Geheimnisse

Es summt und brummt im Landschaftsgarten – Die Geschichte der Bienenzucht im Park Schönbusch

Bienen-Christian Altenburger_2020

von Alexandra Greim, Susanne Hoppe und Sebastian Väth //

Die Anfänge

„In einer anderen Gegend wird ein sehr ansehnlicher Oekonomiehof errichtet, wo in allen Theilen der Landwirtschaft, besonders der Viehzucht und der Bienenzucht, Versuche und Erfahrungen gemacht und künftige Beamte und andere junge Leute gebildet werden sollen […]“.

Mit diesen Worten beschreibt Gartentheoretiker Christian Cay Lorenz Hirschfeld 1783 den unter dem Mainzer Erzbischof und Kurfürst Friedrich Karl von Erthal (1719-1802) errichteten Wirtschaftshof, den sogenannten Nilkheimer Hof, in der Nähe des Landschaftsparks Schönbusch. Dieser wurde auf Wunsch des Kurfürsten zu einem landwirtschaftlichen Mustergut ausgebaut, welches der Gartenkünstler Friedrich Ludwig Sckell über ein Wiesental unmittelbar mit dem Park Schönbusch verband. Neben Stallungen für Rinder, Weideflächen für Schafe und einer Obstbaumschule sollte auch die Bienenzucht zur Honig- und Wachsgewinnung in den Schönbusch integriert werden und das Parkbild beleben. Dafür beauftragte von Erthal einen Experten, den Pfarrer und Pomologen Johann Ludwig Christ (1739-1813). Der Obstbaufachmann verfasste 1780 ein Buch mit dem Titel „Anweisung zur nützlichen und angenehmsten Bienenzucht“ und erwähnt in dessen zweiter Auflage den erfolgreichen Bau der Bienenstände im Schönbusch.

Johann Ludwig Christ, Titelblatt der zweiten Auflage des Buchs „Anweisung zur nützlichsten und angenehmsten Bienenzucht“, 1783

Johann Ludwig Christ, Titelblatt der zweiten Auflage des Buchs „Anweisung zur nützlichsten und angenehmsten Bienenzucht“, 1783

Erstmalig tauchen die Bienenhäuser in einem Parkplan des Landschaftsgartens um 1780 auf, der von Emanuel Joseph von Herigoyen, Architekt der Parkbauten und bis 1779 künstlerischer Leiter des Schönbuschs, angefertigt wurde. Der Plan enthält erste landschaftliche Umgestaltungsideen des Gartenkünstlers Friedrich Ludwig Sckell (1750-1823), welche den idealisierten Landschaftsgarten mit der umliegenden Agrarlandschaft verbinden und diese damit in die Parkgestaltung einbezieht. Insgesamt werden in dieser mit „Plan du Bois Joli“ betitelten Zeichnung drei schmale Bienenhäuser am südwestlichen Parkrand abgebildet.
Sie stehen auf einer freien Wiesenfläche direkt an einem Gehölzrand nahe des sogenannten „Dörfchens“ (entstanden 1788/89). Auf späteren Plänen von 1780-84 und 1788 sind hingegen nur zwei Bienenhäuser zu sehen, sie werden in den zugehörigen Legenden mit „Hangards pour des abeilles“ (Schuppen für die Bienen) bzw. „Maisonnette des Abeilles“ (Bienenhäuschen) näher beschrieben.

