Autor: Christian Quaeitzsch

ResMü_miniatur Alexander

Großer Alexander – ganz klein: Ein einflussreiches Bildmotiv und seine Geschichte

Einen peinlichen, ja gefährlichen Moment stellt die buntfarbige und vielfigurige Bildszene in der Miniaturensammlung der Residenz dar: Im Schatten eines gewaltigen Zelts demütigt sich eine Gruppe verängstigter Frauen unterschiedlichen Alters auf Knien vor zwei jungen Militärs, die rechter Hand in voller Rüstung paradieren. Offensichtlich ist es eine Stunde der (männlichen) Sieger – wird die Stimmung umschlagen und sich gegen die wehrlosen Zivilistinnen und ihre wenigen, ältlichen Begleiter richten, die um Schonung flehen?

Rhinozeros Clara Residenz München

„Einmal um die Welt…“ – Nashorn Clara geht auf Tournee

Wer in den 2018 eröffneten Etagen der Porzellansammlung des Residenzmuseums den Raum betritt, der den kleinplastischen Werken der kurfpälzischen Manukfaktur Frankenthal gewidmet ist, steht einem ganzen, fragil und zartfarbig gestimmten Miniaturkosmos eleganter Figürchen gegenüber, die Gottheiten und Allegorien, ernste, galante oder burleske Szenen aus Mythologie und Alltag darstellen.

alchemist Bragadino

Bragadinos Traumkarriere hängt an goldenem Seil – das Schicksal eines Alchemisten am bayerischen Hof

26. April 1591 – eine trübe Morgensonne beleuchtet skeptisch ein befremdliches Schauspiel auf dem Münchner Weinmarkt: Hier ist in der Nacht zuvor ein hoher, signalrot angestrichener Galgen errichtet worden. Am Querbalken schlenkert an diesem windigen Vormittag aber nicht das übliche Henkersseil aus gräulichem Hanf – sondern die gedrehte Schlinge schimmert und gleißt wie ein kostbares Halsband, denn geschickte Hände haben sie rundum mit dünnem Blattgold überzogen!

Tizians dreckiges Dutzend – Der Zyklus der Kaiserporträts in den Reichen Zimmern

Wer im noblen Obergeschoss der Residenz das prunkvolle Paradeappartement der 1730/37 ausgestatteten „Reichen Zimmer“ betritt, wird über den in einer Sichtachse geöffneten Türen sogleich kritisch in den Blick öl-gemalter Augen genommen: Dort, in den sogenannten „Supraporten“, sind Bildnisse römischer Kaiser des ersten Jahrhunderts angebracht, genauer gesagt die kanonischen ersten zwölf Imperatoren. Das sind zunächst die Mitglieder der julisch-claudischen Dynastie, beginnend mit Julius Cäsar (C[K]äsar = Kaiser = Zar) und seinem Adoptivsohn Octavian („Augustus“). Es folgten dann, befeuert von „Cäsaren-Wahnsinn“ und grassierenden Herrschermorden, in schneller Abfolge weitere Anwärter auf den kaiserlichen Lorbeer, bis mit dem listigen Vespasian und seinem Sohn Titus wieder etwas mehr Ruhe auf den Stufen zum Thron einkehrte.

Max Emanuel Reiterbildnis

„Zieh ein zu Deinen Toren…“ Münchner Festparade mit Hintergedanken: Kurfürst Max Emanuels Heimkehr aus dem Exil 1715

11. Juli 1715 – im Herzen des barocken München, in der heutigen Kaufinger und Neuhauser Straße, herrscht schon seit dem frühen Morgen Rummel: Zwischen Stadttor und Residenz reihen sich meterhohe Triumphbögen, geschmückte Monumente sowie beleuchtete Ehrenmale aus Holz, Gips und bemalter Leinwand. Gedränge, Jubel, Glockengeläute und wehende Fahnen, Knabenchor vor dem Jesuitenseminar, übertönt von Salut-Geböller – und vermutlich auch Sonnenschein: Bayerns Kurfürst Max Emanuel (1662-1726) hält mit seiner Gattin, der polnischen Prinzessin Therese Kunigunde, und ihren sechs gemeinsamen Kindern feierlichen Einzug in seine Haupt- und Residenzstadt. Zudem begeht er an diesem Tag auch noch seinen 53. Geburtstag!

