Autor: Christian Quaeitzsch

Neue Aus- und Anblicke im neuen Jahr: Wiederentdeckte Bildausstattungen der barocken Residenz kehren zurück

Im letzten Beitrag aus der Residenz haben wir die wenigen erhaltenen Trümmer einer barocken Raumausstattung aus dem einstigen bayerischen Herrschersitz vorgestellt. Seien wir ehrlich: viel war es nicht, was da den Sturm der Zeiten überdauert hat – eine Menge historisches Fotomaterial und „einst war hier“ und „dort stand das“ sind nötig, die erhaltenen Fragmente in ihrem einstigen Glanz zu imaginieren. Zum Glück machen wir aber auch immer wieder in den schlecht ausgeleuchteten Ecken unserer weitläufigen Depots Entdeckungen, die noch mit „mehr Fleisch“ an ihren jeweiligen Entstehungsepochen hängen!

Barocker Raumbefeuchter? Ein Zimmerbrunnen für Kurfürstin Henriette Adelaide…

Schwer zu glauben in Zeiten anvisierter Heiz-Sparpläne für die Museen und bedrohlicher winterlicher Kälteszenarien – doch speziell in den Sommermonaten kann es in den Räumen der Residenz zwischen Samttapeten und Holzvertäfelungen ganz schön warm werden! Das empfinden nicht nur die stundenlang inmitten des kostbaren Inventars treu ausharrenden Aufsichten, sondern bekommt auch so manche/r verschwitzte Besucher/in auf dem mitunter stickigen Weg durch Säle und Jahrhunderte zu spüren. Gern hätte man in solchen Momenten einen kleinen Pagen, der mit dem Straußenfeder-Fächer wedelt, wie man ihn z.B. auf zahlreichen Veronese-Gemälde als lebendiges Accessoire der höfischen Dame von Welt bewundern kann – doch müsste man den livrierten Ventilator heutigentags wohl an der Garderobe abgeben und die raren Straußenbuschen findet man in unseren Schlössern nur noch als Bekrönung hochherrschaftlicher Baldachinbetten…

Zwischen Ancien Régime und Zukunft – Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken – Teil 2

In unserem letzten Blogbeitrag haben wir ihn schon kennen- und schätzengelernt: Christian IV., den galanten, vielseitig interessierten, politisch und kulturell nach Frankreich orientierten Herzog von Zweibrücken aus dem pfälzischen Zweig der Wittelsbacher und aussichtsreicher Erbanwärter auf die Kurfürstentümer Pfalz und Bayern. Anlässlich seines 300. Geburtstags im September 2022 widmen wir dem «Prince eclairé » ein Doppel-Feature im Blog.

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Zwischen Ancien Régime und Zukunft – Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken – Teil 1

Wittelsbacher Geschichte ist soviel mehr als nur Bayern, Bier und Barock. In der Heimat des Autors, dem schönen Rheinland-Pfalz, und dem benachbarten Saarland erzählt man zum Beispiel die Historie des erlauchten Hauses mit ganz anderen Schwerpunkten und aus (kur)pfälzischer Perspektive: Hier betrachtet man von jeher Bayern vor allem als zusätzliches, zwar besonders hübsches, aber leider auch stets pflegebedürftiges Juwel in der Krone der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken, deren Nachkommen ab 1799 als Kurfürsten und dann schon bald auch als Könige über ihre pfälzischen Stammlande – und Bayern! herrschten (gefühlt in dieser Reihenfolge).

Sieben Mal Karl der Siebte – Ein Wittelsbacher setzt sich ins Bild

Wie schon in früheren Blogbeiträgen angekündigt, gibt es dieses Jahr in der Schlösserverwaltung ein gleich doppeltes Jubiläum zu feiern – es wird kaiserlich und hochzeitlich: Im August jährt sich zum 325 Mal der Geburtstag des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht (1697-1745), der nach langen Hin und Her schließlich 1742 lang gehegte Wittelsbacher Träume wahr machte und die Krone des Heiligen Römischen Reiches erlangte, weshalb er nach „imperialer Zählung“ als siebter Kaiser Karl in den Genealogien und Herrscherlisten erscheint – wenn auch nur kurz, nämlich drei politisch und kriegerisch bewegte Jahre lang bis zu seinem frühen Tod 1745. Einen ersten Anlauf auf diese künftige Rangerhöhung hin hatte der jugendliche Kurprinz Karl Albrecht aber bereits vor nun 300 Jahren im Herbst 1722 unternommen, als er im Auftrag von Papa Max Emanuel (reg. 1679-1726) die Kaisertochter und österreichische Erzherzogin Maria Amalia aus dem Hause Habsburg zum Traualtar führte – eine Verbindung mit Zukunftspotenzial sowie politischer Sprengkraft, die am Münchner Hof mit nie dagewesener Pracht und Kosten eines gesamten Staatshaushalts vier Wochen lang gefeiert wurde…