Emanuel Joseph von Herigoyen, Gartenplan des Parks Schönbusch vor 1788 mit Standort der Bienenhäuser und zugehöriger Erläuterung aus der Planlegende,BSV, Gärtenabteilung: AB 03-05-002 (B 11-2)

Emanuel Joseph von Herigoyen, Gartenplan des Parks Schönbusch vor 1788 mit Standort der Bienenhäuser und zugehöriger Erläuterung aus der Planlegende, BSV, Gärtenabteilung: AB 03-05-002 (B 11-2)

Luxuswohnungen für die Bienen

Bienenhäuser Schönbusch Park

Johann Ludwig Christ, Entwurf zu den Bienenhäusern im Park Schönbusch, um 1783, Hofbibliothek Aschaffenburg: HBAb: Delin. Ib, 56

Eine Zeichnung von Christ mit dem Titel „Aufriß der im Schönbusch zu errichtenden Bienenständen“ zeigt zwei Architekturen, die wie kleine, zweigeschossige Häuser aussehen. Schönbusch Aschaffenburg BienenhäuserLaut der genannten Maßangaben war das eine ca. vier, das andere etwa zehn Meter lang und etwa drei Meter hoch. Während das größere der beiden Häuser (C) ein einfaches Satteldach trägt, hat das kleinere, auf Stufen stehende Häuschen ein Glockendach mit einer Fahne (A). Hierauf erscheint das Mainzer Rad, Wappenzeichen der Mainzer Kurerzbischöfe. Die Hausfassaden hingegen sind gleich gestaltet. Herausziehbare Bienenkästen mit jeweils 7 übereinanderliegenden Einfluglöchern sind in Ober- und Untergeschoss für die kleinen Bewohner geplant. Über dem obersten Flugloch sind Griffe zum Herausziehen der Kästen: diese waren vergoldet. Vor Diebstahl gesichert wurden die Kästen durch horizontale Stangen aus Metall, die mit Hängeschlössern versehen waren.

Der Entwurf für „Ein Chinesisches Häuschen“ (D) zeigt Auf- und Grundriss eines Gebäudes, das für „…theils den Aufenthalt zur Sommerzeit, auch für den Bienenwärter“ gedacht war. Hier sollten auch die notwendigen Gerätschaften sowie Honig und Wachs eingelagert werden.

Bienenhäuser_Situationsriss -Hofbibliothek_Aschaffenburg

Johann Ludwig Christ, Geplanter Standort der Bienenhäuser im Park Schönbusch, um 1783, Hofbibliothek Aschaffenburg: HBAb: Delin. Ib, 57

07_Bienenhäuser_Christ_Situationsriss_Detail - Hofbibliothek_AschaffenburgAuf dem „Situations Riß über die in dem Schönbusch anzulegende Bienenzucht auf dem alten Fasanerie Platz.“ gibt Christ diese Gebäude in ihrer Anordnung im Gelände wieder: Vor einem dreieckigen, mit „wilden Kastanien“ (BB) bepflanzten Feld stehen die Bienenhäuschen (AA). Es schließen sich einige „Zwergbäumchen“ (DD) an, in deren Mitte das „Chinesische Häuschen“ (C) steht. Darüber hinaus waren hier „Zwei umzäunte Bienenstöcke“ (E) vorgesehen, „welche auf allen Seiten große Glastafeln haben, um den Bienen in ihrem Bauen und sonstigen Verrichtungen bequem zusehen zu können.

Ob die Bienenhäuschen wirklich exakt nach den überlieferten Plänen umgesetzt wurden, ist leider nicht bekannt. Anhand der Beschreibungen Christs und der überlieferten Gartenpläne ist jedoch gesichert, dass es im Park Schönbusch tatsächlich Bienenhäuser zum Zwecke der Zucht und Erforschung gab.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts verschwanden die Bienenstände aus den historischen Plandarstellungen des Landschaftsparks Schönbusch. Auf den vorliegenden Plänen aus den Jahren 1797 bis 1845 sind die Häuser nicht mehr zu sehen. Erst in einem Katasterplan von 1846 wird das ehemalige Bienenareal durch die Flurbezeichnung „Die Bienenstände“ gekennzeichnet und weist damit auf die ursprüngliche Nutzung hin. Das angrenzende Flurstück ist darüber hinaus mit den Worten „zu den Bienenständen“ versehen. Auch im Kataster von 1910 und im Plan von Gartendirektor Schall (1871-1942) erinnert die Beschriftung „Bien-Acker“ an die ehemalige Bienenzucht im Park Schönbusch.

