Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth (reg. 1712–1726) begeisterte sich seit seiner Jugend für Theater und Musik und ließ in seiner relativ kurzen Regierungszeit in und um Bayreuth mehrere Theaterbauten und Spielbühnen errichten, in denen über 50 Opern- und Theateraufführungen, Singspiele und Serenaden zum Besten gegeben wurden.
Gelegenheiten zu solchen Darbietungen gab es mit Geburtstagen, Namensfesten und hohen Besuchen am Hofe zur Genüge. Besonders aber die Karnevalszeit nutzte Georg Wilhelm, um sich über mehrere Wochen hinweg bei diversen Festivitäten zu vergnügen.
Eigens für diese „Carnevals-Lustbarkeiten“ ließ er in Erlangen, der Nebenresidenz des Bayreuther Hofs, an der Nordseite des Schlossparks eine dreiteilige Anlage aus Redoutensaal, Opernhaus und Marstall erbauen. Dabei handelte es sich jedoch nicht um repräsentative Schlossgebäude. In ihrer architektonischen Schlichtheit und ihrer etwas abseitigen Lage hinter der Orangerie waren es von der höfischen Sphäre unabhängige, zweckmäßige Bauten, die allein für die Veranstaltungen der Karnevalszeit genutzt wurden und zu denen auch Bürger Zutritt hatten. Für das leibliche Wohl der Gäste war dort ebenfalls gesorgt, denn im Marstall waren neben den Stallungen auch die Küchenmeisterei und Konditorei untergebracht.
Zum Karneval 1719 wurden der Redoutensaal mit einem Maskenball und das Opernhaus mit der Oper „Argenis und Poliarchus“ eingeweiht. Zwei Ansichten des Nürnberger Kupferstechers Johann Baptist Homann geben uns heute eine Vorstellung vom Inneren der Gebäude.
Der Redoutensaal war ringsum von einer Musikerempore umgeben und mit Öfen, Spiegeln und Leuchtern ausgestattet. Eine quer durch den Saal verlaufende Schranke regelte den Zutritt zum Tanzbereich und markierte zugleich die Standesgrenze zwischen Adeligen und Bürgerlichen. Noch heute kann man den Hausordnungen, die der Bayreuther Hof für seine Maskenbälle erlassen hatte, entnehmen, wie stark das Verhalten der bürgerlichen Besucher reglementiert wurde, damit sie die höfische Gesellschaft mit ihrer Anwesenheit nicht störten.
Zu den Aufführungen im benachbarten Opernhaus waren ebenfalls Bürger zugelassen und auch hier setzte sich das schmucklose Äußere des Gebäudes im Innenbereich fort. Der schlichte Zuschauerraum bestand aus Logen auf drei Rängen sowie einfachen Sitzbänken im Parterre, wo eine wuchtige Orchesterabsperrung die Zuschauer von der Bühne trennte. Mit acht seitlichen Kulissenpaaren sowie 25 großen und kleinen Bühnenbildern besaß das Opernhaus jedoch eine beachtliche bühnentechnische Ausstattung.
Markgraf Georg Wilhelm hegte überdies eine besondere Vorliebe für sogenannte Verkleidungsdivertissements. Dazu gehörten nicht nur seine theatralisch inszenierten Seegefechte auf einem künstlich angelegten Gewässer außerhalb der Stadt Bayreuth, sondern auch öffentliche Karnevalsumzüge in Erlangen, die er zur Selbstdarstellung nutzte.
Im Jahr 1721 kam der Bayreuther Hof mit 380 Personen zum Erlanger Karneval. Am Fastnachtsdienstag gab es einen prächtigen Umzug, der die „Vier Erdteile“ Europa, Asien, Afrika und Amerika zum Motto hatte – ein damals aufgrund der zahlreichen Verkleidungsmöglichkeiten äußerst beliebtes Thema. Fantasievoll geschmückte, von Pferden gezogene Motivwägen, „Maschinen“ mit überlebensgroßen Figuren und verschiedene Musikergruppen, bildeten eine bunte Karawane, deren Ziel das Erlanger Schloss war. Je nach Standeszugehörigkeit übernahmen die Teilnehmer unterschiedliche Rollen. Gastgeber Markgraf Georg Wilhelm führte als „Romulus“ verkleidet die Gruppe „Europa“ an und auch die anderen „Erdteile“ waren hochrangigen Persönlichkeiten zugeteilt. Untergeordnete Rollen, die wohl von Hofbediensteten übernommen wurden, blieben dagegen anonym und sind nicht in der Legende des Kupferstichs überliefert.
Für seine geliebten Maskeraden konnte Georg Wilhelm zudem auf seinen riesigen Kostümfundus zurückgreifen, der aus über 200 Kostümen zu den unterschiedlichsten Themen bestand und heute in einem opulenten Stichwerk seines Kammerdieners und Rüstkämmerers Johann Meßelreuter überliefert ist.
Unter dem Nachfolger Georg Wilhelms wurde es zunächst wieder ruhig in Erlangen. Erst mit Markgraf Friedrich (reg. 1735–1763) und seiner Gattin Wilhelmine erlebte das dortige Karnevalstreiben einen erneuten Aufschwung. Im Jahr 1743 veranlasste Markgräfin Wilhelmine die Umgestaltung des Erlanger Opernhauses im Stil des Rokoko durch den venezianischen Dekorationskünstler und Theaterbauer Giovanni Paolo Gaspari, um es ein Jahr später an Karneval, zur Verlobungsfeier ihrer Tochter, einzuweihen.
Schon zu dieser Zeit keimte in Wilhelmine die Idee zum Bau eines neuen, prunkvollen Opernhauses in Bayreuth. Das 1748 eröffnete „Markgräfliche Opernhaus“ stellte schließlich viele andere Theaterbauten Europas in den Schatten und wurde aufgrund seiner architektonischen Einzigartigkeit im Jahr 2012 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Die Planungen für ein Opernhaus-Museum in direkter Nachbarschaft sind in vollem Gange. In der Dauerausstellung soll der Besucher dann auch in die barocke Festkultur des Bayreuther Hofs eintauchen können, die unter Markgraf Georg Wilhelm bereits eine erste Glanzzeit hatte.
Quellen
Staatsarchiv Bamberg, Inventar des Schlosses Erlangen (MBB, GAB, Nr. 794)
Literatur
Anita Gutmann, Hofkultur in Bayreuth zur Markgrafenzeit (1603-1723), Bayreuth 2008.
Thomas Engelhardt (Hg.), Erlangen im Barock, Erlangen 2010.
Christoph Friederich, Zur Erhöhung des geselligen Vergnügens. Aus der Alltags- und Festgeschichte des Redoutensaales, in: Das neue Erlangen (Heft 85), Erlangen 1991.