stand ein Springbrunnen. Die Decke war als blauer Himmel gestaltet. Dieser Raum vollendete nun die Illusion, den Garten ins Schloss geholt zu haben – eine Illusion die im 19. Jahrhundert Nachfolge etwa in aufwändigen Wintergärten zum Beispiel in der Residenz München finden sollte.
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