Kataster_Garten_1846_1910 - BSV_Gärtenabteilung

Katasterpläne des Parks Schönbuschs von 1910 (links) und 1846 (rechts), mit Detailausschnitten des ehemaligen Standortes der Bienenhäuser, hier mit „Bien-Acker“ und „Die Bienenstände“ beschriftet, BSV, Gärtenabteilung: links, AB 03-05-043 (B 11-32); rechts, AB 03-05-026 (B 11-21)

Bienenhaltung heute

Bienenstöcke_heute - Sebastian_Väth_2022

Moderne Bienenstöcke auf einer Teilfläche des Parks Schönbusch,
BSV Gärtenabteilung, Sebastian Väth, 2022

Bereits vor einigen Jahren hat man sich im Park Schönbusch erneut für eine professionelle Bienenhaltung entschieden. Insgesamt durften rund 40 Völker ins Gartendenkmal einziehen, welche die zuvor ausgeübte Hobbyimkerei ablösten.
Die Kolonien des ortsansässigen Imkers bestehen aus sogenannten Wirtschaftsvölkern (mindestens ein Jahr alte Bienen, die Honig-Reserven anlegen) und Jungvölkern (unter einem Jahr alte Bienen, die noch zu schwach sind um Honig-Reserven anzulegen; diese werden im zweiten Jahr zu Wirtschaftsbienen). Das Verhalten des Stocks wird dabei maßgeblich durch den Charakter der Bienenkönigin beeinflusst. Aufgrund des regen Besucherverkehrs im Park legt der Imker viel Wert auf die Anzucht möglichst friedvoller Bienengemeinschaften, die ihm u.a. ein Arbeiten nahezu ohne Schutzausrüstung an seinen Bienenstöcken ermöglichen. Die modernen Bienenkästen befinden sich an mehreren Standorten im Landschaftspark. Durch das umfangreiche Nahrungsangebot des großflächigen Gehölzbestandes und der artenreichen Wiesenflächen des Parks können vorrangig zwei Honigsorten erwirtschaftet werden, Frühjahrsblüten- und Lindenblütenhonig. Die wertvolle Ernte des Gartendenkmals wird durch den Imker mit einem DIB-Label (Deutscher Imkerbund) versehen und regional verkauft.

Bienenstöcke_historischer_Standort - Sebastian_Väth_2022

Bereich des historischen Standortes der Bienenstöcke mit Gehölzrand,
BSV Gärtenabteilung, Sebastian Väth, 2022

Mittelfristig ist geplant weitere Bienenstöcke im historischen Bienen-Areal zu etablieren. Gemeinsam mit der Schloss- und Gartenverwaltung Aschaffenburg, dem Imker der bestehenden Bienenvölker und der Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung, wurde hierfür die Wiesenfläche am südöstlichen Parkrand im vergangenen Jahr besichtigt und auf ihre Eignung hin begutachtet. Unter Beachtung der aktuellen Anforderungen für die Aufstellung von Bienenkästen, steht dem Vorhaben nichts entgegen. Das Areal bietet ausreichend Nahrung und es befinden sich keine weiteren Bienenvölker in der direkten Umgebung, die in Konkurrenz zu den neuen, fliegenden Parkbewohnern stehen würden. Besonders das Verhältnis zwischen Sonne und Schatten, sowie die geringen Störfaktoren am Gehölzrand bieten optimale Voraussetzungen für die wertvollen Insekten.

Mit der Rückkehr der Bienenzucht an den geschichtsträchtigen Standort soll unmittelbar an die Historie der Tierhaltung im Landschaftspark Schönbusch angeknüpft und somit ein Stück der „tierischen“ Geschichte des Gartens künftig wieder erlebbar gemacht werden.

 


Titelbild: Christian Altenburger, 2020

Literatur
ALBERT, Jost; HELMBERGER, Werner: Der Landschaftsgarten Schönbusch bei Aschaffenburg. Worms 1999.