Im Rahmen des Festjahres “1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland” geht es darum, jüdisches Leben sichtbar und erlebbar zu machen und dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Auch in Zusammenhang mit vielen bayerischen Sehenswürdigkeiten ist historisch etwas dazu beizutragen. Der nächste Beitrag unserer Serie führt uns ins oberfränkische Bayreuth.
Die Lebenslage der jüdischen Bevölkerung in der Markgrafschaft Bayreuth war über Jahrhunderte abhängig von der wechselnden Gunst oder Ungunst der gerade regierenden Landesherren. Als am 15. März 1760 die heutige Synagoge in Bayreuth eingeweiht wurde und man dort die erste Sabbatfeier abhielt, hatte man davor in der Stadt beinahe 250 Jahre lang keine jüdische Gemeinde mehr geduldet.
Dies änderte sich, als Markgraf Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth (reg. 1735–1763) im Jahr 1735 die Regentschaft übernahm, der sich als aufgeklärter, toleranter Landesvater zeigte. So prägten auch jüdische Persönlichkeiten seinen Hof: Hier waren sowohl Schachspieler zur abendlichen Unterhaltung der Hofgesellschaft angestellt als auch seit 1754 der Künstler Juda Löw Pinhas (1727–1793) als Porträtmaler. Mit Unterstützung des Markgrafen – ein Schwager Friedrichs des Großen – war Pinhas zeitweise auch am königlichen Hof in Berlin tätig.
Hofbankier und Münzlieferant des Markgrafen war Moses Seckel (†um 1770), der aus Bruck bei Erlangen nach Bayreuth gezogen war. Zusammen mit seinem Bruder David kaufte er im Jahr 1759 für 8250 Gulden das alte Bayreuther „Redouten- und Operahaus“, eine ehemalige höfische Vergnügungsstätte in städtebaulich prominenter Lage. Der zweiteilige Gebäudekomplex war im Jahr 1714 von Markgraf Georg Wilhelm, einem großen Theaterliebhaber, errichtet worden. Im vorderen Teil befand sich ein Redoutenhaus für Maskenbälle (im Jahr 1740 neu gebaut), im hinteren Teil ein Opernhaus mit kleinem Logenhaus und Bühne. Nach der Eröffnung des südlich angrenzenden Markgräflichen Opernhauses im Jahr 1748 verlor das alte „Redouten- und Operahaus“ zunehmend an Bedeutung, sodass man es schließlich verkaufte.
Der Kaufvertrag, der am 5. März 1759 zwischen Markgraf Friedrich und den Gebrüdern Seckel geschlossen wurde, beinhaltete die Erlaubnis, das Vorderhaus nicht nur als Wohn-, sondern auch als Geschäftshaus zu nutzen und im Hinterhaus eine Synagoge einzurichten. Da zur Abhaltung eines jüdischen Gottesdienstes die Anwesenheit von mindestens zehn männlichen Personen erforderlich ist, gestattete der Markgraf zudem, dass sich zehn jüdische Familien in Bayreuth ansiedelten, um ebenfalls ein Gewerbe zu betreiben. Voraussetzung war, dass jede Familie bereits mindestens 4000–5000 Gulden Eigenkapital besaß.
Der Zuzug von gut situierten Kaufleuten in seine Residenzstadt lag durchaus im Interesse des Markgrafen, da sie Geld ausgaben und Steuern einbrachten, darunter auch Sondersteuern, die ausschließlich von jüdischen Untertanen zu entrichten waren. Die jüdische Gemeinde entwickelte sich prächtig: Bereits vier Jahre später war sie auf 34 Familien angewachsen.
Die im Jahr 1760 eingeweihte Synagoge war also kein Neubau von Grund auf, sondern ging aus der baulichen Umgestaltung des alten „Redouten- und Operahauses“ durch die Gebrüder Seckel hervor. Nach dem Tod von Moses Seckel vermachte sein Bruder die Synagoge 1772 der jüdischen Gemeinde. Das ehemalige Redoutenhaus wurde weiterhin als privates Wohn- und Geschäftshaus genutzt und war bis 1920 in jüdischem Besitz. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge verwüstet und ausgeraubt. Nur die Nähe zum Markgräflichen Opernhaus verhinderte die Zerstörung durch Feuer.
Nach Umbauarbeiten im Innenbereich in den 1960er-Jahren und einer 2018 abgeschlossenen umfassenden Sanierung erstrahlt die Synagoge heute in neuem Glanz. Sie gilt als älteste noch bzw. wieder betriebene Synagoge in Deutschland und bildet den Mittelpunkt der Bayreuther jüdischen Gemeinde mit ca. 500 Mitgliedern. Die architektonische Besonderheit als ehemaliges Opernhaus lässt sich noch im Inneren der Synagoge nachvollziehen. So findet man in der Mauer der Ostwand Hinweise auf den ehemaligen Bühnenbogen und im Dachboden Teile der barocken Bühnenmaschinerie.
Mehr zur Geschichte der Bayreuther jüdischen Gemeinde kann man bei einer Führung durch die Synagoge erfahren, die von der Israelitischen Kultusgemeinde Bayreuth nach Voranmeldung angeboten wird. Die Kontaktdaten findet ihr auf dieser Webseite.
Literatur
Sylvia Habermann, Brückenschlag zwischen Judentum und Landesherrn, in: Jüdisches Bayreuth, hrsg. von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Bayreuth 2010, S. 35–41.
Tillman Kohnert/Barbara Fischer-Kohnert, Opern-, Komödien-, Reit- und Redoutenhaus. Neueste Erkenntnisse zur Bauforschung an der Bayreuther Synagoge, in: Jüdisches Bayreuth, hrsg. von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Bayreuth 2010, S. 57–66.
Adolf Eckstein, Geschichte der Juden im Markgrafentum Bayreuth, Bayreuth 1907.
Titelbild: Die Bayreuther Synagoge © Norbert Miguletz