„König Max I. Joseph von Bayern“ aus der Residenz Ellingen besucht „Ludwig van Beethoven“ im Beethoven-Haus Bonn – und hat sich dafür schön gemacht
Wenn ein König auf Reisen geht, will das gut geplant sein. Daran ändert es auch nichts, dass die Straßen heutzutage besser und die Fortbewegungsmittel mittlerweile schneller und komfortabler sind als zu Zeiten des bayerischen Königs Max I. Joseph – und dass ebendieser nicht mehr persönlich, sondern in Form eines Gemäldes verreisen möchte. Im Gegenteil, die Reise einer Kostbarkeit wie des Gemäldes Max I. Josephs vom berühmten Porträtmaler Joseph Karl Stieler bedarf einiger Vorbereitungen.
Startpunkt war die Leihanfrage des Beethoven-Hauses in Bonn im Herbst 2018, ob die Bayerische Schlösserverwaltung dieses in der Residenz Ellingen beheimatete Porträt für die Sonderausstellung „In bester Gesellschaft. Joseph Stielers Beethoven-Portrait und seine Geschichte“ (17. Dezember 2019 bis 26. April 2020) verleihen würde.
Die Bayerische Schlösserverwaltung hütet einen größeren Bestand an Gemälden dieses bedeutenden Malers, der in Münchner als Hofmaler tätig war und auch viele Aufträge für andere adelige wie bürgerliche Auftraggeber ausführte. Darunter befand sich auch Carl Philipp von Wrede, einst Hausherr der Residenz Ellingen. 1814 in den Fürstenstand erhoben, entdeckte der Fürst von Wrede die Porträtkunst Stielers als perfektes Medium. Im Artikel zu Joseph Karl Stieler von 1893 in der Allgemeinen Deutschen Biographie (Band 36, S. 189–196) hieß es dann auch, Stieler wurde „Mode in der Haute volée und es gehörte zum guten Ton, sich von St.[=Stieler] abconterfeien zu lassen. Es entstanden zahllose Bildnisse von Staatsmännern, Heerführern, Gelehrten, Künstlern (darunter beispielsweise Fürst Wrede, General v. Pappenheim), von erlauchten und hohen Frauen, welche meist noch der Regierungszeit König Max’ I. angehören. […] Die vornehme Welt wollte nur von St. porträtirt sein; seine Manier, die Menschen nach ihrer glaubhaft liebenswürdigsten Seite, in idealer Verherrlichung, mit sorgfältiger, geschmackvoller Anordnung elegant abzuschildern, fesselte Alles.“
In der Residenz Ellingen lassen sich dann auch mehrere Werke Stielers bestaunen, darunter zwei im Wortsinn überragende Porträts des Fürsten Wrede. Eines zeigt ihn überlebensgroß bei der Schlacht von Arcis-sur-Aube (20. und 21. März 1814), ein weiteres in Riesenformat auf einem stolzen Araberhengst. Letzteres Gemälde bringt es mit Rahmen auf circa 410 mal 360 cm. Diese Gemälde können aufgrund ihrer Größe nicht verliehen werden. Besser stand es da um das Porträt des Königs Max I. Joseph (Rahmenmaß: 95 mal 85 cm), von Stieler signiert und mit der Jahreszahl 1816 versehen.
Nach Vorliegen der Leihanfrage untersuchten unsere zuständige Gemälderestauratorin Manuela Frankenstein und unsere Vergolderin Sabine Palffy das Gemälde samt Rahmen vor Ort in Ellingen. Es galt herauszufinden, ob und mit welchen Vorgaben das Werk verleihfähig ist und welche konservatorischen Maßnahmen zuvor durchzuführen waren. Anschließend war klar: Max I. Joseph darf auf Reisen gehen, benötigt aber zuvor noch ein wenig Pflege und jede Menge „Papierkram“. Letzterer gehört zum Aufgabengebiet der Museumsreferentin, die auf Grundlage der restauratorischen Expertise über Leihgaben entscheidet.
Die benötigten restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen wurden im Restaurierungszentrum der Bayerischen Schlösserverwaltung von den beiden Expertinnen durchgeführt: Manuela Frankenstein reinigte die Oberfläche des feinen Porträts, konnte den vergilbten Firnis reduzieren, Risse und aufgestellte Farbpartikel niederlegen und einige Fehlstellen retuschieren.
Das Schadensbild zeigte typische Charakteristika von Gemälden des 19. Jahrhunderts, als mit neuen Farben und Methoden experimentiert wurde. So bleiben Farbschwundrisse sichtbar, die die Grundierung durchscheinen lassen und uns heute an Kroko-Leder erinnern.
Trotz dieser kleineren Schäden, die aufgrund des Alterungsprozesses entstanden sind, zeigt das Gemälde aber nach wie vor eine herausragende Stofflichkeit, für die Stieler so berühmt war. Neben seiner hohen technischen Perfektion ist auch erkennbar, wie der Künstler auf die Charaktere seiner Porträtierten einzugehen vermochte, was zu lebendigen Bildnissen führte. Oder wie es in der bereits zitierten Allgemeinen Deutschen Biographie heißt „verstand er es trefflich zu individualisiren und auch der äußeren, sinnlichen Wahrheit ihr Recht widerfahren zu lassen. Seine Bildnisse waren in hohem Grade ähnlich, dabei von einer heiteren Klarheit und blühenden Frische der Farben, die in anmuthiger Modellirung von dem meist dunkel gehaltenen Hintergrunde wirksam sich abheben und um so mehr gefielen, je sorgfältiger und sauberer die Pinselführung war“.
Aber Stieler ist nicht gleich Stieler: Seltenheitswert hat unser Gemälde auch insofern, als dass es sich noch um die originale Aufspannung und den originalen Rahmen handelt. An diesem, für Stielers Werke typischen Rahmen hatte der Zahn der Zeit ein wenig genagt. Fachfrau Sabine Palffy ersetzte Fehlstellen durch Gipselemente. Diese hatte sie gewonnen, indem das entsprechende Ornament an anderer Stelle des Rahmens mit Silikon abgeformt und die Silikonform mit Gips ausgegossen worden war. Größere Fehlstellen wurden anschließend neu vergoldet, kleinere retuschiert. Eine etwas ungelenke historische Ausbesserung mit einer nicht ganz stimmigen, plakativ wirkenden Legierung konnte eingetönt und somit im Erscheinungsbild abgemildert werden.
Hier ist das Ergebnis der Arbeit unseres Restaurierungszentrums zu erkennen:
So „herausgeputzt“ konnte das Gemälde in einer speziellen Kiste stoßgeschützt und klimatisiert nach Bonn reisen, wo es nach einer Akklimatisierungsphase unter den fachkundigen Blicken der Restauratoren sorgfältig ausgepackt und gehängt werden konnte.
In Bonn kann Max I. Joseph nun „in bester Gesellschaft“ bis zum 26. April 2020 bestaunt werden – gemeinsam mit mehreren anderen „Geschwistern“ verschiedener Sammlungen, darunter auch dem berühmten Porträt Beethovens, das unseren Blick auf den Komponisten bis heute prägt, und über das die Allgemeine Deutsche Biographie berichtet: „Aus Verehrung für Beethoven malte St. den zum „Sitzen“ meist unwirschen Tondichter (1819): ein vorzüglich gelungenes, den genialen Mann ganz charakterisirendes Bildniß“.
1 Kommentare