Salon der Königin Königsbau Residenz münchen

Einfach märchenhaft: Romantisches Ritter-Epos im Salon der Königin

Wer heute den 1826/35 unter Ludwig I. (reg. 1825-1848) errichteten Königsbau der Residenz München durchstreift, dem fällt als erstes meist die komplette Bemalung der Wände auf, welche die aneinander angrenzenden Wohnungen Ludwigs I. und seiner Gemahlin Therese von den älteren Appartements unseres Schlosses unterscheidet. Nach einem zunächst unbestimmten, dann aber rasch immer weiter ausgeklügelten Bildprogramm wurden hier die Werke vorbildlicher antiker Dichter sowie zeitgenössischer deutscher Autoren dargestellt.

Maria Anna Christine von Bayern

Maria Anna Christine – ein Leben zwischen München und Versailles

Mit unsrer Reihe zu weiblichen Biografien bei Hofe bleiben wir noch eine Weile im wechselvollen 17. Jahrhundert und widmen den heutigen Beitrag einer eher tragischen Heldin: der Wittelsbacher Kurprinzessin Maria Anna Christine Victoria Josepha Benedikta Rosalia Petronilla (1660-1690). Vielnamige älteste Tochter des bayerischen Herrscherpaars Ferdinand Maria und Henriette Adelaide sowie große Schwester des lebenslustigen „Barock-Kurfürsten“ Max Emanuel (reg. 1679-1726), dessen Regentschaft glanzvolle Höhenflüge und spektakuläre Abstürze prägten. Ähnliches gilt für seine ernstere, zwei Jahre ältere Schwester, die (via Eheschließung) eine steile Karriere machte – und einen hohen Preis zahlte…

Festliches Blitzlichtgewitter und fürstliche Leuchtreklame – Höfische Feuerwerke in und um die Residenz

Nur noch ein paar Mal schlafen und der finale Tag dieses aufreibenden Jahres ist da – und auch der sollte sich gemäß der Tradition letztendlich in der Nacht, die dem heiligen Papst Sylvester geweiht ist, mit fulminantem Krachen und Zischen in farbigen Rauch, in bunten Funkenflug und einen Schauer aus Leuchtkugeln auflösen. Soweit die pyrotechnische Theorie und das Kalkül der Supermarktketten. Doch statt der ebenso spektakulären wie umweltschädigenden Böller-Batterien, Goldregen und Miniaturvulkane werden angesichts der Pandemie 2020 wohl vor allem bescheideneres Tischfeuerwerk und vielleicht hie und da verstohlen geschwenkte Wunderkerzen zum Einsatz kommen. Grund genug also, den Blick in die gute alte Zeit zu wenden, als die flüchtigen Vorläufer heutiger Party-Knallerei noch lang und intensiv vorbereitete Haupt- und Staatsaktionen waren.

Gut verborgen im Nymphenburger Gehölz - die als künstliche Ruine gestaltete Magdalenenklause mit ihrer grottenartigen Kapelle

Himmlische Ruhe oder Automaten-Spielhölle? Eremiten und Eremitagen in den Wittelsbacher Residenzen

In diesen Tagen ziehen wir uns mal minder (meist aber mehr) unfreiwillig in die organisierte Einsamkeit zurück und erliegen den Verlockungen der Welt da draußen höchstens vermittelt über Internet und Shopping-Portale. Der Frust, dass man die menschliche Gesellschaft tunlichst fliehen soll und sich auf sich selbst zurückgeworfen sieht, lässt vergessen, dass genau diese Beschränkungen jahrhundertelang auch immer wieder propagiert wurden und als die letztlich besten, der eigenen Vollendung dienenden Wege persönlicher Lebensführung gegolten haben!