Ein histori(sti)scher Rechtsfall: Das restaurierte „Urteil Salomos“ aus dem Residenzappartement König Ludwigs II.

Rasch zu urteilen fällt uns oft leicht – zunehmend im gegenwärtigen Zeitalter schnell aufkochender medialer Empörung. Dabei ist ein gerechtes, zumindest abgewogenes Urteil zu treffen bekanntermaßen schwer, nicht zuletzt im Kultursektor! So wurde zum Beispiel die künstlerische Produktion, die Bayerns allseits geschätzter „Märchenkönig“ Ludwig II. (reg. 1864-1886) begeistert initiierte, abgesehen von seiner Wagner-Förderung lange Zeit als „monumentaler Kitsch“ kritisiert. Erst seit wenigen Jahrzehnten erfahren seine legendären Schlösser samt Ausstattung ihre ästhetische Rehabilitierung und werden heute als weltkulturerbeverdächtige Exzellenzbeispiele des internationalen Historismus gefeiert. Mit einem charakteristischen Erzeugnis dieser Kunst wollen wir uns in diesem Beitrag beschäftigen.

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Vergessene Zeugen aus Stein – neu zum sprechen gebracht…

2018 haben wir die Neupräsentation unserer Silbersammlung im Königsbau der Residenz eröffnet. Seither stehen die „alten Silberkammern“ (R. 100-102) leer. In den 1970er Jahren als neutrale Vitrinen-Sammlungsräume an Stelle der kriegszerstörten „Staatsratszimmer“ des 19. Jh. im Südwesten der Residenz eingerichtet, harren sie ihrerseits nun auf ihre Neuausstattung. Corona und die Konkurrenz wichtiger anderer Projekte innerhalb der Schlösserverwaltung wirken hier, wie andernorts, leider nicht beschleunigend.

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Ist das Kunst oder kann das weg? Die stillen Örtchen des Münchner Hofs – Toiletten und Retiraden

Das letzte Hemd hat keine Taschen, und es gibt Orte, zu denen selbst der Kaiser zu Fuß gehen muss. Mit solchen raren Lebensweisheiten starten wir unsere Suche nach dem Menschlichen, Allzumenschlichen in den Prunkräumen unseres Schlosses. Denn auch der blaublütigste Wittelsbacher, eingebunden in langwieriges Zeremoniell und behindert durch aufwendig verschnürtes Kostüm, mag ihn wohl oft seufzend aufgeschoben, aber letztlich nicht unterdrückt haben: den täglichen Toilettengang. Doch wo? Und wie? Und unter welchen hygienischen Standards? Hier stößt man erst mal auf eine Mauer des Schweigens. Nur zäh und widerwillig geben Jahrhunderte höfischer Diskretion ihre Geheimnisse preis – und führen gern in die Irre, statt zum historischen Örtchen.

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Ein Rokoko-Kaiser? Erinnerungen an Karl VII. Albrecht zum Jubiläumsjahr 2022

„Himmel, was hatte der Mann für Augen! Wie melancholisch blickte er unter den gesenkten Augenwimpern hervor!“ Begeistert gab sich die junge Patrizierin Elisabeth Textor, die später als Märchen erzählende „Frau Rat“, vor allem aber als Mutter von Johann Wolfgang Goethe in die (Literatur-)Geschichte eingehen sollte, dem Sex-Appeal des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht (1697-1745) hin, als dieser anlässlich seiner anstehenden Erhebung zum Kaiser Anfang 1742 in einer goldglänzenden Karosse Einzug in die Krönungsstadt Frankfurt hielt.