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Gartengottheiten im Museum

Rosengarten Neue Residenz Bamberg

Nach langen Wochen der Zurückhaltung und Vorsicht, die die Besucherinnen und Besucher der Bayerischen Schlösserverwaltung vor allem in den prachtvollen Gartenanlagen der jeweiligen Schlösser verbracht haben, ist der Gang ins Museum nun seit Kurzem wieder erlaubt. Wie sich in Bamberg Garten und Museum Hand in Hand genießen lassen, erklärt Museumsreferent Sebastian Karnatz. 


 

Die Corona-Krise hat es uns gelehrt – der Zugang zu einem Garten oder zu einer öffentlichen Grünanlage erleichtert das Leben und bringt Farbe und gesunde Frischluft in unseren Alltag. Dies ist heute, im Zeichen der Krise, kaum anders als vor über 300 Jahren als Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (reg. 1693-1729) die Erweiterung der Neuen Residenz auf dem Bamberger Domberg geplant hatte. Selbstverständlich durfte hier ein Hofgarten nicht fehlen.

Rosengarten mit Skulpturen Residenz Bamberg

Rosengarten der Neuen Residenz Bamberg © Bayerische Schlösserverwaltung / Christa Brand.

Die Geschichte dieser heute als Rosengarten bekannten Anlage reicht sogar noch weiter zurück. Sie beginnt bereits im 16. Jahrhundert. Der heutige Rosengarten geht auf den Garten des Mengersdorfhofs zurück, eines Domherrenhofes, der unter Bischof Johann Philipp von Gebsattel (reg. 1599-1609) Anfang des 17. Jahrhunderts zur Keimzelle des Baus der Neuen Hofhaltung auf dem Domberg wurde. Jener Garten war in den klassischen Formen der Renaissance gehalten: Kleine Wege teilten die Fläche in Rechtecke mit einzelnen Bäumen.

Unter Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (reg. 1729-1746) wurde der Garten 1733 nach Plänen Balthasar Neumanns in eine Anlage nach dem Zeitgeschmack des Barock umgewandelt. Auf einer erhöht gelegenen Terrasse, die bis an den alten Renaissancebau heranreichte, befand sich nun ein Boskett, also ein kleines „Lustwäldchen“, mit einem Springbrunnen. Der niedriger gelegene Gartenteil bestand aus geometrischen Rasenflächen und einem weiteren Brunnen.

Tennisbälle statt Rosen

In der Folge wurde noch unter den Bamberger Fürstbischöfen das Bodenniveau der beiden Anlagen angeglichen, ein einheitliches Wegesystem angelegt und der Springbrunnen in die Mitte verlegt. Diese Struktur besitzt der Rosengarten bis heute. Ab 1756 errichtete der Hofbaumeister Johann Jakob Michael Küchel einen Rokokogartenpavillon, der die Anlage seither abschließt. Die Konzentration auf eine Bepflanzung mit verschiedenen Rosenarten erfolgte erst im 19. Jahrhundert unter den Wittelsbachern. Heute sind im Hofgarten der Residenz 4500 Rosen in 50 verschiedenen Sorten zu sehen.

Historische Ansicht Rosengarten mit Tennisplatz

Rosengarten um 1900 © Staatsbibliothek Bamberg / Gerald Raab.

Für kurze Zeit mussten Teile der Bepflanzung allerdings der sportlichen Betätigung weichen: Das Tennisspiel zählte zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen um 1900. Zur Empörung der Bamberger Bevölkerung ließ Prinz Rupprecht einen Teil des Rosengartens roden, um sich auch zuhause in Bamberg dem vornehmen Sport widmen zu können. Heute allerdings lässt sich der Rosengarten gottlob wieder ganz ohne integrierten Sportplatz besichtigen.

Anstelle der Balljungen begrüßen deswegen die Besucherinnen und Besucher heute – wie auch schon im späten 18. Jahrhundert – zahlreiche Figuren des bedeutenden Rokokobildhauers Ferdinand Tietz, die den Rosengarten zu einem kleinen Panoptikum der griechisch-römischen Götterwelt machen. Die Figuren entstanden als Auftrag Fürstbischof Adam Friedrichs von Seinsheim 1760/61. Von einem ursprünglich etwas größeren Programm sind heute noch acht Götterfiguren, drei Putten und eine Vase erhalten.

Vom Garten ins Museum

Aus konservatorischen Gründen sind im Rosengarten heute Kopien dieser Figuren zu sehen. Die Originale begrüßen die Besucherinnen und Besucher seit der Wiedereröffnung der Residenz nach dem Lockdown in einem neugestalteten Ferdinand-Tietz-Figurengang.

Original-Figuren von Ferdinand Tietz im neuen Figurengang des Museums der Neuen Residenz Bamberg

Der neugestaltete Figurengang im Museum der Neuen Residenz Bamberg ©Bayerische Schlösserverwaltung / Dr. Sebastian Karnatz.

Im Museum – so ganz ohne das Plätschern des Brunnenwassers und dem Duft der Rosen – kann man dem Rokokogesamtkunstwerk der Gartengestaltung sicherlich nicht ganz so gut mit allen Sinnen nachspüren wie im Garten selbst, dafür erlaubt die museale Präsentation sozusagen die Begegnung mit den Gartengottheiten auf Augenhöhe und ohne weitere Ablenkung.

Ebenfalls nur im Museum möglich ist die reizvolle Kontrastierung des Rokokobildhauers Tietz mit den benachbarten Gemälden der Barockgalerie und mit Werken seines Nachfolgers und wohl auch Schülers Michael Trautmann. Der Bildhauer wurde – fast unübersehbar – von Tietz‘ Arbeiten inspiriert, scheint aber nach seiner Rückkehr nach Bamberg 1778 eine stärker klassizistisch geprägte Figurenauffassung verfolgt zu haben.

Sie sehen: Es lohnt sich jetzt noch einmal mehr, den Rosengartenbesuch mit einer Stippvisite in der Neuen Residenz zu verknüpfen und den fantastischen Figuren von Ferdinand Tietz Aug‘ in Aug‘ gegenüberzutreten. Wer seine Tour zu Ferdinand Tietz dann fortsetzen will, sollte auf jeden Fall auch dem ehemals fürstbischöflichen Jagd- und Lustschloss Seehof vor den Toren der Stadt einen Besuch abstatten. In der weiträumigen Parkanlage und im Tietz-Museum in der Orangerie befinden sich noch zahlreiche weitere Werke des Bildhauers.

Schloss Seehof Bamberg

Schloss Seehof bei Bamberg © Bayerische Schlösserverwaltung.